Vater sitzt mit Tochter im Garten

Zum Schöpfungstag am 1. September

Maria, das Urbild der heilen Schöpfung


Regensburg, 26. August 2025 

In seiner Enzyklika „Laudato si`“ hat Papst Franziskus Bezug genommen auf den orthodoxen Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios von Konstantinopel (vgl. Papst Franziskus, Enzyklika „Laudato si`“ über die Sorge für das gemeinsame Haus [24. Mai 2015], Bonn 2015, Nr. 7-9; auch Patriarch Bartholomaios, Message upon the World Day of Prayer for the Protection of Creation [1. September 2012]). Schon seit vielen Jahren feiert der Ökumenische Patriarch den 1. September als Schöpfungstag. 

Gebetstag für die Bewahrung der Schöpfung 

Zahlreiche Kirchen und kirchliche Gemeinschaften begehen in ökumenischer Verbundenheit im September den Gebetstag für die Bewahrung der Schöpfung. Im Jahr 2015 erklärte Papst Franziskus den 1. September zum „Schöpfungstag“ (vgl. das Schreiben von Papst Franziskus zur Einführung des Weltgebetstags zur Bewahrung der Schöpfung vom 6. August 2015; auch Rudolf Voderholzer, „Unter dem Patronat Marias, Urbild der heilen Schöpfung“. Zur marianischen Dimension des Weltgebetstags für die Bewahrung der Schöpfung am 1. September, in: ders., Zur Erneuerung der Kirche. Geistliche Impulse zu aktuellen Herausforderungen, Regensburg 2020, S. 195-197). Wie kommt es zu diesem Termin im September? Dies hängt mit dem orthodoxen Verständnis des Kirchenjahres, das sich an den Festtagen der Gottesmutter orientiert, zusammen. Während das Kirchenjahr nach katholischem Verständnis mit dem ersten Adventssonntag beginnt und mit dem Christkönigsfest schließt, „folgt die orthodoxe Frömmigkeit einer marianischen Logik“ (R. Voderholzer, Unter dem Patronat Mariens, S. 195). 

Das orthodoxe Kirchenjahr 

Das erste große Fest im Kirchenjahr der orthodoxen Christen ist am 8. September das Fest der Geburt Marias, und das letzte Hochfest im orthodoxen Kirchenjahr ist das Fest der Entschlafung der Gottesmutter (griechisch: koimesis; lateinisch: dormitio), d. h. der Feier der Vollendung der Mutter Christi in der himmlischen Herrlichkeit am 15. August. Das orthodoxe Kirchenjahr erstreckt sich von der Feier der Geburt bis zur Feier der Vollendung der Gottesmutter; es nimmt also den Menschen als Empfänger der Offenbarung und des Heils in den Blick. Der Schöpfungstag am 1. September macht gewissermaßen das Fest Mariä Geburt zum achten Tag (Oktavtag) des Schöpfungstages und „setzt damit Schöpfung und Maria ausdrücklich in Beziehung zueinander“ (ebd., S. 196). Dem entspricht die in ökumenischer Verbundenheit festgehaltene Glaubensüberzeugung, dass Maria „Gottes heilige und heile Schöpfung in Person“ (ebd.) ist. Der 8. September steht noch einmal in Bezug zum Fest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria (Immaculata Conceptio) neun Monate zuvor am 8. Dezember. Um ihrer Berufung als Mutter des Erlösers willen hat Gott Maria vom ersten Augenblick ihres Daseins an vom Verhängnis der Erbschuld befreit und damit den Weg zur Heilung und Heiligung der ganzen Schöpfung vorbereitet. 

Frucht des Schöpfungsglaubens 

Als Termin für den Schöpfungstag ist der 1. September gut gewählt. Der Kirche geht es mit der Einführung des Schöpfungstages nicht um eine isoliert betrachtete, politisch motivierte Maßnahme. Vielmehr fügt sich dieser liturgische Ausdruck der Sorge um das „gemeinsame Haus der Schöpfung“ in das Gesamtverständnis von Schöpfung ein. Den Menschen, die dabei sind, ihre Lebensgrundlagen zu zerstören, ruft Papst Franziskus in Erinnerung: „Wir vergessen, dass wir selber Erde sind (vgl. Gen 2,7). Unser eigener Körper ist aus den Elementen des Planeten gebildet; seine Luft ist es, die uns den Atem gibt, und sein Wasser belebt und erquickt uns“ (Enzyklika „Laudato si`“, Nr. 2). Den heiligen Franz von Assisi rühmt der Papst, weil er „eine besondere Aufmerksamkeit gegenüber der Schöpfung Gottes und gegenüber den Ärmsten und den Einsamsten“ (ebd., Nr. 10) zeigte. An ihm wird deutlich, „bis zu welchem Punkt die Sorge um die Natur, die Gerechtigkeit gegenüber den Armen, das Engagement für die Gesellschaft und der innere Friede untrennbar miteinander verbunden sind“ (ebd.). Die Einsicht in die Verbundenheit des Menschen mit der Natur und in die Verbundenheit der unterschiedlichen Dimensionen des Lebens miteinander ist für Papst Franziskus nicht eine philosophische Erkenntnis oder das Ergebnis wirtschaftswissenschaftlicher Reflexionen, sondern Frucht des Schöpfungsglaubens, des Glaubens, dass das riesige Universum nicht das Produkt eines blinden Zufalls ist, sondern sich dem liebenden Plan des Schöpfergottes verdankt. Wir Menschen leihen der gesamten unbelebten und vormenschlichen Schöpfung die Stimme und preisen den Schöpfer. 

Unter dem Patronat der Gottesmutter 

Die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung in Hermannstadt/Sibiu hat empfohlen, den Schöpfungstag zu einer Schöpfungszeit auszuweiten. Diese solle mit dem orthodoxen Schöpfungstag beginnen, das Erntedankfest einschließen und mit dem Gedenktag des heiligen Franz von Assisi, dem Schöpfer des Sonnengesangs „Laudato si´“, enden. Viele ökumenische Arbeitskreise haben diese Empfehlung aufgegriffen. Man kann daher sagen, dass der für die katholische Kirche 2015 neu eingeführte Schöpfungstag am 1. September unter dem Patronat der Gottesmutter und des heiligen Franziskus steht. In Maria schauen – so Bischof Voderholzer – „alle Menschen, die die Krone der Schöpfung sind, das Vorbild für ein Leben im Gehorsam gegenüber Gottes Wort und somit auch in Harmonie mit der Schöpfung“ (R. Voderholzer, Unter dem Patronat Marias, S. 197). Im Blick auf die Gottesmutter preist die zur Vollendung berufene Schöpfung die Größe ihres Schöpfergottes. In Maria schaut die Schöpfung „ihre Vollendung, nämlich mit Leib und Seele, also in ihrer konkreten geschichtlichen Gestalt, bei Gott aufgenommen zu werden“ (ebd.). 

Text: Domkapitular Prof. Dr. Josef Kreiml, Vorsitzender des Institutum Marianum Regensburg
(chb)



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