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Durch das Kirchenjahr

Arbeit oder Gebet?

  • 20.
    Juli
    2035
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… mit Benedikt

16. Sonntag im Jahreskreis C – Lukas 10,38-42

„In jener Zeit 38kam Jesus in ein Dorf. Eine Frau namens Marta nahm ihn gastlich auf. 39Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu. 40Marta aber war ganz davon in Anspruch genommen zu dienen. Sie kam zu ihm und sagte: Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen! 41Der Herr antwortete: Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen. 42Aber nur eines ist notwendig. Maria hat den guten Teil gewählt, der wird ihr nicht genommen werden.“

Man kann sich die Situation bildlich vorstellen: Jesus ist zu Gast im Haus von Marta und Maria. Natürlich wollen sie den hohen Gast angemessen bewirten: Sie werden ihm die Füße gewaschen haben, vor dem Essen die Hände. Es wird viel zu Essen gegeben haben und sicher auch zu Trinken. Marta kümmert sich um all das und bewirtet den Gast. Ihre Schwester sitzt einfach nur zu Füßen Jesu. Sie tut nichts, bringt kein Essen, schenkt keinen Wein ein. Marta ärgert sich – verständlich.

In der Wissenschaft wird noch eine weitere Deutung vorgeschlagen: Wenn man aus einer Handschrift ein kleines Relativpronomen übernimmt und ein Wörtchen anders übersetzt, könnte die Geschichte auch so lauten: Maria und Marta sitzen beide zu den Füßen Jesu, beide hören seinen Worten zu. Nur: Marta verrichtet währenddessen Dienste, Maria hört einfach nur zu. Diese Deutung passt vielleicht auch besser zu den örtlichen Gegebenheiten: Viele Häuser werden so klein gewesen sein, dass kaum vorstellbar sein dürfte, Marta habe in der Küche gestanden und nichts von den Worten Jesu mitbekommen haben.

So und so: Lukas scheint mit dieser Erzählung auf eine Situation seiner Gemeinde reagiert zu haben. In der Nachfolge Jesu gab es damals – und auch heute noch – die Christen, die viele „Dienste“ übernehmen, in der Caritas aufgehen, ihren Glauben in Werken leben. Andererseits gab es wohl schon bei Lukas die Christen, deren Schwerpunkt im Glaubensleben auf der Kontemplation liegt: Sie sitzen dem Herrn zu Füßen, hören auf sein Wort, verharren im Gebet.

Marta nun will eine Entscheidung Jesu herbeiführen: „Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die Arbeit mir allein überlässt?“ Kümmert es den Herrn nicht, dass die Arbeit allein an ihr hängen bleibt, während die Schwester nichts tut? Ist vielleicht gar Maria „faul“, scheut den Dienst? Jesus aber ergreift keine Partei. Die Formulierung Jesu ist interessant: Er sagt Marta nicht, dass sie sich „zu viele“ Sorgen macht, sondern nur „viele“. Er stellt fest, wertet aber nicht. Er verurteilt ihre Emsigkeit, ihren Fleiß und ihren Dienst nicht. Umgekehrt ergreift er aber auch nicht für Maria Partei: „Maria hat den guten Teil gewählt“, sagt Jesus. Nicht: „Maria hat den besseren Teil gewählt.“

Jesus duldet das Charisma der beiden Frauen nicht nur, sondern scheint die Situation wertzuschätzen. In der Kirche braucht es die Menschen, die Dienste übernehmen. Es braucht aber ebenso die Menschen, die ganz im Gebet verharren zu den Füßen des Herrn – vor zweitausend Jahren ebenso wie heute.

 

Titelbild: (c) Dominikanerinnenkloster Heilig Kreuz in Regensburg