Bischof Dr. Rudolf Voderholzer verteilt die Kommunion an Gläubige in Trachten der Heimatregion am Pfingstgottesdienst am Sudentendeutschen Tag.

Pfingstfestgottesdienst am Sudetendeutschen Tag mit Bischof Dr. Rudolf Voderholzer

Der Heilige Geist verbindet Völker, Mentalitäten und Sprachen


Regensburg, 8. Juni 2025

„Vielleicht ist der heutige Pfingsttag ja auch dazu angetan, dass sich die Tränen des heiligen Wenzeslaus wieder einmal aus Tränen der Trauer und des Schmerzes in Tränen der Freude verwandeln!“ Diese Botschaft richtete der Regensburger Bischof Dr. Rudolf Voderholzer beim Pontifikalamt im Rahmen des Sudetendeutschen Tages an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Eucharistiefeier. In Anlehnung an eine Passage aus Otfried Preußlers Buch „Die Flucht nach Ägypten“ motivierte der Oberhirte zu einer im christlichen Glauben fundierten Aufarbeitung von Geschichte sowie von erlittenem Leid und Schicksal.
 

„Dieser Pontifikalgottesdienst ist für viele von uns der Höhepunkt“, stellte Monsignore Dieter Olbrich, Präses der sudetendeutschen Katholiken und zugleich Geistlicher Beirat der Ackermann-Gemeinde, in seiner Begrüßung fest. Als „besondere Auszeichnung“ würdigte er die Tatsache, dass Bischof Voderholzer „an Pfingsten zu uns kommt, um die heilige Messe mit uns zu feiern“ – trotz Verpflichtungen besonders an diesem Hochfest im Dom. Ebenso hieß ihn Olbrich Monsignore Adolf Pintíř willkommen, der in Vertretung der Tschechischen Bischofskonferenz kam und Vorsitzender der Sdružení Ackermann-Gemeinde ist. Auf die bereits seit 1951 bestehende Patenschaft der Stadt Regensburg für die gesamte Sudetendeutsche Volksgruppe verwies Bischof Voderholzer in seiner Begrüßung ebenso wie auf seine böhmischen Wurzeln mütterlicherseits (Kladrau) und den nördlichsten Punkt der Donau, des viele Völker und Länder verbindenden Flusses, bei Regensburg. „Im Gebet sind wir auch verbunden mit unseren verstorbenen Angehörigen und den Opfern von Kriegen, Terror und Vertreibung“, leitete der Oberhirte zur Liturgie über.

In seiner Predigt erinnerte er zunächst an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren im Mai in Europa und im August in Japan und an die anschließende in mehreren Phasen bis 1946 und zum Teil darüber hinaus erfolgte Vertreibung der Sudetendeutschen. Darüber hinaus rief er den ersten Sudetendeutschen Tag zu Pfingsten 1950 in Kempten in Erinnerung und die am 5. August 1950 proklamierte Charta der deutschen Heimatvertriebenen. Diese sei „mit dem ausdrücklichen und bedingungslosen Verzicht auf Rache und Vergeltung und der Feststellung verknüpft, dass das Recht auf Heimat ein heiliges Menschenrecht darstellt. Möglich war diese Charta auf der Basis des christlichen Glaubens, der Botschaft von Pfingsten von der völkerverbindenden, Sprach- und Mentalitätsgrenzen überschreitenden Einheit der Völker und der darin gründenden Vision eines vereinten Europas auf der Basis des christlichen Glaubens“, legte Bischof Rudolf dar. 

Papst Leo XIV.: Pontifex des Friedens und der Völkerverständigung

Als Fügung betrachtet der Regensburger Bischof, dass genau am Tag, an dem sich zum 80. Mal in Europa das Ende des Zweiten Weltkrieges jährte, der neue Papst Leo XIV. gewählt wurde. „Nicht nur seine ersten Worte, sondern auch seine Lebensgeschichte verweisen uns auf eine wahrhafte pfingstliche Existenz, die in der Kraft des Heiligen Geistes Völker, Mentalitäten und Sprachen verbindet, Brücken bauen und vielleicht auch einen Beitrag zum Weltfrieden leisten kann“, führte der Bischof aus. So waren ja die ersten Worte Papst Leos die dem Pfingstevangelium entnommenen Worte des von den Toten auferstandenen Christus „Der Friede sei mit euch allen!“ Bischof Voderholzer dazu: „Der Friede sei mit euch, kein Wort der Anklage, der Vergeltung oder gar der Rache, sondern ein Wort der Versöhnung und des Friedens von Seiten Jesu.“ Kurz streifte der Bischof die wichtigsten Lebens- und Wirkungsstationen des neuen Papstes und sprach von einer „Biographie, die wahrlich alle Dimensionen der pfingstlichen Universalität verbindet. Das ist ein Geschenk des Heiligen Geistes für die Kirche und für die ganze Welt. Ein Zeichen der Hoffnung in einer Welt, die in so vielfältiger Weise aufgebracht und verunsichert und zerrissen ist. (…) Wir können nur hoffen und beten, dass das Wirken von Leo XIV. reich gesegnet sei an Früchten des Friedens und der Völkerverständigung“, so Bischof Voderholzer abschließend zu diesem Aspekt seiner Ansprache. 
 

Reminiszenz an Schriftsteller Otfried Preußler

Schließlich erinnerte er an den Friedensbeitrag des Schriftstellers Otfried Preußler, dessen jugendliche NS-Aktivitäten kürzlich zu heftigen Diskussionen geführt hatten. „Dies ist wahrlich nicht zu bagatellisieren oder kleinzureden. Aber Otfried Preußler hat das mehrjährige Fegefeuer russischer Kriegsgefangenschaft durchgemacht und dann sein Wirken als Pädagoge, Schulleiter und schließlich Schriftsteller in den Dienst einer Friedenspädagogik gestellt, die sich wahrlich sehen lassen kann“, konkretisierte Bischof Rudolf. Als Beispiel nannte er Preußlers Roman „Krabat“ – ein Meisterwerk, das zur Weltliteratur zähle. Darin zeige Preußler den Weg der Befreiung aus den todbringenden Fängen des Totalitarismus auf, „allein die Kraft der Liebe lässt schließlich das Regime der dunklen Mächte von Ausbeutung, Manipulation und Menschenverachtung in sich zusammenstürzen“, interpretierte der Bischof Preußlers Botschaft. Darüber hinaus hätten auch viele von Preußlers weiteren Büchern, so der Bischof, eine „anti-totalitäre Botschaft“. 
Ein weiteres Motiv – „Die Tränen des heiligen Wenzeslaus“ – entnahm Bischof Voderholzer Preußlers Buch „Flucht nach Ägypten. Königlich Böhmischer Teil“ – bekanntlich Preußlers Aufarbeitung des Verlustes seiner böhmischen Heimat. Der Oberhirte las eine kurze Passage des Streitgesprächs zwischen zwei extrem nationalistischen gesinnten Herren vor, einem Tschechen namens Weishäuptl und dem Deutschen Bělohlávek, die fast unversöhnlich wegen der Ortsnamen stritten. Das sorgte beim Heiligen Wenzeslaus für bittere Tränen über sein Land und die beiden Völker – und für ein Bittgebet. „Vielleicht, liebe Schwestern und Brüder, liebe Landsleute von diesseits und jenseits der Grenze, ist der heutige Pfingsttag ja auch dazu angetan, dass sich die Tränen des heiligen Wenzeslaus wieder einmal aus Tränen der Trauer und des Schmerzes in Tränen der Freude verwandeln“, schloss Bischof Voderholzer seine Predigt.

„Ein gutes Wort, egal wie groß es ist, trägt zur Heilung bei“

Am Ende des Gottesdienstes bedauerte Monsignore Pintíř, dass er nur in seinem eigenen Namen bzw. als Vorsitzender der Sdružení Ackermann-Gemeinde sprechen könne. Auch er erinnerte an das 80-jährige Ende des Krieges und an einen Ausspruch seiner Mutter, die über die schwere Sünde, die schwere Folgen hat, sprach. Damit deutete Pintíř die Folgen von Krieg und Vertreibung an und fragte, wie diese schweren Folgen zu heilen seien. „Ein gutes Wort, egal wie groß es ist, trägt zur Heilung bei. Das ist das, was wir hier erfahren. Durch gute Worte heilen wir diese schweren Taten und schweren Folgen, die vor Jahrzehnten geschehen sind. Auch das ist Pfingsten“, meinte der tschechische Priester. Er brachte diesen Aussöhnungsprozess auch mit dem Synodalen Weg in Verbindung – und zwar im Sinne von „Wir sind auf einem Weg und wir sprechen miteinander. Und das tun wir hier, und das machen wir weiter. Das wird die Welt heilen!“

Als Lektoren der Lesungen wirkten Christoph Lippert und Sr. Angelika Pintířová, die Geistliche Beirätin der Sdružení Ackermann-Gemeinde, als Kantoren ebenfalls Christoph Lippert und Roland Hammerschmied. Das Evangelium lasen Regionaldekan und Vorsitzender des Sudetendeutschen Priesterwerks Holger Kruschina und Monsignore Pintíř. Die Fürbitten trugen Ursula Lippert und David Macek vor. Die musikalische Gestaltung oblag der Gartenberger Bunkerblasmusik unter der Leitung von Roland Hammerschmied. Die Kollekte galt der Renovierung des Kirchendachs des Gotteshauses in Philippsdorf.

Text und Fotos: Markus Bauer

(SG und jas) 

Weitere Infos

Die vollständige Predigt kann hier nachgelesen werden.



Nachrichten