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Syrien: Christen zwischen Angst und Normalität

Kirche „vorsichtig optimistisch“

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München / Regensburg, 3. Februar 2025.

Aus manchen Regionen Syriens melden Informationsquellen des weltweiten katholischen Hilfswerks „Kirche in Not“ (ACN) vereinzelte Einschränkungen der Religionsfreiheit für Christen durch Islamisten. Die Stimmung insgesamt sei jedoch dennoch „vorsichtig optimistisch“, sagen Beobachter. Die Christen in Syrien hoffen und beten, und auf christlichen Schulhöfen lachen die Kinder  derzeit.

Die Zusicherung der neuen Regierung, die Religionsfreiheit zu respektieren, betrachteten viele Christen mit Skepsis, erklären lokale Ansprechpartner von „Kirche in Not“, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben müssen. Allerdings könnten keine allgemeinen Aussagen getroffen werden, was den Umgang mit den Christen angehe. Es gebe regional große Unterschiede. In einigen Orten hätten radikale Gruppen zum Beispiel getrennte Sitzplätze für Frauen und Männer in öffentlichen Verkehrsmitteln oder die Pflicht zur Verschleierung für Frauen durchsetzen können. Den Erfolg dieser Maßnahmen führen die Beobachter bisher noch auf das Fehlen einer einheitlichen Verwaltung nach dem Machtwechsel zurück.

Bislang am schwierigsten für Christen sei es in den Städten Homs und Hama im Westen Syriens, auf halber Strecke zwischen Damaskus und Aleppo, teilte ein Gesprächspartner „Kirche in Not“ mit: „Die Menschen vermeiden es, nach 17 Uhr auf die Straßen zu gehen. Es sind Dschihadisten unterwegs, die mit Megafonen die Menschen dazu aufrufen, zum Islam überzutreten.“ Frauen, die in der Öffentlichkeit keinen Schleier trügen, würden öffentlich kritisiert. „Die Angst dort ist sehr groß. Viele Christen bleiben zu Hause und können nicht zur Arbeit.“

Im „Tal der Christen“, etwa 60 Kilometer von Homs nahe der Grenze zum Libanon, wo die Bevölkerungsmehrheit christlich ist, sei die Lage weitgehend friedlich, erklärten die Ansprechpartner. Zwischenfälle habe es bislang nur auf den Zufahrtsstraßen gegeben: „Es gibt Fälle, in denen Christen an Straßensperren aufgefordert wurden, zum Islam zu konvertieren. Wenn sie sich weigern, werden sie an der Weiterfahrt gehindert.“ Vereinzelt seien Reisende auch ausgeplündert worden.

Da die Hauptstadt Damaskus im medialen und politischen Fokus stehe, seien die neuen Verantwortlichen dort „auf ein positives Image bedacht“, erklärte ein Gesprächspartner. „Dennoch gibt es einzelne Vorfälle, wie die Aufforderung an Frauen, einen Schleier zu tragen oder das Verbot für Frauen und Männer, nicht gemeinsam auf die Straße zu gehen, wenn sie nicht miteinander verwandt sind.“ Ähnliche Zwischenfälle würden auch aus Aleppo im Norden des Landes berichtet.

Für Zusammenarbeit und Gleichberechtigung

Kirchenvertreter hätten derweil ihren Willen zur Zusammenarbeit mit den neuen Machthabern bekundet. Bei mehreren Gesprächen hätten die neuen politisch Verantwortlichen den Christen versichert, ihre Rechte in vollem Umfang zu respektieren. In den Gesprächen gehe es vor allem darum, den Status der Christen als integralen und jahrhundertealten Bestandteil der syrischen Gesellschaft zu sichern, teilte ein kirchlicher Ansprechpartner mit.

Die Christen würden sich nicht damit zufriedengeben, als „religiöse Minderheit abgestempelt oder als Bürger zweiter Klasse behandelt zu werden“. Vor dem Hintergrund einer neu zu erarbeitenden Verfassung betont die christliche Gemeinschaft ihre Gleichberechtigung mit allen ethnischen und religiösen Gruppen in Syrien. Generell sei die Stimmung der Christen in Syrien „vorsichtig optimistisch“, erklären die Ansprechpartner von „Kirche in Not“: „Wir sind froh, dass das Assad-Regime gestürzt ist, und wir hoffen auf ein besseres Syrien. Aber wir sollten nicht als gegeben annehmen, dass jetzt alles in Ordnung ist.“

Text: Kirche in Not

(sig)



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