Mann mit südosteuropäischem Aussehen in einem Garten vor einer Hecke, lachend

Person der Woche: Eduard Gashi, Pfarrei Hainsacker

„Wer glaubt, darf nicht bequem werden“


Hainsacker/Regensburg, 18. Juli 2025

Verantwortung nicht nur fordern, sondern auch übernehmen und nah bei den Menschen sein: Eduard Gashi engagiert sich in der Pfarrei St. Ägidius Hainsacker im Pfarrgemeinderat und in der Kirchenverwaltung, im Alpha-Kurs und in der Ausbildung zum Katechisten. Im Interview zur Person der Woche erzählt er, warum ihm die Stärkung der Gemeinschaft wichtig ist und wie wir den Glauben im Alltag sichtbar machen können.

Wie kommt es, dass der Glaube für Sie eine so große Bedeutung hat?

Der Glaube war für mich von Anfang an ein Teil des Alltags und der Identität. Ich durfte in Lüneburg eine katholische Bekenntnisgrundschule besuchen. Schon dort war der Glaube spürbar präsent: Wir haben den Unterricht mit dem Kreuzzeichen und einem kurzen Gebet begonnen und auch so beendet. Wöchentliche Gottesdienste gehörten ebenso dazu wie meine Zeit als Ministrant. All das hat den Glauben für mich zu etwas Selbstverständlichem gemacht. Als Halt im Alltag, als prägendes Element unserer Familiengeschichte und als Teil meiner persönlichen Identität. Heute trägt mich der Glaube auch in meinem Beruf als Immobilienmakler. Er gibt mir den ethischen Kompass: Fairness, Offenheit und der respektvolle Umgang mit Kunden – egal ob Käufer oder Verkäufer – sind mir wichtig. Ich sehe meinen Beruf als Berufung und den Glauben als Kraftquelle, gerade in schwierigen Zeiten. Es geht nicht zuerst um das Geldverdienen, das ergibt sich, wenn man mit Herz und Verantwortung arbeitet. Der Glaube hilft mir dabei, optimistisch zu bleiben und zu vertrauen: Gott sorgt für uns und führt es zum Guten.

Das klingt, als sprächen Sie aus Erfahrung…

Ja, das tue ich. Als Immobilienmakler bin ich täglich mit Situationen konfrontiert, in denen es nicht nur um Zahlen, Preise und Quadratmeter geht, sondern um Menschen mit ganz individuellen Geschichten, Hoffnungen und Ängsten. Gerade da hilft mir mein Glaube enorm. Ich sehe meine Arbeit als Berufung, als Dienst am Menschen. Und ich glaube fest daran: Wenn ich bete, wenn ich Gott mit hineinhole, dann finde ich oft genau die Lösung, die beiden Seiten – Käufer und Verkäufer – zum Besten dient.

Ich erinnere mich an einen Fall, der mich tief bewegt hat: Ein älteres Ehepaar wollte ihr Elternhaus verkaufen. Es war für sie nicht nur ein Haus, sondern voller Erinnerungen – an ihre Kinder, an ihr ganzes Leben. Gleichzeitig war das Haus renovierungsbedürftig, lag nicht gerade zentral, und der Markt war schwierig. Sie hatten Sorge, ob sie überhaupt einen Käufer finden würden, der das Haus wertschätzt. Parallel suchte ein junges Paar mit zwei kleinen Kindern dringend ein Zuhause. Sie hatten sich schon mehrfach beworben, aber es hatte nie geklappt. Entweder waren sie finanziell überboten worden oder der Verkäufer hatte sich für jemand anderen entschieden. Als sie mir begegneten, hatte ich das Gefühl: Diese zwei Seiten könnten zusammenpassen. Aber es gab einige Hürden. Die Preisvorstellungen lagen auseinander, die Unsicherheit war auf beiden Seiten groß. Ich habe damals bewusst gebetet. Nicht um „einen schnellen Abschluss“, sondern dass ich zum Werkzeug werde für eine gute Lösung. Ich habe um Weisheit gebetet, dass ich vermittelnd, verständnisvoll und offen agiere, ohne Druck, sondern mit Fingerspitzengefühl. Und tatsächlich: Durch mehrere Gespräche, viel Zuhören, Erklären, Kompromisse auf beiden Seiten – und durch Vertrauen – kam der Kauf zustande. Das Ehepaar war erleichtert, weil sie wussten: Ihr Haus kommt in gute Hände. Und das junge Paar war überglücklich, endlich ein Zuhause zu haben. 

Am Ende haben beide Seiten gesagt: „Es war fast wie eine Fügung.“ Und ich wusste: Das war nicht nur mein Verdienst. Da hat auch das Gebet mitgewirkt. Ich glaube, wenn man mit Gott arbeitet, dann ergeben sich Wege, wo vorher keine waren. Und wenn man als Makler nicht nur „verkauft“, sondern vermittelt, begleitet, segnet, dann wird aus einem Geschäft eine menschliche Begegnung mit Tiefgang. Das ist für mich das schönste Zeugnis meines Berufes.

Nicht viele Menschen können ihren Beruf auch als Berufung sehen. Wie kommen Sie dazu?

Für mich ist Beruf nicht einfach nur ein Broterwerb, sondern ein Feld, auf dem ich meine Überzeugungen leben darf. Ich bin Immobilienmakler – ja, das bedeutet, ich vermittle Häuser, ich führe Besichtigungen durch, ich begleite Menschen beim vielleicht größten finanziellen Schritt ihres Lebens. Aber dahinter steckt viel mehr: Ich begleite Menschen in Übergangsphasen: vom Alten ins Neue, vom Unsicheren ins Geordnete. Das ist oft ein sehr sensibler Moment im Leben. Und genau dort möchte ich nicht nur „Dienstleister“ sein, sondern jemand, der trägt, der Vertrauen gibt, der mit Herz, mit Augenmaß und mit Verantwortung handelt. Ich sehe meinen Beruf daher ganz klar als Berufung. Und es ist mein christliches Menschenbild, das mir diesen Blick eröffnet hat. Ich sehe in jedem Menschen, egal ob Käufer oder Verkäufer, jemanden, der Respekt, Ehrlichkeit und Fürsorge verdient. Die goldene Regel, „behandle den anderen so, wie du selbst behandelt werden willst“, ist bei mir kein Spruch, sondern täglicher Maßstab. Es war ein langer Weg dorthin. Als ich begonnen habe, war ich auch von klassischen wirtschaftlichen Zielen getrieben: Umsatz, Provision, Expansion. Doch ich habe gemerkt: Der innere Frieden kommt erst, wenn ich das tue, was Gott von mir will, nämlich den Menschen dienen. Nicht überreden, nicht drängen, sondern begleiten.

Ein konkretes Beispiel: Eine Witwe hat mich beauftragt, ihr Haus zu verkaufen. Sie war völlig überfordert, emotional wie organisatorisch. Ich hätte rein wirtschaftlich gesehen schnell einen Käufer gefunden. Doch ich habe gespürt: Hier braucht es Zeit. Ich habe sie ermutigt, Raum gegeben für ihre Gefühle, für ihr Tempo, und dabei gleichzeitig professionell beraten. Am Ende hat sie nicht nur den passenden Käufer gefunden, sondern mir gesagt: „Ich hatte nie das Gefühl, eine Nummer zu sein. Sie haben mir geholfen, loszulassen.“ Das ist für mich Berufung.

Die Bibel sagt: „Dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat.“ (1 Petrus 4,10) Das ist mein Leitsatz geworden. Ich diene mit der Gabe des Vermittelns, des Zuhörens, des Beratens und sehe im Beruf einen Weg, den Glauben konkret und praktisch umzusetzen.

Sie lassen sich zum Katechisten ausbilden – warum?

Mir ist es ein Anliegen, den Glauben nicht nur persönlich zu bekennen, sondern auch zu verstehen und weitergeben zu können. Die Ausbildung zum Katechisten erlaubt es mir, den Glauben tiefer zu durchdringen und fundiert darüber zu sprechen, in der Gemeinde und bei Glaubensfragen, die Menschen bewegen. Ich möchte den Glauben nicht als bloße Tradition sehen, sondern als lebendige Kraft, die Orientierung gibt. Diese Ausbildung ist für mich auch ein Beitrag, dem Auftrag Gottes gerecht zu werden: mitzugestalten, Zeugnis zu geben und für die Welt Verantwortung zu tragen.

Was braucht es, damit man junge Menschen aktuell für die Kirche gewinnen kann?

Die Kirche muss ehrlich und glaubwürdig sein. Junge Menschen spüren genau, ob wir nur reden oder auch handeln. Sie suchen Sinn, Gemeinschaft, Antworten auf Lebensfragen – und Kirche kann das bieten, wenn sie offen und zeitgemäß ist. Es braucht Angebote, die Jugendliche ansprechen: moderne Gottesdienstformen, Lobpreis, zeitgemäße Meditationen, ein neu entdeckter Rosenkranz, Kreuzweg für Jugendliche. Sie müssen erleben: Kirche ist nicht nur etwas für die Alten. Dazu gehört auch, dass junge Menschen nach der Firmung Verantwortung übernehmen dürfen, z. B. in einem Jugendbeirat, der im oder neben dem Pfarrgemeinderat mitredet. Das gibt ihnen Stimme und Wirkung. Raum für Begegnung, Austausch, Diskussion, Infoabende, Filmabende, sind weitere Bausteine. Hier sehe ich auch Katechisten als Begleiter und Ansprechpartner.

Vor welchen Herausforderungen stehen die Pfarreien heute?

Die Pfarreien stehen vor der großen Aufgabe, Menschen zu erreichen und Angebote zu schaffen, die angenommen werden. Neben Anbetung und Rosenkranz braucht es Formen, die Gemeinschaft stiften und stärken. Corona hat gezeigt: Der gesellschaftliche Zusammenhalt bröckelt, das Vereinsleben leidet. Die Kirche muss hier Brücken bauen. Wir sollten zusammenarbeiten, auch ohne offizielle Pfarreiengemeinschaften: Kräfte bündeln, gemeinsame Projekte angehen, Pfarrgemeinderäte vernetzen. Dabei darf die Kirche nie zur bloßen Sozialinitiative werden. Im Zentrum steht der Glaube an Jesus Christus, den dreieinigen Gott. Aus dieser Mitte handeln wir – nicht ausgrenzend, sondern einladend, auch für jene, die dem Glauben fernstehen. Dieses Bewusstsein prägt auch meine politische Motivation: Als gläubiger Mensch sehe ich es als meinen Auftrag, die Welt mitzugestalten. Deshalb bin ich in der CSU aktiv und möchte dort Verantwortung übernehmen, um christlich geprägte Werte in Politik und Gesellschaft einzubringen.

Wie schwierig gestaltet sich dieses Vorhaben?

Ich bin noch ganz am Anfang, was das politische Engagement auf größerer Ebene betrifft, aber der Wille und die Überzeugung sind sehr stark. Ich bin seit vielen Jahren Mitglied der CSU, derzeit stellvertretender Ortsvorsitzender in Hainsacker im Landkreis Regensburg, und spüre immer mehr, dass ich mich intensiver einbringen möchte. Ich möchte nicht nur passiv Mitglied sein, sondern aktiv gestalten, mittragen, mitdenken, mitverantworten. Was mich antreibt, ist ganz klar mein christliches Menschenbild. Ich glaube, Politik braucht wieder mehr Werteorientierung. Ehrlichkeit, Demut, Verantwortungsbewusstsein, den Blick für den Menschen. Für mich heißt christliche Politik nicht, dass man fromme Reden hält. Es heißt: die Schwachen sehen, die Familien stärken, für Gerechtigkeit eintreten, aber auch für Ordnung, Zusammenhalt und Freiheit.

Ich möchte mich politisch engagieren, weil ich glaube, dass Gott uns nicht zur Passivität beruft, sondern zur Mitgestaltung. „Ihr seid das Salz der Erde“, das heißt für mich: Misch dich ein, sei da, wo Entscheidungen getroffen werden, bleib wach, bring dich ein mit dem, was du glaubst und lebst. Dabei ist mir bewusst: Es wird nicht immer einfach. Nicht jeder versteht sofort, dass Glaube und Politik zusammengehen können – oder sogar müssen. Aber ich bin überzeugt: Wenn man authentisch ist, glaubwürdig auftritt und mit Respekt argumentiert, dann können christliche Grundsätze auch heute in der Politik Gehör finden.

Wie können wir Leute motivieren, sich ehrenamtlich zu engagieren?

Menschen engagieren sich, wenn sie spüren: Ich werde gebraucht, ich kann etwas bewirken. Es braucht Wertschätzung, echte Einbindung und klare Angebote. Ehrenamt verändert nicht nur die Welt, sondern auch den Menschen selbst. Für uns Christen ist Ehrenamt aber noch viel mehr als das. Es ist gelebter Glaube. Christus selbst hat uns gesagt: „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ Ehrenamt heißt, diesem Auftrag treu zu bleiben, sich um die Welt zu kümmern, wie es die Bibel von uns fordert. Es ist nicht nur ein weltlicher Dienst, sondern ein Ausdruck unseres Glaubens und unserer Verantwortung vor Gott. Wenn wir sichtbar machen, dass Ehrenamt nicht nur Pflicht ist, sondern Berufung und Freude, dann wächst Ehrenamt von innen heraus.

Woher gewinnen Sie Ihre Motivation?

Was mich antreibt, ist der feste Glaube daran, dass jeder Mensch mit einer Aufgabe in diese Welt gestellt ist. Ich sehe mein Leben – mit all seinen Brüchen, Umwegen, Aufbrüchen – als einen Weg, der nicht zufällig verläuft, sondern geführt ist. Ich bin 1993 als Kind aus dem Kosovo nach Deutschland gekommen, habe Integration erlebt, aber auch Herausforderungen gemeistert. Ich durfte mich beruflich als Immobilienmakler selbstständig machen, doch auch das sehe ich nicht nur als Karriere, sondern als Berufung.

Ich will etwas zurückgeben. Gott hat mir so viel geschenkt: Möglichkeiten, Schutz, Kraft, Menschen, Chancen. Jetzt ist es an mir, mit dem, was ich kann, zu dienen. In der Familie, in der Gemeinde, im Beruf und immer stärker auch in der Politik. Ich glaube fest daran, dass Glaube kein Rückzugsraum ist, sondern ein Auftrag zur Gestaltung. Wer glaubt, darf nicht bequem werden. Der Glaube ruft uns raus: Raus aus der Komfortzone, rein in die Verantwortung.

 

Interview: Katharina Winterlich

(kw)



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