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Wallfahrten zum Bogenberg

Maria in der Hoffnung

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Regensburg, 26. Juli 2023

Zur Vorbereitung auf das Jubiläum „100 Jahre Hochfest Patrona Bavariae“ am 1. Mai 2017 hatten die bayerischen Bischöfe beschlossen, dass ab 2011 – unter dem Motto „Mit Maria auf dem Weg“ – jedes Jahr in einer anderen bayerischen Diözese eine Wallfahrt stattfinden soll. Es wurden folgende Wallfahrten festgelegt: 2011 Altötting, Bistum Passau; 2012 Vierzehnheiligen, Erzbistum Bamberg; 2013 Bogenberg, Bistum Regensburg; 2014 Retzbach, Bistum Würzburg; 2015 Augsburg: Dom mit anschließender Prozession zur Kirche St. Peter am Perlach; 2016 Eichstätt, Residenzplatz; 2017 München, Marienplatz. Am 1. Mai 2013 pilgerten die bayerischen Bischöfe, zusammen mit einer sehr großen Schar von Gläubigen, zum Marienheiligtum auf dem Bogenberg (Landkreis Straubing-Bogen).

Die Bedeutung von Wallfahrtsorten

Wallfahrtsorte sind geistliche Kraftzentren. An ihnen wird – so Manfred Müller (1926-2015), der ehemalige Bischof von Regensburg, – „Hilfe erfleht, wird gedankt, wird Sühne geleistet“ (in: Hans J. Utz, Wallfahrten im Bistum Regensburg, München 1989, 6). Die Geschichtsforschung hat gezeigt, dass in der Frühphase christlicher Wallfahrten der Lebensweg Christi selbst Vorbild der Wallfahrt war. „In seiner Nachfolge wurden schon sehr früh die heiligen Stätten seines Erdenlebens aufgesucht und seine Wege begangen“ (ebd., 9). Auch Pilger aus dem Bistum Regensburg suchten das Heilige Land auf, wie z. B. Herzogin Judith (um 955), die Gemahlin Herzog Heinrichs I. von Bayern und Erbauerin der Niedermünsterkirche in Regensburg. Es verbreitete sich auch die Sitte, Heilig-Land-Wallfahrten an anderen Orten nachzuahmen, z. B. in den Stationskirchen Roms. Später zogen die Pilger zu den Gräbern der Apostel und Märtyrer, besonders zu den Gräbern der Apostelfürsten Petrus und Paulus oder zum Grab des hl. Jakobus nach Compostela. Auch Kathedralen wurden beliebte Pilgerziele. Neben den großen Fern-Wallfahrten entstanden Nah-Wallfahrten – auch im Bistum Regensburg, vor allem zum Grab des hl. Emmeram.

Die ältesten Wallfahrten im Bistum Regensburg

Die ältesten Wallfahrten im Bistum Regensburg führten zu Gräbern oder Reliquien von Heiligen (Emmeram, Gaubald, Wolfgang, selige Wolfsindis von Reisbach). Bettbrunn eröffnete die Salvator-Wallfahrten und gilt als die älteste dieser Art in Bayern (vgl. Utz, Wallfahrten, 61 f). Wallfahrten zu Unserer Lieben Frau entstanden im 13. Jahrhundert, z. B. zur Alten Kapelle in Regensburg (ebd., 197 f) oder nach Niederviehbach (ebd., 181-183). Seit dem Mittelalter begannen zunehmend die Wallfahrten zu Marienbildern aufzublühen. Ihre Zahl stieg um 1500 stark an. Unter einem Gnadenbild versteht man „die bildliche Darstellung von Geheimnissen oder Personen, die mit besonderen Gebetserhörungen in Verbindung stehen“ (ebd., 26). Einige marianische Gnadenbilder gehen auf Ikonen der Ostkirche zurück (z. B. Maria Schnee-Darstellungen oder das Gnadenbild der Alten Kapelle in Regensburg).

Verschiedene Typen marianischer Gnadenbilder

Zu den wichtigsten marianischen Gnadenbildtypen der Wallfahrten im Bistum Regensburg gehören folgende: 1) das Mariahilf-Bild: Es geht auf die biblisch begründete Anrufung Marias als „Hilfe der Christen“ zurück. Das Gnadenbild von Mariahilf in Passau ist die Kopie eines Madonnenbildes von Lukas Cranach dem Älteren (1472-1553), das sich heute in Innsbruck befindet (vgl. J. Werz / J. Kreiml [Hg.], Mariahilf. Geschichte – Theologie – Frömmigkeit, Regensburg 2021). Der Bildtypus ist eine „freie Umarbeitung eines griechischen Bildschemas“ (Utz, Wallfahrten, 27). 2) Maria Schnee: Ausgangspunkt ist das römische Bild Salus populi romani („Heil des römischen Volkes“) in der Kirche Santa Maria Maggiore, das auf ein byzantinisches Vorbild zurückgeht. Seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts gilt es als das so genannte „Lukasbild“. D. h. das Bild wurde dem Evangelisten Lukas zugeschrieben. Bekannt wurde es als Gnadenbild Maria Schnee. 1570 gelangte eine Kopie des Bildes nach Ingolstadt, eine Nachbildung auch nach Weltenburg. 3) Maria Loreto: Als die Türken – so die Legende – 1291 Nazareth bedrohten, wurde das Haus Marias von Engeln nach Dalmatien und – da es auch dort nicht sicher schien – 1294 nach Recanati bei Rom auf das Grundstück der Witwe Lauretta und ein Jahr später nach Loreto entrückt. Die bald entstandene Wallfahrt fand im 14. Jahrhundert eine große Ausweitung in den „Loretokapellen“, noch mehr im 17. Jahrhundert, nachdem seit 1558 die „Lauretanische Litanei“ verbreitet wurde. Sossau bei Straubing, eine der ältesten Muttergottes-Wallfahrten im Bistum Regensburg, reicht in das 14. Jahrhundert zurück. Durch die Legende von der wunderbaren Verlegung des dortigen Gotteshauses gilt Sossau als das „bayerische Loreto“. 4) Maria vom guten Rat: Besondere Förderung erfuhr das 1467 von Skutari (Albanien) nach Genazzano übertragene Bild durch den Augustinerorden. Seit 1735 zählte man in Rom allein 40 bekannte Kopien. In Bayern wurde die Verehrung dieses Bildtypus besonders durch die bayerische Prinzessin Antonia Maria gefördert. Ein lebendiger Wallfahrtsort dieses Typs ist Wörth an der Isar (Utz, Wallfahrten, 231 f).

Das Gnadenbild „Maria in der Hoffnung“ auf dem Bogenberg

Eine besondere Stellung unter den Marienwallfahrtsorten im Bistum Regensburg nimmt das Gnadenbild vom Bogenberg ein. Es gehört zum seltenen Bildtypus Maria in der Hoffnung. „Unsere Liebe Frau in der Hoffnung“ ist auch der Titel der Predigt, die Joseph Kardinal Ratzinger am 15. August 2004 beim Pontifikalgottesdienst in der Wallfahrtskirche auf dem Bogenberg gehalten hat. Maria ist gesegneten Leibes, der – geöffnet – das vom Strahlenkranz umgebene Jesuskind zeigt. Die vertrauten Metaphern und Anrufungen „Gefäß“, „Schrein“, „Turm“ und „Haus“ werden „durch diesen Typus veranschaulicht. Er hatte in der Ostkirche Vorläufer“ (Utz, Wallfahrten, 28). Seit dem 12. Jahrhundert gab es die so genannten „Schreinmadonnen“, die auf der Vorderseite – gleichsam wie ein Tabernakel – aufklappbare Bilder der Heilsgeschichte aufweisen. Das Gnadenbild vom Bogenberg ist im Bistum Regensburg einmalig. Es ist eine Darstellung der Mater gravida (vgl. Gregor Maria Lechner, Maria gravida: Zum Schwangerschaftsmotiv in der bildenden Kunst, München 1981, 404-407), die in Europa nicht sehr häufig vorkommt (z. B. in Prag, Barcelona und in Chissey in Frankreich). Unter dem Herzen der Madonna ist eine rechteckige, mit Strahlen umgebene Öffnung, in der das Jesuskind aufrecht steht. Darin ist der Gottesname in elf Sprachen geschrieben. Die Hände der Muttergottes ruhen auf ihrem gesegneten Leib. Diese wunderbare Sandsteinmadonna vom Bogenberg (um 1400; Höhe: 1,05 Meter) trägt eine moderne Krone. Erst um 1650 wurde die Sandsteinfigur mit einem Ährenkleid gefasst. Möglicherweise ersetzte dieses Gnadenbild die romanische Steinmadonna, die heute im Chorraum der Kirche angebracht ist. Diese romanische Figur ist eines der wenigen erhaltenen Zeugnisse romanischer Volkskunst und dürfte um 1200 entstanden sein. Sie lässt sich stilistisch kaum mit erhaltenen Werken dieser Zeit vergleichen.

Eine neue Blüte der Wallfahrt

Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die Wallfahrt auf den Bogenberg eine neue Blüte. Von Mai bis Oktober ist die Kirche auf dem weithin sichtbaren Berg das Ziel vieler Beter und Wallfahrtsgruppen. In einer Restaurierungsphase von 1953 bis 1961 wurden zwei völlig neue Altäre – Hochaltar und Gnadenaltar – errichtet. 1954 wurde das Gnadenbild vom Hochaltar heruntergenommen und an einem eigenen Altar am Aufgang zum Chor neu platziert – in einem Schrein, der mit Strahlen und silbergetriebenen Engeln geziert ist. Dieses moderne Werk ist eine Arbeit des Münchener Bildhauers Roland Friederichsen.

Ein weithin sichtbares Wahrzeichen

Der Bogenberg ist ein 432 Meter hoher, bis nahe ans Donauufer vorgeschobener Ausläufer des Bayerischen Waldes und ein weithin sichtbares Wahrzeichen der Donaulandschaft um Bogen (vgl. Hans Bleibrunner, Unsere Liebe Frau vom Bogenberg, Bogen 1975). Aus Bodenfunden im Gebiet der Bergkrone schließen die Fachleute, dass der Bogenberg schon in der Bronze- und Urnenfelderzeit (ca. 1800 bis ca. 800 v. Chr.) besiedelt war. Die erste Kirche (um 740 n. Chr.) ließen die Grafen von Bogen erbauen und schenkten sie dem nahen Benediktinerkloster Oberaltaich, dessen Mönche sich um die Seelsorge in Bogen und auf dem Bogenberg kümmerten. Nach einer Legende soll Graf Aswin von Bogen die Marienwallfahrt im Jahre 1104 gegründet und sie unter die Obhut der Benediktiner von Oberaltaich gestellt haben. Tatsächlich sind zwischen 1100 und 1115 eine Kirche und ein Marienaltar für den Bogenberg urkundlich bezeugt.

Der „Berg der heiligen Maria“

Nach der frommen Überlieferung, die in ähnlicher Form auch für andere Gnadenbilder an der Donau zutrifft, z. B. in Sossau bei Straubing und in Mariaort bei Regensburg, schwamm das steinerne Gnadenbild – eine Sandsteinfigur der Muttergottes – gegen die Strömung, landete auf dem so genannten Marienstein, wurde vom Grafen Aswin auf den Berg gebracht und in seiner Schlosskapelle aufgestellt. Der immer mehr anwachsende Pilgerstrom veranlasste den Grafen, die ganze Bergkrone samt Schloss und Kapelle den Benediktinern von Oberaltaich zu schenken. Er selbst habe sich auf dem Nordausläufer des Bogenberges ein neues Schloss gebaut. 1224 erscheint Bogenberg als „Berg der heiligen Maria“ in einer Urkunde des Papstes Honorius III. Für die Jahre 1286 und 1294 ist die Existenz der Wallfahrt durch bischöfliche Ablassbriefe bezeugt. 1295 wurde mit dem Bau einer neuen Kirche begonnen; 1298 wurde der Bogenberg Priorat des Benediktinerklosters Oberaltaich. Das Marienbild auf dem Bogenberg ist seit dem Mittelalter das Ziel vieler Pilger. Den heutigen Kirchenbau, in den der frühgotische sechseckige Turm integriert wurde, vollendete Prior Benedikt Beham, der spätere Abt von Oberaltaich, im Jahre 1463. Der Kirchenraum hat die typische Prägung einer bayerischen spätgotischen Hallenkirche. Die zahlreichen Spenden zum Bau der Kirche belegen das hohe Ansehen der Wallfahrt im 15. Jahrhundert.

Die Wallfahrt seit dem Dreißigjährigen Krieg

Nach schweren Schädigungen und Plünderungen durch die Schweden im Dreißigjährigen Krieg hat das Wallfahrtsgeschehen sehr gelitten; Kirche und Gnadenbild erfuhren schwere Zerstörungen. 1652 wurde das Gotteshaus erneuert. Das mächtige Wiederaufleben der Wallfahrt nach den Schreckensjahren des Dreißigjährigen Krieges wird durch die Tatsache bezeugt, dass die hiesige Rosenkranzbruderschaft 30 000 Mitglieder zählte. Seit 1624 sind Mirakelbücher erhalten, deren wichtigstes – der „Azwinische Bogen“ des Oberaltaicher Priors Balthasar Regler (1679) – neben 100 Wunderberichten auch die Geschichte der Wallfahrt schildert (vgl. G. Luber, Artikel Bogenberg, in: R. Bäumer / L. Scheffczyk [Hg.], Marienlexikon. Bd. 1, St. Ottilien 1988, 527). Weitere „Guttatenberichte“ finden sich in Schriften von 1731, 1738 und 1791, in letzteren in Auseinandersetzung mit wallfahrtsfeindlichem Gedankengut der Aufklärung. Die Kirche auf dem Bogenberg wurde zwischen 1722 und 1730 im frühen Rokokostil ausgestattet. Davon sind heute noch die Kanzel (um 1735), sechs Oratorien im Chor, das Orgelgehäuse und mehrere Altarbilder (von Josef Anton Merz) erhalten. „Bis auf diese Stücke wurde die Ausstattung zwischen 1870 und 1881 entfernt und versucht, den gotischen Charakter des Kirchenraumes wieder herzustellen“ (K. Schmidleitner / H. Neueder, Pfarr- und Wallfahrtskirche Bogenberg, Bayreuth 2011, 4). Mit der Aufhebung des Klosters Oberaltaich im Jahr 1803 endete die über 500-jährige Wallfahrtsseelsorge der Benediktiner auf dem Bogenberg. Unter König Ludwig I. erfuhr die Wallfahrt wieder eine Belebung. Ab 1844 betreuten Weltpriester die aufblühende Wallfahrt und die Pfarrei.

Wallfahrer aus Holzkirchen mit der „langen Stang“

Seit über 530 Jahren pilgern jedes Jahr an Pfingsten die Wallfahrer aus Holzkirchen (bei Vilshofen) zu Fuß mit ihrer 13 Meter langen „Kerze“ donauaufwärts. Als der Borkenkäfer und schwere Schauerwetter 1492 die Waldbestände zu vernichten drohten, gelobten die Holzkirchener diese jährliche Wallfahrt. Die Votivkerze wird im Volksmund auch „lange Stang“ genannt. „Burschen tragen einen geschälten Fichtenstamm, den man mit 75 Pfund rotem Wachs umwunden hat, unter äußerster Kraftanstrengung senkrecht auf den Berg hinauf. Es sind atemberaubende Minuten für alle Beteiligten und Zuschauer. Die Kerze darf nicht fallen, sonst gibt es Krieg, sagt man“ (Utz, Wallfahrten, 125). In der Kirche wird die Kerze dann am Chorbogen aufgestellt.

Text: Domkapitular Prof. Dr. Josef Kreiml

Bilder: Puma

 

 



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