MUTTER TERESA: Zeugin der Würde
Schon mit 18 Jahren schloss sich Agnes Gonxhe Bojaxhiu aus Skopje im heutigen Mazedonien einem Frauenorden an, weil sie als Missionarin tätig werden wollte. Im Orden erhielt sie den Namen „Teresa“ – heute ist die Frau als „Mutter Teresa“ weltweit bekannt. Nachdem Teresa zur Missionarin ausgebildet worden war, arbeitete sie als Ordensschwester in Kalkutta und leitete dort eine Mädchenschule. Teresa aber nahm immer mehr das Leid im angrenzenden Slum wahr und wollte schließlich ganz für die Armen da sein. Sie begann 1946, sich um Arme und Kranke auf den Straßen zu kümmern, zwei Jahre später verließ sie ihren Orden.
Teresas Vorbild hatte einen tiefen Eindruck auf andere Frauen, die sich ihr anschlossen und die „Gemeinschaft der Missionarinnen der Nächstenliebe“ gründeten. Mutter Teresa eröffnete ein Krankenhaus, in dem sie viele Arme behandelte – ein großer Teil der Kranken überlebte durch die Pflege, ein großer Teil starb aber auch. Mutter Teresa und ihren Mitschwestern war es nicht nur ein Bedürfnis, für Heilung zu sorgen, sondern auch, denen nahe zu sein, für die jede Hilfe zu spät kam: Ihr Krankenhaus war auch ein „Sterbehaus“, in dem die Patienten zumindest in Würde ihr Leben beenden konnten.
„Mich dürstet“
„Mich dürstet“, stand auf einer Wand in dem Krankenhaus – eines der letzten Worte, die der sterbende Christus am Kreuz sprach. „Mich dürstet“ ist ein Ruf, der vielen Menschen aus der Seele spricht. Ihnen dürstet nach Liebe und Annahme, nach Geborgenheit und Nähe. Diesen Wunsch Jesu wollte Mutter Teresa aufgreifen, diesen Wunsch greifen ihre Mitschwestern noch heute auf der ganzen Welt auf. Mutter Teresa wurde durch ihren Dienst zu einer Ikone: Die ganze Welt erfuhr von ihrem selbstlosen Wirken unter den Ärmsten der Armen.
Nachdem Mutter Teresa 1997 starb, wurde bald darauf der Seligsprechungsprozess eröffnet. Schon 2003 wurde Teresa seliggesprochen, 2016 folgte die Heiligsprechung am Vorabend ihres Todestages, am 4. September. Papst Franziskus sagte in seiner Predigt zur Heiligsprechung: „Mutter Teresa war in ihrem ganzen Leben eine großherzige Ausspenderin der göttlichen Barmherzigkeit, indem sie durch die Aufnahme und den Schutz des menschlichen Lebens – des ungeborenen wie des verlassenen und ausgesonderten – für alle da war.“ Teresa hatte den Ruf Gottes vernommen, sich für den „Nächsten“ einzusetzen, für die Bedrängten, die Leidenden und die Armen.
Durch ihre Arbeit legte Mutter Teresa vor der Weltöffentlichkeit Zeugnis vom christlichen Glauben ab, dass jeder Mensch von der Empfängnis bis zum Ende unendliche und unbedingte Würde genießt. „Sie setzte sich für den Schutz des Lebens ein und betonte immer wieder, dass ‚der ungeborene Mensch der schwächste, der kleinste und der ärmlichste ist‘. Sie beugte sich über die Erschöpften, die man am Straßenrand sterben ließ, weil sie die Würde erkannte, die Gott ihnen verliehen hatte“, sagte Papst Franziskus 2016 weiter. Mutter Teresa ist eine Mahnerin für alle Christen: Der Ruf Gottes zur Barmherzigkeit und Nächstenliebe geht jeden an. Er fordert heraus zu einem klaren Bekenntnis zur Würde des Lebens.
Die Kirche feiert die heilige Mutter Teresa von Kalkutta am 5. September, ihrem Todestag.
Text: Benedikt Bögle
Titelbild: Manfred Ferrari - Ökumenisches Heiligenlexikon