News Bild Staatsminister Wolfgang Heubisch: „Keine Stadt in Bayern ist so stark aufgestellt, wie Regensburg“ - Bischof Gerhard Ludwig Müller eröffnet „document niedermünster“

Staatsminister Wolfgang Heubisch: „Keine Stadt in Bayern ist so stark aufgestellt, wie Regensburg“ - Bischof Gerhard Ludwig Müller eröffnet „document niedermünster“

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Bischof Gerhard Ludwig Müller eröffnete am Mittwoch nach einer umfassenden Restaurierung das „document niedermünster“ in Regensburg. Damit wird unter der romanischen Niedermünsterkirche aus dem 12. Jahrhundert eine der größten archäologischen Ausgrabungen Deutschlands wieder für die Öffentlichkeit zugänglich: Auf 600 Quadratmetern präsentiert sich lebendige Geschichte mit aktuellen 3D-Rekonstruktionen und mit einem innovativen Lichtkonzept vollkommen neu. Bei der denkwürdigen Neueröffnung sprach Staatsminister Dr. Wolfgang Heubisch vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst ein Grußwort .

Staatsminister Dr. Wolfgang Heubisch ging in seinem Grußwort auf Regensburg als UNESCO Weltkulturerbe ein. Diese Auszeichnung trage die Stadt verdientermaßen. Überall in der Donaumetropole stoße man auf sichtbare und unsichtbare Spuren unserer Geschichte. Ein weiteres archäologisches Kleinod darunter sei das „document niedermünster“. Mit der zeitgemäßen Darstellung der Ausgrabungsstätte hätten sich die Verantwortlichen den Herausforderungen der Zeit gestellt, denn komplexe Inhalte bräuchten stets eine attraktive Präsentation. Abschließend stellte der Staatsminister fest: „Wirft man einen Blick auf Hochschule, Domspatzen und die Kulturdenkmäler, so muss man sagen, keine Stadt in Bayern ist so stark aufgestellt wie Regensburg!“

Bischof Gerhard Ludwig Müller verwies darauf, dass das Christentum als Grundlage für Europa unverzichtbar sei. Auch die Römer hätten bereits die Grundidee von der Herstellung einer Ordnung und zur Beseitigung des Chaos angestrebt. In einzelnen Schichten könne man in den Tiefen der Niedermünsterkirche den Fortschritt unserer Vorfahren lebendig nachvollziehen. Dabei werde deutlich, dass Kultur ohne Christentum nicht denkbar sei. Auch dankte der Regensburger Oberhirte allen, die diese geistige und materielle Dimension ermöglicht haben. Das Projekt „document niedermünster“ sei für jeden ein Ansporn, mutig und tatkräftig in die Zukunft voranzuschreiten.

Das einzigartige Dokument in der Nordostecke des ehemaligen Legionslagers „Castra Regina“ führt mit Originalbefunden eindrucksvoll auf die Spuren der Römer und erzählt die spannende Geschichte über Leben und Wirken von Herzögen und Heiligen des Mittelalters. Der Blick in die Tiefe der Zeit zeigt die Fundamente, auf denen die Welterbestadt Regensburg steht, und mit den Herzogsgräbern eine Schlüsselstelle der Anfänge bayerischer Landesgeschichte. Die archäologischen Ausgrabungen unter der Dompfarrkirche Niedermünster geben mit dem Einsatz neuester visueller Vermittlungsmethoden die Möglichkeit, Erbe und Geschichte für Schüler und Erwachsene optimal begeh- und erlebbar zu machen. So werden die Fundamente römischer Soldatenunterkünfte des 179 n. Chr. eingeweihten Lagers der Dritten Italischen Legion ebenso präsentiert wie deren Umbauten und Umnutzungen während der Völkerwanderungszeit. Das document niedermünster zeigt dabei auch den Wechsel vom römischen Legionslager hin zum zivil genutzten Siedlungsareal nahe dem bajuwarischen Herzogshof innerhalb der Lagermauern, dem nur wenig später eine sakrale Nutzung folgte. Hier begegnet der Besucher historisch bedeutenden Persönlichkeiten wie beispielsweise dem Bistumspatron Erhard. Man steht im document niedermünster auf Augenhöhe mit den Gräbern von Herzog Heinrich I. und seiner Frau Judith, die Bayern im mittleren 10. Jahrhundert zum Zeitpunkt seiner größten Ausdehnung regierten. Der Besucher bewegt sich überwiegend in den Baugruben des erhaltenen romanischen Kirchenbaus. Eindrucksvoll vermittelt das Untergeschoss das Anwachsen historischer Schichten und Bauten auf fünf Meter Mächtigkeit.

Virtuelle Zeitreise
Wissenschaftlich exakt und bis ins Detail aufwändig erarbeitete, virtuelle Idealrekonstruktionen veranschaulichen den Wandel der Bebauung in den Epochen. In der fotorealistischen, dreidimensionalen Rekonstruktion entsteht an drei Stationen des Rundgangs aus den Originalbefunden zunächst das römische Regensburg mit dem Lager für die 6.000 Mann starke Dritte Italische Legion. Hier wird ein Blick hinter die 2.000 Meter lange Mauer mit ihren 22 Türmen möglich. Der Besucher sieht den ersten sakral genutzten Bau aus römischem Steinmaterial sowie die Kirchenbauten der Karolingerzeit und der Ottonik. Der Zuschauer kann sich ein Bild historischer Wirklichkeit machen – die mittelalterlichen Kirchen virtuell betreten, die Ausstattung betrachten, die Herzogsgräber sowie die Grabstelle des Heiligen Erhard besuchen, denen er gleichzeitig beim realen Gang durch die Ausgrabungen gegenübersteht. Die Zerstörung von Gebäuden durch Krieg und Brände sowie die neuen Aufbauten aus den Ruinenlandschaften durch Soldaten, Herrscher, Bewohner und Geistliche werden plastisch vor Augen geführt, Geschichte wird lebendig.

Didaktisches Lichtkonzept
Hauptakzent des attraktiven Präsentationskonzepts ist eine innovative Beleuchtung, die den Besucher mit verschiedenen Farbtönen (Einsatz von energiesparenden LEDs) durch die Jahrhunderte führt. Um die komplexen Befunde verständlich zu machen, wurde neben Informationstafeln zu den einzelnen Bauphasen eine detaillierte Lichtführung installiert, durch die einzelne Baukörper oder Baudetails hervorgehoben werden können. Dabei folgt die Farbigkeit den Vorgaben der Vorberichte und der wissenschaftlichen Endpublikation, so dass sich durch das document ein farbiger Leitfaden zieht, beginnend in der Römerzeit mit gelb (Gründungszeit des Legionslagers) – lila (Wiederaufbau der Baracken nach Brandzerstörung) – grün (spätrömischer Wohnbau im ehemaligen Barackenareal) über rot für die karolingischen Kirchenbauten und blau für die ottonische Kirche. Das farborientierte Lichtkonzept gibt dem Besucher eine Leitlinie, die das Dargestellte und das original zu Sehende in Zeit und Raum verortet. Aus dem „Dunkel der Geschichte“ tauchen jeweils die steinernen Zeugnisse auf, die der Führer in Worten vorstellt. So kann der Besucher sich, ohne von den Bebauungsresten anderer Gebäude und Epochen abgelenkt zu sein, auf die archäologischen Befunde des beschriebenen Bauwerks konzentrieren, sie einordnen und es in seiner Phantasie neu erstehen lassen. An jeder Station unterstützt ihn dabei eine Schautafel mit einem aus der Perspektive des heutigen Besuchers gerechneten Ausschnitt aus der 3D-Rekonstruktion der historischen Gebäude mit den wichtigsten Daten zu Zeit, Bau und Personen. Die verschiedenen Straßenniveaus durch die Geschichte sind an der Wand skizziert und geben einen Eindruck davon, auf welcher Ebene sich die Vorfahren bewegten. Graphisch akzentuiert werden besondere Orte auf den ersten Blick hervorgehoben. Der Friedhof, auf dem die ersten Regensburger bestattet wurden, soll dabei nicht nur als historischer Ort, sondern auch als nach wie vor würdige Begräbnisstätte ins Bewusstsein gerückt werden.

Der Heilige Erhard: „Ein hochverehrter Fremder“
Besonders das Grab des heiligen Erhard macht das Niedermünster zu einem einzigartigen Geschichtsdokument. Nach 700 findet der Bischof aus dem Frankenreich an der Nordwand der Pfalzkapelle seine letzte Ruhestätte – in einer Grablege aus Tuffplatten, mit einem römischen Sarkophagdeckel verschlossen, der auch in das Logo des documents niedermünster integriert wurde. Der Standort seines Grabes bleibt bei sämtlichen späteren Neubauten der Kirche unangetastet. Der Sarkophag „wächst“ allerdings mit Anhebung der unterschiedlichen Bodenniveaus nach oben.

Grabstätte der bayerischen Herzöge
Die respektvolle Begegnung steht auch bei den Gräbern der bayerischen Herzogsfamilie im Mittelpunkt. Diese ottonischen Begräbnisorte und -situationen wurden bei der Neukonzeption nahezu originalgetreu wiederhergestellt. Herzog Heinrich I., ein Bruder Ottos des Großen, und seine Frau Judith hatten im 10. Jahrhundert die Neuerrichtung von Kirche und Stift Niedermünster veranlasst und wurden in Steinplattengräbern vor dem Hauptchor beigesetzt. Daneben fand ein weiteres, allerdings unbekanntes Familienmitglied in einem zweitverwendeten römischen Sarkophag seine letzte Ruhe. Eine graphisch dargestellte Genealogie auf der Wandbreite über der herzoglichen Familiengrablege ermöglicht dem Besucher schnell die Einordnung der historischen Persönlichkeiten.
Das Grab der Herzogin Gisela – sie war die Ehefrau von Heinrich II., dem Zänker Schwiegertochter und damit die Schwiegertochter Heinrichs und Judiths, wird durch eine besondere Installation hervorgehoben. In einem hinterleuchteten Hologramm wird über der Grabnische schwebend das wertvolle Giselakreuz in Originalgröße sichtbar. Die ungarische Königin Gisela, Schwester Kaiser Heinrichs II., hatte das mit Goldblech verkleidete und mit Perlen und Edelsteinen besetzte Kreuz für das Grab ihrer verstorbenen Mutter gestiftet. Seit der Säkularisation befindet es sich in der Schatzkammer der Münchner Residenz.

document niedermünster: Eine Schlüsselstelle bayerischer Landesgeschichte
Die archäologische Ausgrabungsstätte ist die größte ihrer Art in einem sakralen Gebäude in Bayern und dokumentiert Siedlungskontinuität vom 2. bis in das 12. Jahrhundert. Sie ist in ihrer Art einzigartig, da sich durch die gleichzeitige Ablesbarkeit der aufeinander aufbauenden Schichten auf kleinstem Raum jedem Besucher die historische Entwicklung erschließt. Damit ist es im wahrsten Sinne ein „Dokument“ der wichtigsten Epochen der bayerischen und Regensburger Geschichte, das durch ein modernes museumspädagogisches Konzept mit dem Einsatz multimedialer Präsentationsformen geöffnet wird. Vielfältige Angebote von Perspektiven ergänzen sich und ermöglichen jedem Besucher einen individuellen Zugang zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen von den Stätten, die das Fundament für die heutige Welterbestadt Regensburg geschaffen haben.

Führungsangebote am Eröffnungswochenende:
Donnerstag, 21. Juli 10.30 Uhr / 12.30 Uhr
Freitag, 22. Juli 10.30 Uhr / 12.30 Uhr / 14.30 Uhr
Samstag, 23. Juli 10.30 Uhr / 14.30 Uhr
Sonntag, 24. Juli 12.30 Uhr / 14.30 Uhr

Turnus- und Gruppenführungen – Kontakt:
Der Zugang ist nur mit Führung möglich.
Unser Führungsangebot für Einzelgäste:
Mai bis einschließlich Oktober Sonntag, Feiertag und Montag um 14.30 Uhr
Dauer: ca. 60 Minuten
Eintritt: 5,- € (ermäßigt 2,50 €, Familienführungen 10,- €)
Treffpunkt Infozentrum DOMPLATZ 5
Anmeldung zur Gruppenführung unter:
Infozentrum DOMPLATZ 5
Tel. 0941/5971660, email: domfuehrungen(at)bistum-regensburg.de
Gruppenpreis 65,- €, für fremdsprachige Führungen 75,- €
Schulklassen 40,- €



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