Gruppenbild vor Frauentreff

Regensburg setzt ein starkes Zeichen für Begegnung, Unterstützung und Teilhabe

Neuer Frauentreff „Ellen & Verena“ eröffnet


Regensburg, 25. September 2025

Nach zweijähriger Vorbereitungszeit ist im Herzen der Altstadt der neue Frauentreff „Ellen & Verena“ im Erdgeschoss des Kollegialstifts St. Johann feierlich eröffnet worden. Zahlreiche Gäste aus Kirche, Politik und Gesellschaft würdigten die neue Einrichtung als wichtigen Baustein der sozialen Infrastruktur in Regensburg und der Region. Träger ist der Katholische Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit IN VIA Regensburg e. V.

Aus einer Idee wurde Wirklichkeit

Prof. Dr. Dr. Johannes Hofmann, Stiftsdekan des Kollegialstifts St. Johann, eröffnete die Feierlichkeiten und zeichnete den Weg von der ersten Beobachtung bis zur Umsetzung nach: „Wer mit offenen Augen durch dieses Viertel geht, begegnet Frauen, die einer ruhigen, liebevollen und verlässlichen Zuwendung bedürfen. Hier, wo früher nur Graffiti die Wände zierten, ist nun ein freundlicher Raum entstanden – ein Raum, der zeigt, was Solidarität und Zusammenarbeit möglich machen.“

Dekan Hofmann betonte darüber hinaus, dass die Realisierung nur durch das Zusammenwirken vieler Partner möglich war. Sein Dank galt dem Stiftskapitel, dem Architekturbüro Feil mit seinen Mitarbeitern, den beteiligten Gewerken sowie der Verwaltung des Stifts – namentlich Frau Kurth und Frau Schoppelrey – die mit Ausdauer und Tatkraft wesentlich zur Fertigstellung beigetragen haben.

IN VIA: Gegen Einsamkeit, für Zugehörigkeit

Claudia Fritsch, Vorsitzende von IN VIA Regensburg, erinnerte an die intensive Vorbereitungszeit: „Wir haben zwei Jahre diskutiert, abgewogen, nicht selten gezweifelt – doch am Ende war klar: Dieser Treff wird gebraucht.“ Wie Fritsch betonte, ist das Projekt Teil des Programms des Europäischen Sozialfonds („Zusammenhalt stärken – Menschen verbinden“) und verfolgt das Ziel, Einsamkeit entgegenzuwirken, Zugehörigkeit zu fördern und konkrete Lebensperspektiven zu eröffnen. Möglich wurde die Umsetzung durch die Unterstützung der Stadt Regensburg, den Beschluss des Stadtrats sowie durch die Stiftung Obdachlosenhilfe, die die Erstausstattung finanzierte. Mit Marie Horlacher und Norea Wolter, so Fritsch weiter, übernehmen zwei junge Sozialarbeiterinnen die Leitung des Treffs. „Sie bringen Fachwissen, Kreativität und Mut mit, Neues zu entwickeln.“

IN VIA – eine spannende Frauengeschichte

Ellen Ammann (1870–1932) zählt zu den prägenden Persönlichkeiten der katholischen Frauen- und Sozialbewegung in Bayern. Sie war Mitbegründerin des Vereins IN VIA sowie Initiatorin und langjährige Leiterin der Katholischen Bahnhofsmission in München. 1904 gründete sie den Münchner Zweig des Katholischen Frauenbundes, in dem sie über viele Jahre hinweg wirkte und entscheidende Impulse setzte. Bereits 1909 begann sie mit dem Aufbau der „Sozialcaritativen Frauenschule“, die als Vorläuferin der heutigen Katholischen Stiftungsfachhochschule gilt. Mit der Einführung des Frauenwahlrechts 1918 eröffnete sich auch der Weg in die Politik. 1919 wurde Ellen Ammann als eine der ersten Frauen Mitglied des Bayerischen Landtags – ein Amt, das sie mit großem Engagement für soziale Fragen, Bildung und die Stärkung der Rolle der Frau ausfüllte. Ihr Lebenswerk steht beispielhaft für Mut, Weitsicht und den Einsatz für gesellschaftliche Teilhabe – Grundhaltungen, die bis heute das Wirken von IN VIA prägen.

Patenschaft: Ein analoger Ort ohne Vorbehalte

Die Schauspielerin, Sängerin und Autorin Eva Sixt übernahm die Patenschaft. Sie beschrieb ihre Beweggründe mit drei Aspekten: Erstens sei „Ellen & Verena“ ein Ort, an den Frauen ohne Konsumzwang kommen können, wenn sie Gemeinschaft suchen. Zweitens biete der Treff Raum für Fragen und Probleme, „die sich nicht einfach weggoogeln lassen“. Drittens sei er ein offener, ideologiefreier Ort, „zugänglich für jede Frau“. Ihre Zusage sei daher bewusst erfolgt: „Ich wünsche diesem Treff Glück, Erfolg und eine lange Zukunft.“

Stadt und Landkreis ziehen an einem Strang

Bürgermeisterin Dr. Astrid Freudenstein hob die soziale Relevanz hervor: Sie verwies zugleich auf die komplexe Finanzierung: Bis Ende 2027 flossen jährlich rund 49.974 Euro aus Bundesmitteln, die Stadt Regensburg trug zusätzliche 61.874 Euro bei, und die Stiftung Obdachlosenhilfe ermöglichte die Erstausstattung mit 45.000 Euro. „Dieser Treff war das Ergebnis gemeinsamer Verantwortung und ein wertvoller Beitrag zur sozialen Infrastruktur unserer Stadt.“ Herzlicher Dank richtete sich auch an Stadträtin Bernadette Dechant, die eine Mitinitiatorin des Projekts war. Auch Landrätin Tanja Schweiger unterstrich die Bedeutung über die Stadtgrenzen hinaus: „Einsamkeit kennt keine Grenzen zwischen Stadt und Land. Frauen brauchen Orte, an denen sie Unterstützung erfahren, Kontakte knüpfen und Gemeinschaft erleben – unabhängig von Wohnort und Lebenslage.“ Besonders gefährdet seien Alleinerziehende, ältere Frauen oder Frauen in schwierigen Lebenssituationen. „‚Ellen & Verena‘ ist mehr als eine Beratungsstelle. Es ist ein Symbol dafür, dass wir hinschauen, niemanden allein lassen und gemeinsam handeln.“

Historische Räume – neu belebt

Die Räume im Erdgeschoss des Kollegialstifts St. Johann wurden 1740 erbaut und in den vergangenen Monaten umfassend renoviert. Wo einst Lagerflächen standen, öffnen sich nun helle, offene Räume, die Tradition und Moderne verbinden. „Es war nicht immer einfach – aber es hat sich gelohnt“, so Claudia Fritsch.

„Ellen & Verena“ versteht sich als offener Treffpunkt im Herzen der Altstadt. Im Mittelpunkt stehen Orientierung, Vernetzung und Teilhabe – von Beratung und Weitervermittlung in Hilfestrukturen über Gruppenangebote bis hin zu niedrigschwelligen Begegnungsformaten. IN VIA Regensburg bringt dabei langjährige Erfahrung mit, unter anderem als Trägerin der Bahnhofsmission, die täglich mehr als hundert Menschen unterstützt. Zum Abschluss fasste Stiftsdekan Prof. Dr. Dr. Hofmann zusammen: „Dieser Ort ist aus Begegnung entstanden – und er wird durch Begegnung leben.“ 

Nach den Grußworten segnete Diözesanpräses Stephan Rödl die neuen Räume, ehe der Nachmittag mit einem gemeinsamen Austausch endete.

Text: Stefan Groß
Fotos: Christian Beirowski

(chb/kw)

Weitere Infos

Mehr Infos über den katholischen Sozialverband für Mädchen- und Frauensozialarbeit erfahren Sie auf deren Homepage: IN VIA Regensburg e.V.



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