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150 Jahre Priesterseminar St. Wolfgang in Regensburg

Ein Ort, sich auf Jesus ganz einzulassen

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Regensburg, 30. Oktober 2022.

„Mit Bischof Rudolf haben wir einen Bischof, dem wie Bischof Ignatius von Senestrey die Priesterausbildung ganz besonders am Herzen liegt!“ Mit diesen Worten begrüßte Regens Msgr. Martin Priller Bischof Dr. Rudolf Voderholzer beim Pontifikalamt am Sonntagmorgen in der altehrwürdigen Schottenkirche St. Jakob. Anlass dafür war das 150-jährige Bestehen des Priesterseminares St. Wolfgang in den Gebäuden der ehemaligen Benediktinerabtei St. Jakob am Regensburger Bismarckplatz. Gemeinsam mit Bischof Rudolf feierten der vierköpfige Vorstand des Priesterseminares sowie zwei Priester aus Äthiopien die Sonntagsmesse. Die Festmesse in der Seminarkirche St. Jakob bildete den Auftakt der Feierlichkeiten an diesem Sonntag, gefolgt von einem „Tag der Offenen Tür“, der Vesper am Abend und einem Festakt mit Buchpräsentation in der Aula des Priesterseminars.

Keine klassische Berufungsgeschichte

Der Zöllner Zachäus, der auf einen Baum klettert, um Jesus zu sehen, und bei dem Jesus dann zu Gast sein wird, war der Inhalt des Sonntagsevangeliums (Lukas 19,1-10), das Bischof Rudolf den Gläubigen auslegte. „Zachäus, komm schnell herunter! Heute muss ich in deinem Haus zu Gast sein – ich muss heute bei Dir bleiben“ (Lk 19,5), ein Satz der verwundert, da man sich üblicher Weise nicht selbst einlädt. Doch Jesus kann es, da er uns von Anbeginn der Welt kennt, und er kennt auch das stille Verlangen des Zachäus, „aus seinem etwas schwierig geratenen Leben herauszutreten, doch noch ein anderer zu werden…“, so Joseph Ratzinger in einer seiner zahlreichen Zachäus-Predigten. Dieses auf den Maulbeerbaumsteigen ist im übertragenen Sinne das Ausbrechen aus dem Alltag, hinauf zum Göttlichen. Allerdings zählt die Zachäus-Geschichte auch nicht zu den klassischen Berufungsgeschichten im Neuen Testament – anders als der Zöllner Levi, der dann unter dem Namen Matthäus in den Kreis der Apostel aufgenommen wird und sogar mit dem Evangelisten identifiziert wird. „Von Zachäus und im Blick auf ihn können wir auch für ein Priesterseminar und die darin Lebenden und Studierenden manches lernen“, so Bischof Rudolf.

Priesterseminar als eine Warte

Zachäus stieg auf den Baum herauf, um Jesus sehen zu können, ihn zu erkennen. Die Höhe gab ihm Abstand und Stille und den Überblick. So sollte auch ein Priesterseminar eine Warte sein, von der aus der Blick auf Jesus geschärft wird, „für die, die getrieben von heiliger Neugier ihn immer besser kennenlernen und sich auf ihn einlassen wollen“. Von dieser heiligen Neugier getrieben, seien wohl auch die Regensburger Seminaristen. Freudig berichtete der Bischof von einer Begegnung mit einem Wissenschaftlichen Assistenten der Regensburger Universität, dem „außerordentlich positiv aufgefallen sei, wie interessiert, engagiert und aufgeweckt die Seminaristen aus dem Regensburger Priesterseminar in seinem philosophischen Seminar seien“. Diese Aussage habe ihn ein wenig stolz gemacht und er gebe dieses Kompliment gerne heute weiter. Er schloss seine Predigt mit Worten des Dankes an all jene, die dieses Haus zu einem lebendigen Ort des Glaubens und einer Vorbereitungsstätte auf den priesterlichen Dienst machen.

Dem Stifter ganz nahe

Nach mehrjährigen Umbauarbeiten konnte 1872 das Bischöfliche Priesterseminar St. Wolfgang in den geschichtsreichen Gebäuden des Schottenstiftes St. Jakob eröffnet werden. Damit hatten rund 250 Jahre stetiger Ortswechsel in der Regensburger Innenstadt ein Ende gefunden. Ein Name, der untrennbar mit dem Priesterseminar verbunden ist, ist der von Ignatius von Senestrey (*1818, †1906), der von 1858 bis 1906 als Bischof dem Bistum Regensburg vorstand und der das Priesterseminar an diesem Ort ansiedelte. Auf seinen persönlichen Wunsch fand er auch seine letzte Ruhestätte im Chorraum der Schottenkirche. Ein von ihm selbst entworfenes Grabmal befindet sich an der Nordseite in der Kirche.

Um 1100 war die Benediktinerabtei von irischen Mönchen gegründet worden, die um 1550 von schottischen Mönchen abgelöst wurden. Die Säkularisation überstand das Stift unbeschadet, wurde dann aber 1862 auf päpstlichen Entscheid hin aufgelöst. Heute beherbergt das historische Klostergebäude neben dem Priesterseminar auch das Institut „Bischöfliches Studium Rudolphinum“ (gegründet 1972 und im Haus seit 2007) sowie das Institut Papst Benedikt XVI. (seit 2008).

Lebendiger Gotteshinweis

Nach einem „Tag der offenen Tür“, “, der außerordentlich gut von den Besuchern angenommen wurde,  und der 1. Vesper zum Hochfest des heiligen Wolfgang in der Schottenkirche, der Bischof Rudolf vorstand, wurden die Festlichkeiten mit einem Festakt im Priesterseminar abgeschlossen. Zu diesem Abend, so Regens Martin Priller, waren besonders die Priestergenerationen eingeladen, die seit den 50er Jahren dort ihre Ausbildung genossen hatten. Da bei der Priesterausbildung auch die wissenschaftliche Ausbildung von großer Bedeutung ist, waren auch Vertreter der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Regensburg und des Studium Rudolphinum unter den Ehrengästen vertreten. Bischof Dr. Rudolf Voderholzer stellte einige Aspekte und Gedanken aus seinem Beitrag zur Festschrift „Theologische Standortbestimmung für Priester des 21. Jahrhunderts“ vor. Das Jubiläum falle in eine Zeit, so bemerkte der Bischof, in der die Sakramentalität des Priestertums in Frage gestellt werde. Wie sollten in einer solchen Zeit Berufungen gedeihen, wenn sogar innerkirchlich dies geleugnet werde? Wenn auch die Vollmacht des priesterlichen Dienstes für die Gemeinde sei, so komme diese Vollmacht aber eben nicht aus der Gemeinde, sondern von Gott. Prof. Dr. Klaus Unterburger, einer der drei Herausgeber, lud dann in seinem Festvortrag auf eine spannende wie amüsante Reise in die Geschichte der Priesterausbildung im Bistum Regensburg ein und skizzierte diese auch im Laufe der bald zweitausendjährigen Kirchengeschichte. Das Priesterbild und seine Aufgaben in der Geschichte der Kirche hätten immer in Korrespondenz mit der Priesterausbildung gestanden. Die sich wandelnden Zeiten hätten immer auch eine Reform der Priesterausbildung mit sich gebracht. In der Festschrift ist er vertreten mit dem Beitrag „Priesterideal, Erziehungsmethoden und Lebensformen im Regensburger Priesterseminar im Wandel der Zeit“.

Eine bewegte Zeit

Beim Festakt wurde auch die Festschrift „Eine bewegte Zeit. 150 Jahre Priesterausbildung im Seminar am Bismarckplatz“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Herausgeber des 350 Seiten umfassenden Werkes, das im Regensburger Verlag Schnell & Steiner erschienen ist, sind Regens Msgr. Martin Priller und Spiritual Matthias Effhauser sowie der aus dem Bistum Regensburg stammende Kirchenhistoriker Prof. Dr. Klaus Unterburger. Neben theologischen Grundlagen von Bischof Dr. Rudolf Voderholzer und kirchenhistorischen Aspekten von Prof. Dr. Klaus Unterburger kommen auch zahlreiche Priester des Bistums mit ihren ganz persönlichen Erlebnissen aus ihrer eigenen Seminarzeit zu Wort. Unter den Ausbildern sticht Weihbischof Dr. Josef Graf hervor, der 26 Jahre Spiritual des Hauses war. Kunstgeschichtlich werden die Kirchen und liturgischen Räume im Haus in den Blick genommen. Beiträge über das Seminar während der beiden Weltkriege und in der Corona-Pandemie bieten ebenso interessante Einblicke wie das Seminar als Papstresidenz 2006 (Pastoralreise Benedikt XVI.) und 2020 (Besuch des Emeritus bei seinem sterbenden Bruder). Spiritual Matthias Effhauser bedankte sich nicht nur bei den zahlreichen Autoren, sondern ganz besonders auch bei der Verleger-Familie Weiland vom Verlag Schnell & Steiner, die mit viel Herzblut die Umsetzung dieses Buchprojektes begleitet hatten. Mit diesem umfangreichen Werk, so Regens Martin Priller, wollten die Herausgeber und Autoren das Priesterseminar und die Priesterausbildung ins Gespräch bringen und transparent machen. Sie wollten aufzeigen: „Priesterausbildung geht uns alle an, das ist nichts, was hinter verborgenen Mauern geschieht, sondern wir stellen uns den Fragen.“ Die Festschrift ist im Buchhandel oder direkt im Priesterseminar erhältlich. Carl B. Prämassing



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