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Durch das Kirchenjahr

Weh mir

  • 16.
    Februar
    2035
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… mit Benedikt

 

Sechster Sonntag im Jahreskreis C – Lukas 6,17.20-26

„In jener Zeit 17stieg Jesus mit den Zwölf den Berg hinab. In der Ebene blieb er mit einer großen Schar seiner Jünger stehen und viele Menschen aus ganz Judäa und Jerusalem und dem Küstengebiet von Tyrus und Sidon 18awaren gekommen. 20Jesus richtete seine Augen auf seine Jünger und sagte: Selig, ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes. 21Selig, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet gesättigt werden. Selig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen. 22Selig seid ihr, wenn euch die Menschen hassen und wenn sie euch ausstoßen und schmähen und euren Namen in Verruf bringen um des Menschensohnes willen. 23Freut euch und jauchzt an jenem Tag; denn siehe, euer Lohn im Himmel wird groß sein. Denn ebenso haben es ihre Väter mit den Propheten gemacht. 24Doch weh euch, ihr Reichen; denn ihr habt euren Trost schon empfangen. 25Weh euch, die ihr jetzt satt seid; denn ihr werdet hungern. Weh, die ihr jetzt lacht; denn ihr werdet klagen und weinen. 26Weh, wenn euch alle Menschen loben. Denn ebenso haben es ihre Väter mit den falschen Propheten gemacht.“ – Lukas 6,17.20-26

Die Seligpreisungen Jesu dürften zu seinen berühmtesten Worten gehören, die sich – auch über die Grenzen des Christentums hinaus – auf der ganzen Welt verbreitet haben. Es sind typische Jesus-Worte: Kurze und knappe Sätze, die doch alles sagen. Selig die Armen, die Hungernden, die Weinenden, die Gehassten. Selig sind sie, denn sie werden im kommenden Gottesreich ihren Lohn noch erhalten. Auch das macht die Sätze, die Jesus spricht, so drängend: Sie drücken eine Hoffnung auf eine kommende Welt aus, die jeden Menschen bewegt. Die Hoffnung auf eine bessere, gerechtere, sättigendere Welt. Doch im Lukasevangelium spricht Jesus eben nicht nur diese Seligpreisungen. Er verbindet sie mit korrespondierenden Wehe-Rufen. Weh den Reichen, weh den Satten, weh den Lachenden, weh denen, die gelobt werden. Wer diese vier Begriffe hört, wird auch an sich selbst denken müssen. Sind denn nicht auch wir alle – gemessen an der unsagbaren Armut in anderen Teilen dieser Welt – Reiche? Sind nicht auch wir satt und lachen nicht auch wir, vielleicht nicht ständig, aber doch immer wieder? Die Wehe-Rufe zeigen auf uns: Weh uns, weh mir.

Aus der Predigt Jesu sind solche Weh-Rufe und andere Ankündigungen des kommenden Gerichts nicht wegzudenken. Jesus erinnert immer an die Alternative zum Gottesreich, an das, was die Tradition der Kirche Hölle genannt hat, die Unterwelt. Gott lässt eine Alternative, zu der sich der Mensch selbst verurteilen kann. Umso mehr aber sind die Wehe-Rufe im Kontext der Seligpreisungen zu sehen. Weder Reichtum noch Sättigung, weder Lachen noch Lob sind ja an sich etwas Schlechtes. Deswegen stehen diese Rufe bei Lukas nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit den Seligpreisungen: Wehe den Reichen, die Armut nicht lindern wollten; wehe den Satten, die angesichts des Hungers anderer gegessen haben.

Diese Rufe sind an uns gerichtet, drängen uns. So sehr das Christentum weiß, sich nicht selbst erlösen zu können, sondern auf den erlösenden Gott angewiesen zu sein, so deutlich weiß es auch um die eigene Verantwortung in der Welt. Weil die Welt und weil jeder Mensch von Gott geschaffen ist, kann uns der Hunger und die Trauer anderer nicht gleichgültig sein.