Bild MARIA ohne Erbsünde empfangen - Theologie schließt Glauben auf, jenseits denkerischen Fastfoods

MARIA ohne Erbsünde empfangen - Theologie schließt Glauben auf, jenseits denkerischen Fastfoods

  • 08.
    Dezember
    2035

Auch sogenannte Qualitätszeitungen wissen nicht immer zwischen dem Dogma von der immerwährenden Jungfräulichkeit Mariens und ihrer eigenen Empfängnis in Freiheit von der Erbsünde zu unterscheiden. Angesichts des Hochfestes der unbefleckten Empfängnis am 8. Dezember haben wir mit Domkapitular Prof. Dr. Josef Kreiml gesprochen.

Domkapitular Prof. Dr. Kreiml, steht die Lehre von Maria dem Glauben an Jesus Christus entgegen?

Nein. Kardinal Leo Scheffczyk (1920-2005) hat wiederholt darauf hingewiesen, dass die Marienlehre als Entfaltung der Christuswahrheit anzusehen ist. Ihr Verhältnis zu dem Geheimnis ihres Sohnes war von der Gnade Gottes und vom freien Willen des Menschen bestimmt. In Maria leuchten aber noch andere Glaubensgeheimnisse auf: die Mitverantwortung des Menschen bei der Erlösung, die in jungfräulicher Mütterlichkeit empfangende Kirche, überhaupt: Erlösung und Gnade, die Vollendung des Menschen, die auch das Leibliche umfasst. All diese Glaubenswahrheiten laufen in der Person Marias wie in einer lebendigen Spitze zusammen.

Aha. Gut zu wissen! Aber was hat das jetzt mit der unbefleckten Empfängnis der Gottesmutter zu tun?

Was das Wesen der Kirche betrifft, so ist sie heilig, auch wenn viele Sünder zu ihr gehören. Dafür – für diese Heiligkeit – ist Maria ein Realbild, also nicht nur eine Idee oder Vorstellung oder gar eine Projektion, sondern eben ein wirkungsvolles Bild, wobei wirkungsvoll nicht nur im Sinne von wirkmächtig gemeint ist, sondern in dem Sinne, dass es tatsächlich so ist, Wirklichkeit ist.
 

Vor dem Oratorium in Aufhausen wurde 2014 eine Immaculata-Figur aufgestellt.

Was das Lehramt sagt ...

Papst Sixtus IV. führte 1477 das Fest der „Unbefleckten Empfängnis“ am 8. Dezember ein. Mit Blick auf die große Marianische Bewegung des 19. Jahrhunderts ließ Papst Pius IX. 1849 eine Umfrage im Weltepiskopat durchführen. Von 603 Bischöfen sprachen sich 546 für eine Dogmatisierung der Lehre von der unbefleckten Empfängnis aus. In der Bulle „Ineffabilis Deus“ vom 8. Dezember 1854 erklärte er dann: „Die Lehre, dass die allerseligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfängnis aufgrund einer besonderen Gnade und Auszeichnung von Seiten des allmächtigen Gottes, im Hinblick auf die Verdienste Christi Jesu, des Erlösers des Menschengeschlechts, vor jedem Makel der Erbsünde bewahrt blieb, ist von Gott geoffenbart und muss deshalb von allen Gläubigen fest und standhaft geglaubt werden.“ Damit brachte Papst Pius IX. die frömmigkeits- und dogmengeschichtliche Entwicklung dieser Glaubenslehre zum Abschluss.
Das Zweite Vatikanische Konzil sieht in der Dogmatischen Konstitution über die Kirche Lumen Gentium (56) Maria „vom ersten Augenblick ihrer Empfängnis an im Glanz einer einzigartigen Heiligkeit“. Maria ist „mit allen erlösungsbedürftigen Menschen in der Nachkommenschaft Adams verbunden“. Aber sie ist „im Hinblick auf die Verdienste ihres Sohnes auf erhabenere Weise erlöst und mit ihm in enger und unauflöslicher Verbindung geeint“. Wurde sie doch mit der „höchsten Aufgabe und Würde beschenkt, die Mutter des Sohnes Gottes und daher die bevorzugt geliebte Tochter des Vaters und das Heiligtum des Heiligen Geistes zu sein“ (LG 53).
 

Wenn Künstler die unbefleckt Empfangene gestalten ...

Die ohne Erbsünde empfangene Gottesmutter Maria wird immer wieder als Figur künstlerisch anspruchsvoll dargestellt – nicht zuletzt zu Zwecken der Verehrung. Dieser ikonographische Typus ist dabei allerdings nicht einheitlich. Unterschieden wird vor allem zwischen einer lieblich-weiblichen Immaculata als der „tota pulchra“, also: zwischen der ganz und gar Schönen sowie einer „Maria vom Siege“. Zur Maria vom Siege gehören wechselweise diverse Attribute, als da sind: eine Kreuzeslanze, die dem Christuskind in die Hand gegeben ist oder die gelegentlich Maria selbst trägt. Maria ihrerseits trägt das Christuskind. Und die Lanze durchbohrt die Schlange. Die Schöne Maria ist etwa mit langen Haaren dargestellt, überhaupt recht lieblich, fraulich und mit einem Ehrengewand angetan.

Während der Katholischen Reform (einer Reaktion vor allem im 17. Jahrhundert auf die Reformation sowie eine innere Neuordnung und Neuaufstellung der römisch-katholischen Kirche) wurde die apokalyptische Frau aus der Offenbarung des Johannes zum Bild der Immaculata schlechthin. Die „Frau“ in der Offenbarung wird auf der einen Seite mit astralen Zeichen beschrieben. Attribute bzw. Haltungen sind, dementsprechend: Sie steht auf der Mondsichel, trägt einen Sternenkranz rund um ihr Haupt und ist von der Sonne umgeben. Zum anderen steht sie im Kampf gegen Satan, der in Gestalt eines Drachens erscheint. Auch das Bild der Frau als Schlangen(zer)treterin aus der Genesis findet Einzug in die Immaculata-Darstellungen. Beide Motivsphären, die astralen Zeichen und der Sieg über Drache oder Schlange, verdeutlichen den Sieg der Gottesmutter über Sünde und Häresie. Die Mondsichel („lunula“) symbolisiert beispielsweise die Vergänglichkeit der Welt. Maria, die unbefleckt Empfangene, steht über dieser Mondsichel. Das Zertreten der Schlange verweist auf den Sündenfall. Maria erscheint als neue Eva, die den Erlöser Jesus Christus zur Welt bringt.