Durch das Kirchenjahr
Großes Wachstum
… mit Benedikt
Elfter Sonntag im Jahreskreis B – Markus 4,26-34
„In jener Zeit sprach Jesus zu der Menge: 26Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät; 27dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie. 28Die Erde bringt von selbst ihre Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre. 29Sobald aber die Frucht reif ist, legt er die Sichel an; denn die Zeit der Ernte ist da. 30Er sagte: Womit soll ich das Reich Gottes vergleichen, mit welchem Gleichnis es beschreiben? 31Es gleicht einem Senfkorn. Dieses ist das kleinste von allen Samenkörnern, die man in die Erde sät. 32Ist es aber gesät, dann geht es auf und wird größer als alle anderen Gewächse und treibt große Zweige, sodass in seinem Schatten die Vögel des Himmels nisten können. 33Durch viele solcher Gleichnisse verkündete er ihnen das Wort, so wie sie es aufnehmen konnten. 34Er redete nur in Gleichnissen zu ihnen; seinen Jüngern aber erklärte er alles, wenn er mit ihnen allein war.“ – Markus 4,26-34
An das Reich Gottes muss es zur Zeit Jesu viele Erwartungen gegeben haben. Die Menschen erwarteten sich Großes vom Anbrechen der Herrschaft Gottes: Das Ende der römischen Fremdherrschaft in Israel, das Ende von Gewalt und Unterdrückung, das Ende von Krankheit und Hunger. Nun tritt Jesus auf und verkündet den Beginn, das Anbrechen eben dieser Gottesherrschaft. Er zieht durch Galiläa und heilt Kranke, treibt Dämonen aus. Und so ungewöhnlich diese Zeichen waren, eine wirkliche Zeitenwende scheinen sie nicht ausgelöst zu haben. Denn Jesus heilt ja immer nur Einzelne; ein Aussätziger wird rein, aber der Aussatz verschwindet nicht völlig vom Angesicht der Erde. Jesus spricht zwar von den Mächtigen, vom Sturz der Gewalttätigen, aber die Römer können noch immer das Land besetzen. Großes scheint mit dem Gottesreich also doch nicht wirklich einhergegangen zu sein.
Der Beginn im Kleinen gehört untrennbar zum Christentum
Das Gleichnis vom Senfkorn scheint das noch zu unterstreichen: Es ist das kleinste aller Körner und gerade dieses Korn soll den Beginn der Gottesherrschaft markieren. Selbst wenn aus dem kleinen Korn ein großer Baum erwachsen soll – wann wird das denn geschehen? Wie lange dauert es, bis der Baum endlich in voller Pracht steht? Der Beginn im Kleinen gehört untrennbar zum Christentum – auch wenn das den Zeitgenossen Jesu, auch wenn es uns heute noch schwer fallen mag. Am Anfang steht ein kleines, verletzliches Kind in der Krippe. Nach der Auferstehung Christi steht eine ganz kleine Gemeinde in Jerusalem, die sich erst langsam über den ganzen Erdkreis auszubreiten beginnt.
Schon der Prophet Elija begegnet Gott nicht in großen Naturerscheinungen, sondern in einem kleinen Windsäuseln (vgl. 1 Kön 19). Dazu passt auch das Senfkorn. Mit dem Reich Gottes ist es nicht wie mit gewaltigen Alpenketten, nicht wie mit dem unergründlichen Ozean. Mit dem Reich Gottes ist es wie mit einem ganz unscheinbaren Senfkorn. Aber dieser Samen wächst, immer mehr und immer weiter, bis heute. Noch nach zweitausend Jahren ist dieses Reich nicht vollendet; doch aus dem kleinen Korn wird eines Tages das unendliche Reich von Frieden und Gerechtigkeit erwachsen – und dem Senfbaum gleichen, „größer als alle anderen Gewächse.“