AGNES VON BÖHMEN: Dem Ruf Gottes folgen
Manchmal läuft es im Leben ganz anders, als man sich das gedacht hatte. Pläne scheitern, sicher Geglaubtes geht verloren. Viele Menschen erliegen der Gefahr und verbittern, werden unleidlich oder zynisch. Wie man trotz mehrerer Schicksalsschläge weiterleben kann, zeigt das Leben der heiligen Agnes von Böhmen.
Agnes war die Tochter des böhmischen Königs, allein ihre Geburt im Jahr 1211 versprach eine hohe Stellung innerhalb des europäischen Adels und seiner Politik. So wurde die heilige Agnes schon im Alter von drei Jahren mit ihrem Cousin verlobt. Zur Erziehung wurde die spätere Heilige ihrer „Schwiegermutter“ übergeben.
Immer wieder scheitern die Verlobungspläne
Der Bräutigam aber starb – und Agnes wurde wieder frei, ihr Vater konnte die Heirat politischem Kalkül gemäß neu versprechen. So war Agnes acht Jahre alt, als sie mit dem Nachkommen des Stauferhauses – dem späteren Heinrich VII. – verlobt wurde. Der aber heiratete eine andere. Deshalb verlobte sich die heilige Agnes mit dem englischen König Heinrich III., der aber dieses Bündnis ebenfalls später auflöste. Als dann ein neuer Heiratswerber kam, lehnte sie ab. Da ist vieles schief gelaufen oder zumindest anders als geplant. Agnes schlug eine ganz andere Karriere ein: Sie widmete sich Gott. Ihre Cousine war die heilige Elisabeth von Thüringen, mit der heiligen Klara von Assisi stand Agnes sogar im Briefkontakt. An heiligen Vorbildern mangelte es der jungen Frau also nicht. Sie gründete ein Spital für Arme, das von Franziskanerbrüdern umsorgt wurde. Agnes selbst wollte Nonne werden und gründete dafür ein eigenes Kloster, deren Äbtissin sie später wurde.
Rückschläge im Klosterleben
Aber auch das lief nicht so ganz wie geplant. Eigentlich wollte Agnes einen eigenen Orden gründen, der dann auch eine eigene Klosterregel gehabt hätte. Vorbild sollte die franziskanische Bewegung sein. Der Papst aber war neuen Orden generell und der Armutsbewegung im Besonderen gegenüber skeptisch und versagte Agnes ihren Wunsch. Die Heilige trat daraufhin als Äbtissin zurück und lebte als einfache Nonne in ihrem Kloster.
Ein Leben voller Rückschläge.
Mehrfach wurde aus der Ehe nichts und auch dem geistlichen Leben blieb die eigentliche Zielsetzung der heiligen Agnes verwehrt. Und doch verbitterte diese Frau nicht. Das macht ihre Heiligkeit aus. Sie setzte sich fortwährend für die Armen ein und kämpfte für bessere Lebensbedingungen. In seinem Lehrschreiben „Gaudete et exsultate“ über die Heiligkeit schreibt Papst Franziskus: „An erster Stelle steht, Gott anzugehören. Es geht darum, dass wir uns ihm darbringen, der uns gegenüber die Initiative ergreift, und ihm unsere Fähigkeiten, unser Engagement, unseren Kampf gegen das Böse und unsere Kreativität schenken, damit seine ungeschuldete Gabe wachsen und sich in uns entwickeln kann“ (GE 56). Dieses Bild von Heiligkeit passt zu Agnes von Böhmen. Ihrer Herkunft nach hätte man alle anderen Formen der Karriere eher erwartet. Ihre Erfüllung fand die Heilige aber in einem ganz anderen Weg: In der liebenden Fürsorge für die Kranken.
Text: Benedikt Bögle
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