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Soziale Kommunikationsmittel

Ausdrucksformen für das Evangelium finden

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Regensburg, 15. September 2023.

Vor bald 60 Jahren – am 4. Dezember 1963 – haben die Konzilsväter zwei wichtige Texte des Zweiten Vatikanums feierlich verkündet: die Konstitution über die heilige Liturgie („Sacrosanctum Concilium“) und das Dekret über die sozialen Kommunikationsmittel („Inter mirifica“). Die Pastoralinstruktion „Aetatis novae“ („Mit dem Anbruch eines neuen Zeitalters“) aus dem Jahr 1992 hat wichtige Anliegen des Zweiten Vatikanischen Konzils, die im Dekret „Inter mirifica“ ihren Niederschlag gefunden haben, aufgegriffen und weitergedacht.

Die Pastoralinstruktion „Aetatis novae“

Der Päpstliche Rat für die Sozialen Kommunikationsmittel hat in seiner Pastoralinstruktion „Aetatis novae“ zur sozialen Kommunikation vom 22. Februar 1992 darauf hingewiesen, dass vieles von dem, was Menschen heute über das Leben wissen und denken, von den Medien bestimmt wird. Die „menschliche Erfahrung als solche ist zu einer durch Medien vermittelten Erfahrung geworden“ (Aetatis novae, Nr. 2). In hohem Maße medial durchdrungene Erfahrungen gehören zu den Grundbedingungen des Menschen von heute. Die Verwendung neuer Medien hat „neue Sprachen“ entstehen lassen. Sie hat einerseits „neue Möglichkeiten für die Sendung der Kirche“, andererseits „neue pastorale Probleme“ mit sich gebracht. Die Christen haben „eine Verantwortung, sich in allen Kommunikationsmedien in freier Initiative zu Wort zu melden“ (ebd., Nr. 8). Die Erziehung und Ausbildung in sozialer Kommunikation soll – so der Päpstliche Rat für die Sozialen Kommunikationsmittel – „integrierender Bestandteil der Ausbildung aller, die pastoral tätig sind, und der Priester sein“ (ebd., Nr. 18; vgl. auch Veit Neumann, Medien – wo sie derzeit stehen, in: ders., Öffentliche theologische Rede, Würzburg 2022, 121-155).

„Botschaft“ zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel

Die katholische Kirche begeht den Welttag der sozialen Kommunikationsmittel jedes Jahr am 7. Sonntag der Osterzeit (Sonntag vor Pfingsten). Abweichend von dieser weltkirchlichen Praxis wird der „Welttag der sozialen Kommunikationsmittel“ (Mediensonntag) in Deutschland am zweiten Sonntag im September (heuer am 10. September) begangen. Der Papst veröffentlicht jedes Jahr bereits am 24. Januar, dem Gedenktag des heiligen Kirchenlehrers Franz von Sales (1567-1622), des Patrons der katholischen Presse und der Schriftsteller, eine Botschaft zu diesem „Welttag“. Die Päpste haben sich in ihren „Botschaften“ zum jährlichen Welttag der sozialen Kommunikationsmittel mit wichtigen Themen auseinandergesetzt. Sie versuchen, in diesen „Botschaften“ auch Perspektiven für einen der Würde des Menschen verpflichteten Mediengebrauch zu entwickeln.

Sich nicht mit Teilwahrheiten zufriedengeben

In seiner Botschaft zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel im Jahr 2006 gab Papst Benedikt XVI. zu bedenken, dass es niemals eine leichte Aufgabe ist, die Gewissen der Menschen zu bilden und ihr Denken formen zu helfen. „Echte Kommunikation verlangt auf Prinzipien gestützten Mut und Einsatz. Sie erfordert die Entschiedenheit der Medienschaffenden, nicht unter dem Gewicht der Informationsfülle müde zu werden und sich auch nicht mit partiellen oder provisorischen Wahrheiten zufrieden zu geben. Im Gegenteil ist es notwendig, sich um die letzte Begründung und Bedeutung menschlicher, persönlicher und sozialer Existenz zu bemühen und dies zu verbreiten“ (Papst Benedikt XVI., Die Medien – ein Netzwerk für Kommunikation, Gemeinschaft und Kooperation. Botschaft zum 40. Welttag der sozialen Kommunikationsmittel, in: Communicatio Socialis 39 [2006], 194).

Die Familien unterstützen

Der an die Medienschaffenden gerichtete Aufruf zu verantwortlichem Verhalten, nämlich Vorkämpfer der Wahrheit und Förderer des Friedens zu sein, bringt eine Reihe von Herausforderungen mit sich. Benedikt XVI. warnt vor „Verzerrungen, die sich ergeben, wenn die Medien-Industrie zum Selbstzweck wird oder nur gewinnorientiert arbeitet und den Sinn für die Verantwortlichkeit gegenüber dem Gemeinwohl verliert“ (ebd.). Und er fährt fort: „Von besonderer Wichtigkeit ist es, Ehe und Familienleben hochzuhalten und zu unterstützen, eben weil es zu den Fundamenten jeder Kultur und Gesellschaft gehört. ... In Zusammenarbeit mit den Eltern können die Medien und die Unterhaltungsindustrie in der schwierigen, aber große Erfüllung vermittelnden Aufgabe, Kinder zu erziehen, dadurch behilflich sein, dass sie aufbauende Beispiele für Leben und Liebe der Menschen darstellen“ (ebd.). Es ist entmutigend und destruktiv, wenn das Gegenteil geschieht. „Schmerzt nicht unser Herz in ganz besonderer Weise, wenn unsere jungen Menschen dem Einfluss von entwürdigenden oder falschen Ausdrucksformen von Liebe ausgesetzt sind, die die gottgegebene Würde jedes Menschen lächerlich machen und die Anliegen der Familien unterminieren?“ (ebd.)

Verantwortung wahrnehmen

Das Thema „Erziehung“ greift Benedikt XVI. in seiner Botschaft zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel 2007 noch einmal auf: Er hält es für notwendig, über den Einfluss der Medien in der Erziehung der Kinder nachzudenken. Es gebe Stimmen, die sagen, dass der Einfluss der Medien in der Erziehung von Kindern und Jugendlichen dem Einfluss von Schule, Kirche und vielleicht sogar Familie gleichkommt. Viele junge Menschen setzen die „Wirklichkeit“ gleich mit dem, was die Medien als wirklich ausgeben. Insofern ist – so der Papst – die Einübung eines angemessenen Umgangs mit den Medien „von wesentlicher Bedeutung für die kulturelle, moralische und geistliche Entwicklung der Kinder“ (Papst Benedikt XVI., Kinder und soziale Kommunikationsmittel: eine Herausforderung für die Erziehung. Botschaft zum 41. Welttag der sozialen Kommunikationsmittel, in: Communicatio Socialis 40 [2007], 184). Es liegt in der Verantwortung von Eltern, Kirche und Schule, Kinder zur Unterscheidungsfähigkeit in der Nutzung der Medien zu erziehen. Medienerziehung sollte – so Benedikt XVI. – positiv sein. „Wenn man Kindern das, was ästhetisch und moralisch herausragend ist, vermittelt, hilft man ihnen, Wertschätzung, Klugheit und Urteilsvermögen zu entwickeln. … Schönheit, eine Art Spiegel des Göttlichen, inspiriert und belebt Herz und Geist junger Menschen, während Hässlichkeit und Vulgarität eine erniedrigende Wirkung auf Einstellungen und Verhalten haben“ (ebd., 185).

Erziehung zum Wahren, Guten und Schönen

In der Medien-Erziehung ist – wie in der Erziehung im Allgemeinen – eine Heranbildung zur Ausübung von Freiheit erforderlich; diese Erziehung ist eine überaus anspruchsvolle Aufgabe. Dabei warnt Benedikt XVI. vor einem falschen Freiheitsbegriff. Freiheit im Sinne einer unablässigen Suche nach Vergnügen und einer unersättlichen Suche nach Neuigkeiten ist keine Befreiung, sondern eine „Verdammung“. Der von Herzen kommende Wunsch von Eltern und Lehrern, die Kinder nach den Werten des Schönen, Wahren und Guten zu erziehen, kann von der Medien-Wirtschaft nur in dem Maß unterstützt werden, in dem sie die grundlegende Menschenwürde, den wahren Wert von Ehe und Familienleben sowie die positiven Errungenschaften und Ziele der Menschheit fördert. Alle, die einen Sinn für gesellschaftliche Verantwortung haben, sehen die Notwendigkeit, dass die Medien effektiver Bildung und ethischen Standards verpflichtet sind.

Das Gemeinwohl schützen

Die in den Medien Tätigen sind einem besonderen psychologischen Druck und vielfach einem ethischen Dilemma ausgesetzt, weil der wirtschaftliche Wettbewerb Medienschaffende nicht selten zu niedrigeren Standards drängt. „Jeder Trend, Programme – einschließlich Filme und Video-Spiele – zu produzieren, die im Namen der Unterhaltung Gewalt verherrlichen und antisoziales Verhalten oder die Banalisierung menschlicher Sexualität darstellen, ist eine Perversion – umso abstoßender, wenn diese Programme für Kinder oder Jugendliche gemacht werden“ (ebd., 186). Der Papst appelliert an die Verantwortlichen der Medien-Wirtschaft, „die Produzenten anzuleiten und zu ermutigen, das Gemeinwohl zu schützen, die Wahrheit zu bekräftigen, die Menschenwürde jedes einzelnen zu verteidigen und die Achtung vor den Bedürfnissen der Familie zu fördern“ (ebd.). In diesem Zusammenhang hat Karl Lehmann (Kampf um Aufmerksamkeit, in: Communicatio Socialis 37 [2004], 70) – mit Verweis auf das beachtenswerte Buch „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ (1998) des Philosophen Georg Franck – zu bedenken gegeben, dass Aufmerksamkeit die „neue Währung unserer Gesellschaft“ ist. „Der Kampf um die Aufmerksamkeit führt dazu, dass immer mehr Reize notwendig sind, um den Rezipienten zu bewegen, diese Aufmerksamkeit zu investieren“ (ebd.).

Ausdrucksformen für das Evangelium finden

Die Kultur der sozialen Netzwerke sowie der Wandel in den Kommunikationsformen und -stilen stellen – so Papst Benedikt XVI. in seiner am 24. Januar 2013 veröffentlichten Botschaft zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel 2013 – „wichtige Herausforderungen für alle dar, die von Wahrheit und von Werten sprechen wollen“ (Soziale Netzwerke – Portale der Wahrheit und des Glaubens. Botschaft von Papst Benedikt XVI. zum 47. Welttag der sozialen Kommunikationsmittel, in: Communicatio Socialis 46 [2013], 103). Die Fähigkeit zur Nutzung der neuen Formen von Kommunikation ist geboten, „um es dem unbegrenzten Reichtum des Evangeliums zu ermöglichen, Ausdrucksformen zu finden, die in der Lage sind, Verstand und Herz aller Menschen zu erreichen“ (ebd., 104). Die sozialen Netzwerke können ein Instrument der Evangelisierung und ein Faktor menschlicher Entwicklung sein. Es gibt – so Benedikt XVI. – soziale Netzwerke, „die in der digitalen Welt dem Menschen von heute Gelegenheit bieten, zu beten, zu meditieren und Gottes Wort miteinander zu teilen. Aber diese Netzwerke können auch die Tore zu anderen Dimensionen des Glaubens öffnen“ (ebd., 106; vgl. auch Benedikt XVI., Beten. Die Kunst, mit Gott zu sprechen, Augsburg 2013).

Text: Domkapitular Prof. Dr. Josef Kreiml, Bild: Prof. Dr. Veit Neumann

 

 



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