Foto von Walter Zahner

Person der Woche: Dr. Walter Zahner, Leiter der Hauptabteilung Seelsorge

„Für alle in der Seelsorge Tätigen"


Regensburg, 19. September 2025 

Im Rahmen unserer Reihe “Person der Woche” stellen wir jede Woche interessante Persönlichkeiten aus dem Bistum Regensburg und darüber hinaus vor. Heute beschäftigen wir uns mit einem ganz zentralen Thema im Bistum Regensburg: Der Seelsorge. Dazu führten wie ein Gespräch mit Dr. Walter Zahner, er ist Leiter der Hauptabteilung Seelsorge im Bistum Regensburg.

1. Herr Dr. Zahner, Sie sind Leiter der Hauptabteilung Seelsorge. Wie verstehen Sie persönlich den Begriff „Seelsorge“ im 21. Jahrhundert?

Der Begriff Seelsorge wird vielfach verwendet und in unterschiedlichen Zusammenhängen diskutiert. Wir haben gemeinsam zum Selbstverständnis der Hauptabteilung Seelsorge festgehalten, das finden Sie auch auf unserer Homepage: „Wir verstehen uns als Begleiter für alle in der Seelsorge Tätigen. Wir wollen ein Ort der Vernetzung und des Austauschs sein.“ Auch wenn diese Formulierung inzwischen schon wieder ein paar Jahre alt ist, stehe ich nach wie vor dazu. Unser Auftrag ist, dass wir den Menschen nahe sind, dass wir Ehren- wie Hauptamtliche in ihrer Arbeit unterstützen.

2. Viele Ihrer Fachbereiche sind eng an Lebenssituationen gekoppelt – Ehe, Familie, Jugend, Krankheit, Migration. Was bedeutet für Sie „Nähe zu den Menschen“ konkret, wenn Strukturen immer größer, Pfarreien zusammengelegt und Wege länger werden?

Auch wenn im Bistum immer mehr Gremien- oder Arbeitsgruppensitzungen stattfinden, dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, was wirklich zählt: die direkte Unterstützung derjenigen, die in den Pfarreien und Pfarreiengemeinschaften aktiv sind. Es ist von großer Bedeutung, konkrete und praxisnahe Angebote zu schaffen, die den Menschen vor Ort helfen. Diese Angebote müssen dazu dienen, denjenigen, die sich engagieren, Orientierung und Hilfestellung zu geben, sei es in der Planung von Veranstaltungen, der Organisation von Projekten oder der Gestaltung von Seelsorgeangeboten. Es geht darum, eine unterstützende Infrastruktur zu schaffen, die den vielfältigen Anforderungen und Bedürfnissen gerecht wird.

3. Sie verantworten auch Felder wie die Weltkirche und die Ausländerseelsorge. Welche Impulse können gerade diese „Ränder“ in die Mitte der Kirche zurückspielen – theologisch, spirituell, auch gesellschaftspolitisch? Oder anders gefragt: Was kann eine Diözese Regensburg von den Kirchen Afrikas, Lateinamerikas oder Asiens konkret lernen – gerade in Zeiten, in denen in Deutschland Resignation überwiegt?

Die weltkirchlichen Impulse werden bei uns durch Gäste aus der Weltkirche, die vermittelt über Missio München, Adveniat oder auch Misereor, regelmäßig in unser Bistum kommen, in konkreten Begegnungen erlebbar. Im Herbst nächsten Jahres werden wir turnusgemäß wieder die Missio-Eröffnungsfeierlichkeiten ausrichten. Dafür hat Missio München Madagaskar als Partnerland ausgewählt. Es ist somit an uns, dass wir uns mit den dortigen Verhältnissen befassen und überlegen, was wir wie in unsere Pfarrgemeinden rückspiegeln können. Oftmals sind die Anregungen eher im Blick auf das Glaubenszeugnis der Gäste, die uns besuchen, das persönliche Kennenlernen und die Vielfalt bei der Umsetzung des Möglichen von Interesse. Daraus sollten wir für uns und unsere Arbeit in der eigenen Diözese Hoffnung schöpfen und uns anregen lassen.

Die Ausländerseelsorge und die Seelsorge für muttersprachliche Gemeinden nehmen in unserem Bistum eine besondere, jedoch nicht überall gleich auffällige Rolle ein. Dies liegt vor allem daran, dass der Anteil der Katholiken mit einem ausländischen Pass in unserem Bistumsgebiet unter 8% liegt.

Wir haben aber viele Geistliche, die neben den beiden großen Gruppen der Polen und der Kroaten, v.a. auch im Feld der unierten Riten und bei einigen weiteren Sprachgruppen aktiv sind. In unserem Bistum werden Gottesdienste (teils wöchentlich, teils auch in größeren Abständen) in mehr als 20 verschiedenen Sprachen und unterschiedlichen Riten angeboten.

4. Immer wieder geht es in der Kirche um die Frage der Räume – nicht nur um Gebäudeerhalt, sondern um die Frage: Wofür brauchen wir Kirchen, Klöster, Seelsorgeräume? Wie sehen Sie die Zukunft dieser Orte im Zusammenspiel von Liturgie, Kultur und öffentlichem Raum?

Wir werden alles tun, um möglichst viele unserer Kirchengebäude zu erhalten. Sie sind schließlich die Orte, wo wir Liturgie feiern, an denen sich Gott und Mensch begegnen. Wichtig wird sein, dass wir uns über die Eucharistiefeier am Sonn- und/oder Werktag hinaus weitere gottesdienstliche Feiermöglichkeiten erschließen. Dafür gibt es ja vielerorts bereits gute Beispiele, die wir stärken und viel breiter bekannt machen sollten.

5. Seelsorge ist ohne Ehrenamt nicht mehr denkbar. Zugleich erleben viele Engagierte eine Überlastung und ein Ringen um Anerkennung. Wie lassen sich die Ehrenamtlichen inspirieren?

Ein seelsorgliches Angebot muss stets die Menschen vor Ort ansprechen, damit sind auf Zukunft hin vor allem auch die Ehrenamtlichen gemeint. Es ist an uns, ihnen für ihren Einsatz Unterstützung anzubieten, auch in der Pfarrei oder künftig der Pfarreiengemeinschaft. Seit einigen Jahren haben wir ein Forum Ehrenamt, das regelmäßig Veranstaltungen entwickelt, die auf Anfragen von Ehrenamtlichen zugeschnitten sind oder auch auf Ideen von Hauptamtlichen für die vor Ort ehrenamtlich Tätigen zurückgehen. Wir sind hier immer offen für Anregungen oder auch neue Ideen. 

6. Ihre Hauptabteilung bietet Impulse, Materialien und digitale Angebote an. Welche Rolle soll die Digitalisierung in der Seelsorge spielen: eine Ergänzung, eine Notlösung – oder ein eigenständiger Ort von Glaubenserfahrung?

Wer heutzutage behauptet, wir kommen ohne jede Form von Digitalisierung aus, der wird vielfach belächelt. Auch ich denke, dass wir die Digitalisierung als Chance sehen und begreifen sollten. Wir haben in unseren Reihen einige jüngere oder jung gebliebene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit denen wir uns zusammensetzen und hier neue Formate entwickeln werden. Sie sind digital natives, Menschen, die mit digitalen Technologien aufgewachsen sind und daher einen ganz anderen Zugang zu diesen Fragen haben. Die Nutzung von Social Media ist für sie ebenso selbstverständlich wie der Einsatz moderner digitaler Tools in der täglichen Arbeit. Auch die Fragen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) werden sich stellen. Es wäre doch eigenartig, wenn wir hier aus Angst vor einem Einsatz zurückschrecken, wenn es schon längst gute Möglichkeiten gibt, diesen zu steuern und für uns fruchtbar zu machen.

7. In gesellschaftlichen Debatten – von Bioethik über Klimafragen bis hin zu Migration – wird die Kirche oft nur als moralische Instanz wahrgenommen. Welche Rolle soll Seelsorge hier einnehmen?

Die genannten Fragestellungen haben nicht nur ihre Berechtigung; sie stellen sich auch in den Pfarreien oder den Pfarreiengemeinschaften. Das Bistum Regensburg unterstützt diese seit Jahren sehr konkret; mit Blick auf Klimaschutz zum Beispiel bei der Erneuerung von Heizungsanlagen oder auch der Installation von PV-Anlagen. Dafür stehen eigene Mittel zur Verfügung. Jedes Jahr führen wir einen Schöpfungstag durch, der in wechselnden Regionen veranstaltet zentrale Themen in den Mittelpunkt rückt und auf großes Interesse der Bevölkerung stößt. Und auch beim Thema Flüchtlinge sind wir gemeinsam mit der Caritas aktiv. Das Bistum stellt Mittel und Mitarbeitende zur Verfügung, die wiederum durch weitere öffentliche Fördermittel gestützt, sehr vielfältig aktiv sind. So entsteht ein vielfältiges und wirksames Engagement, das vor Ort viel bewirkt.

8. Die kirchliche Landschaft in Deutschland steht unter Veränderungsdruck: weniger Mitglieder, weniger Priester, eine wachsende religiöse Vielfalt. Wie vermag die Seelsorge wieder neue Impulse zu setzen?

Das Bistum Regensburg stellt sich den aktuellen Herausforderungen; wir sind gemeinsam auf dem Weg der „Pastoralen Entwicklung 2034“. Unser Beitrag von Seiten der Hauptabteilung Seelsorge ist dabei vielfältig. Das beginnt schon mit der Unterstützung aller Gemeinden durch die bei uns angesiedelte Gemeinde- und Organisationsberatung; es wird fortgeführt, wenn wir in vielen der angedachten Arbeitsgruppen mitarbeiten, die die neu zu entwickelnden Strukturen stützen und inhaltliche Hilfestellungen anbieten. Dabei setzen wir uns für die Zukunftsfähigkeit des Ehrenamts wie auch der unterschiedlichsten Aktivitäten von Pfarreiengemeinschaften – sei es im Feld der Büchereiarbeit, von Ehe und Familie oder bei der Jugendarbeit, um einmal drei noch nicht angeschnittene Bereiche der Seelsorge zu benennen – ein. Nicht zuletzt werden wir auch im vorhin genannten Feld der Digitalisierung neue Wege gehen müssen. Hier sehe ich eine wichtige Aufgabe der Seelsorge, das mit zu entwickeln, zu begleiten und damit letztlich auch zu steuern.

Fragen: Stefan Groß
(chb)

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