Durch das Kirchenjahr
Umkehr und Vergebung
… mit Benedikt
Fünfter Fastensonntag C – Johannes 8,1-11
„In jener Zeit 1ging Jesus zum Ölberg. 2Am frühen Morgen begab er sich wieder in den Tempel. Alles Volk kam zu ihm. Er setzte sich und lehrte es. 3Da brachten die Schriftgelehrten und Pharisäer eine Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellen sie in die Mitte 4und sagten zu ihm: Meister, diese Frau wurde beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt. 5Mose hat uns im Gesetz vorgeschrieben, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du? 6Mit diesen Worten wollten sie ihn auf die Probe stellen, um einen Grund zu haben, ihn anzuklagen. Jesus aber bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde. 7Als sie hartnäckig weiterfragten, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie. 8Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde. 9Als sie das gehört hatten, ging einer nach dem anderen fort, zuerst die Ältesten. Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die noch in der Mitte stand. 10Er richtete sich auf und sagte zu ihr: Frau, wo sind sie geblieben? Hat dich keiner verurteilt? 11Sie antwortete: Keiner, Herr. Da sagte Jesus zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von nun an nicht mehr!“ – Johannes 8,1-11
Oft ist Jesus mit Sünde und Schuld konfrontiert. In vielen dieser Fälle geht es aber nicht nur um eine Begegnung mit dem Sünder oder der Sünderin – sondern auch mit anderen Menschen, die als erste ein schnelles Urteil sprechen. Im Gleichnis vom barmherzigen Vater (Lk 15,11-32) geht es nicht nur um den verlorenen Sohn, der zurückkehrt. Es geht auch um den unbarmherzigen Bruder, der neidisch auf den nach Hause gekommenen Bruder wird. Überhaupt: Das Gleichnis erzählt Jesus nur, weil die Pharisäer ihm vorwerfen, mit Sündern zu essen (Lk 15,2). Jesus weiß wohl darum, dass die Menschen gerne die Splitter im Auge ihres Nächsten sehen, den Balken im eigenen Auge aber übersehen (vgl. Lk 6,41).
Genauso ist es im Evangelium dieses Sonntags. Der Fokus liegt nicht nur auf dem Ehebruch, den die Frau begangen hat, sondern auch auf den unbarmherzigen Schriftgelehrten und Pharisäern. Sie wollen die Frau vorführen, Jesus eine Falle stellen – und dazu auch das Leben der Frau opfern, sollte es notwendig werden. Jesus reagiert wie schon mehrmals. Er erinnert die Ankläger an ihre eigene Schuld: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie.“ Jesus vergibt der Frau: „Auch ich verurteile dich nicht.“ Und es könnte damit nun auch sein Bewenden haben.
Doch dabei bleibt es nicht. So sehr Jesus die Schriftgelehrten und Pharisäer an die eigene Schuld erinnert, so wichtig es ihm ist, der Frau zu vergeben – eine Billigung der Sünde ist damit aber nicht verbunden. Jesus hofft auf Besserung: „Geh und sündige von nun an nicht mehr!“ Wer genau auf die Worte und das Handeln Jesu schaut, wird vor zwei Denkfehlern bewahrt. In Jesus nur den strengen Richter zu sehen, vor dem kein Mensch bestehen kann, umfasst die Wahrheit nicht. Das erste Wort Jesu an die Ehebrecherin ist das der Vergebung. Umgekehrt kann man aus der Begegnung Jesu mit der Frau auch nicht moralischen Indifferentismus ableiten: Es ist eben – auch angesichts der Vergebung Gottes – nicht gleichgültig, wie man sich verhält. Die Kirche konfrontiert uns in der Fastenzeit mehrfach mit Evangelienstellen über Sünde und Schuld. Sie zeichnen den Horizont christlich verstandener Umkehr: Am Anfang steht die Vergebung – und dennoch muss der Mensch umkehren.