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Durch das Kirchenjahr

König im Tod

  • 24.
    November
    2034
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… mit Benedikt

 

Christkönigssonntag B – Johannes 18,33b-37

„In jener Zeit 33bfragte Pilatus Jesus: Bist du der König der Juden? 34Jesus antwortete: Sagst du das von dir aus oder haben es dir andere über mich gesagt? 35Pilatus entgegnete: Bin ich denn ein Jude? Dein Volk und die Hohepriester haben dich an mich ausgeliefert. Was hast du getan? 36Jesus antwortete: Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn mein Königtum von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Nun aber ist mein Königtum nicht von hier. 37Da sagte Pilatus zu ihm: Also bist du doch ein König? Jesus antwortete: Du sagt es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.“ – Johannes, 18,33b-37

Der Evangelist Johannes liebt es, die sprachliche Verwirrung als Stilmittel einzusetzen. In den vielen großen Dialogen Jesu geht es um Begriffe, die im Gespräch zum Missverständnis führen, ja führen müssen. Mit Nikodemus (Joh 3,1-21) spricht Jesus über die Wiedergeburt aus Geist und Wasser; Nikodemus nimmt ihn beim Wort und meint, es gehe um eine leibliche Wiedergeburt. Mit der Frau am Jakobsbrunnen (Joh 4,1-42) spricht Jesus über Wasser, das jeden Durst für immer vertreibt. Er meint sich selbst, die Frau denkt, er spräche über einen Brunnen. In der Brotrede (Joh 6,22-59) sagt Jesus: „Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt.“ (6,51). Die Zuhörer denken, Jesus spräche über Kannibalismus.

Im Dialog zwischen Jesus und Pilatus liegt es ganz ähnlich. Die beiden unterhalten sich über ein eigentlich doch unmissverständliches Wort: König. Die zentrale Frage des Pilatus ist, ob Jesus – wie es die Anklage formuliert – sich für einen König hält. Und Jesus bejaht. Es könnte also so einfach sein, das Gespräch der beiden Männer, wenn nicht auch hier wieder das johanneische Missverständnis wäre. Pilatus wird an weltliche Herrscher seiner Zeit gedacht haben. Er versteht unter „König“ Menschen, die Macht über ein ganzes Volk haben – sei es, weil sie als Könige geboren wurden, sei es, weil sie im Putsch die Macht übernahmen. Könige haben Anhänger und Armeen, die für sie eintreten.

Pilatus hätte einleuchten müssen, dass Jesus den Begriff anders versteht. Vor ihm steht ein verhafteter Mann, der nur wenige Stunden später wie ein Verbrecher am Kreuz sterben wird. Er kann den Begriff des Königs schlicht nicht so benutzen, wie Pilatus es tut. Jesus geht es nicht um irdische Macht, nicht um Armeen und gewonnene Kriege, nicht um politischen oder wirtschaftlichen Einfluss. Er sagt: „Mein Königtum ist nicht von dieser Welt.“ Der Ursprung seiner Herrschaft ist nicht die Abstammung aus einem edlen Geschlecht oder der Erfolg in einer Schlacht. Sein Königtum besteht von Anbeginn der Zeit.

Ja, Jesus ist ein König – aber nicht in dem Sinne, wie wir noch heute versucht sind, den Begriff zu verstehen. Seine königliche Herrschaft erweist sich nicht an der Waffe, sondern am Kreuz, nicht in der vermeintlichen Stärke, sondern in der Schwäche. Es ist kein Zufall, dass gerade vor dem Tod Jesu die Rede auf sein Königtum kommt. Ohne das Leid und die Ohnmacht und den Tod wäre sein Königtum nicht zu verstehen.