14. September: Kreuzerhöhung – Skandal oder Liebeszeichen?
Heute ist das Fest Kreuzerhöhung. Das Kreuz ist das radikalste Zeichen der Christenheit. Es zeigt, was die Wurzeln unseres Glaubens sind: Gott liebt die Menschheit so sehr, dass er sich für sie hingibt. Das Kreuz steht für diese Liebe und diese Hingabe. Dabei war das Kreuz zur Zeit der ersten Christen ein Skandal.
Wie selbstverständlich ist uns dieses Zeichen eigentlich schon geworden? Das Kreuz können wir an allen Ecken wahrnehmen: In unseren Kirchen natürlich und in den Wohnungen, in Schulen und Gerichten. Wie oft bekreuzigen wir uns, alleine im Laufe einer Messfeier. Wir haben uns gewohnt an das Kreuz und seinen symbolischen Gehalt.
Dabei war das Kreuz am Anfang ein Skandal. Der Tod am Kreuz war nicht nur schmerzhaft und grausam, es war auch die schändlichste Art, das Todesurteil zu vollstrecken. Für die ersten Christen war das Kreuz kein Symbol, das sie sich an die Wände hängten. Sie nutzten viel eher den Fisch, dessen griechische Buchstaben zugleich die Anfangsbuchstaben des urchristlichen Bekenntnisses sind: „Jesus Christus, der Sohn Gottes, der Retter der Welt.“ Das Kreuz war ein Zeichen der Schande. Und es war ein Skandal.
Es war ein Skandal und bleibt ein Skandal, dass Jesus Christus, Sohn Gottes, an diesem Kreuz seinen Tod fand. Einem heidnischen Menschen war das kaum zu vermitteln. Göttliches Leben auf dem Olymp bedeutet, grenzenlose Vergnügungen zu erleben. Egoismus, nicht Altruismus. In diese Vorstellung platzt das christliche Bekenntnis, dass Gott Mensch wurde, um den Menschen zu dienen und sie zu befreien. Es musste einem Skandal gleichkommen, dass er sich noch dazu den Tod am Kreuz erwählte, diese schmerzhafte und schandhafte Weise, zu sterben.
Das Kreuz ist das radikalste Zeichen der Christenheit. Es zeigt, was die Wurzeln unseres Glaubens sind: Gott liebt die Menschheit so sehr, dass er sich für sie hingibt. Das Kreuz steht für diese Liebe und diese Hingabe. Das sollen wir Christen uns immer wieder aufs Neue bewusst machen. Immer neu: Das Kreuz ist keine schnell hingeworfene Geste, kein abgenutztes Symbol. Es ist das Zeichen von Leben und Liebe, Tod und Auferstehung.
Das Fest der Kreuzerhöhung könnte ein Anstoß dazu sein. Dieses Fest stammt ursprünglich aus Jerusalem. Dort hatte Kaiser Konstantin über dem Grab Jesu die Grabeskirche gebaut. Deren Kirchweihe wurde mit einer eigenen Oktav gefeiert, in die das Fest der Kreuzerhöhung fiel. Zugleich erinnerte man daran, dass Kaiserin Helena das verloren gegangene Kreuz Jesu Christi wiedergefunden haben will. Am Fest selbst hat man dessen Verehrung ermöglicht.
Etwas ganz Ähnliches kennen wir aus unserer Karfreitagsliturgie: Auch da verehren wir ein aufgerichtetes, erhöhtes Kreuz. Wir knien von dem Holz, an dem sich Jesus für das Leben der Welt hingab. Das Fest der Kreuzerhöhung holt diese bewusste Verehrung des Kreuzes und dessen, der am Kreuz hing, in das Kirchenjahr hinein. Die Präfation des Tages – der Text, der vor dem Gesang des „Sanctus“ gebetet wird – greift die Theologie des Kreuzes auf: „Vom Baum des Paradieses kam der Tod, vom Baum des Kreuzes erstand das Leben. Der Feind, der am Holz gesiegt hat, wurde auch am Holze besiegt durch unseren Herrn Jesus Christus.“
Am Fest der Kreuzerhöhung dürfen auch wir das Kreuz in unserem Leben erhöhen. Fragen, wo wir mit Kreuzen in Berührung kommen – bewusst und unbewusst. Nehmen wir den Skandal noch wahr? Nehmen wir noch wahr, dass Gott an diesem Kreuz den Tod besiegt hat? Nehmen wir noch wahr, dass an diesem Kreuz Gott – unsterblich von Beginn der Welt an – freiwillig starb, um die Menschen zu retten?
Text: Benedikt Bögle
(mk)