News Bild Kirchen aus dem Bistum: St. Maria Himmelfahrt in Kelheim

Kirchen aus dem Bistum: St. Maria Himmelfahrt in Kelheim

Ein Wehrturm wird zum Kirchturm

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Regensburg, 6. Februar 2025

Eine gotische Kirche mit neugotischen Erweiterungen und einer sehr interessanten Baugeschichte steht in der Niederbayrischen Stadt Kelheim.

Die Stadt Kelheim in Niederbayern wurde im Jahr 866 erstmals urkundlich erwähnt. Im 12. Jahrhundert erhielt der Ort Stadtrechte. Eine erste Pfarrkirche in Kelheim wird um das Jahr 1000 angenommen. Der Kirchführer der Pfarrei berichtet von einer romanischen Chorturmkirche als Vorgängerbau der heutigen Pfarrkirche. In dem Jahren 1297 und 1322 gewährte Ablässe deuten auf Umbaumaßnahmen in der Zeit an. Für eine Spende für den Bau konnte ein Ablass, das ist ein Nachlass zeitlicher Sündenstrafen, gewonnen werden. Aus dem Jahr 1368 wird von der Weihe eines Altars in der Andreaskapelle zwischen Chorraum und Turm an der Stadtmauer berichtet, so ist es im Kirchenführer der Pfarrei erwähnt. Im 15. Jahrhundert allerdings wurde die alte Kirche baufällig und es musste eine neue Kirche errichtet werden. Die heutige Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt wurde ab etwa 1420 erbaut.

Das Langhaus ist als dreischiffige Basilika ausgeführt. Die Errichtung des Chors wurde 1460 begonnen, wie eine Bauinschrift aus dem Jahr 1466 im Chorbogen bezeugt. Der Chor wurde mit Fünfachtelschluss errichtet. Das bedeutet, dass der Chor im Grunde ein langgezogenes Achteck ist, bei dem fünf Seiten als Wände ausgeführt sind. Eine Bauinschrift von 1513 im südlichen Seitenschiff bezeugt die spätere Fertigstellung der Seitenschiffe. Das dreischiffige Langhaus hat fünf Joche und ist in der typischen Bauform einer Basilika gehalten. Die Kirche hat ein überhöhtes Hauptschiff, das von Obergaden beleuchtet wird, und niedrige Seitenschiffe mit Pultdach. Der Chor ist genauso breit wie das Hauptschiff. An der Nordseite ist eine zweigeschossige Sakristei angebaut. Die beiden Seitenschiffe sind an ihren Stirnseiten gerade abgeschlossen. Außen wird die Kirche von Strebewerk und Maßwerkfenstern gegliedert. Die Strebepfeiler am Chor zeichnen sich durch ihre besonders aufwändige Gestaltung aus. Sie schließen oben mit Fialen ab. Die Maßwerkfenster am Chor und an den Obergaden sind dreibahnig. Die Fenster in den Seitenschiffen haben fünf Bahnen.

Kreative Lösung für den Kirchturm

Geldmangel zwang die Kirchenbauer zu einer unkonventionellen Lösung für den Kirchturm. Ein Schutzturm der Stadtmauer wurde mit einem Schwibbogen mit dem Chor der Kirche verbunden. Die Stadtbefestigung liegt nahe am Zusammenfluss von Donau und Altmühl und wurde mehrfach überschwemmt. So musste der ursprüngliche Turm 1689 neu erbaut werden. Wegen Einsturzgefahr musste dieser Neubau 1946 abgerissen werden. Die Pflasterung an der Ostseite der Kirche zeigt den Standort des früheren Turmes an. So blieb die Kirche 16 Jahre ohne Turm. Erst 1862 wurde an Westseite der Kirche der heutige neugotische Turm gebaut. Dieser wurde zunächst als Campanile ausgeführt, das ist ein freistehender Turm ohne Verbindung zum Kirchengebäude. Einer der bekanntesten Campanile ist der Markusturm in Venedig.

In den Jahren 1877 bis 1886 wurde das Langhaus erweitert und mit dem neuen Turm verbunden. Der Turm nimmt nach oben hin eine oktogonale Form an. Die Ecken sind dabei mit einfach abgesetzten Dreiecksstreben versehen. Während die kleineren schräggestellten Seiten mit weiß getünchten Rücklagen besetzt sind, enthalten die vier größeren geraden Seiten je eine spitzbogige Schallöffnung mit Maßwerk und eine Turmuhr. Den Abschluss nach oben bildet ein achtseitiger Spitzhelm mit Turmkugel und Kreuz. Im Turm hängen fünf Glocken, die gemeinsam ein fünfstimmiges Geläut bilden, sowie eine Totenglocke, die grundsätzlich allein geläutet wird. Gegenüber dem Ostchor der Kirche sind Reste die der alten Stadtmauer zu sehen, zu der der erste und zweite Kirchturm als Schutzturm gehörte.

Chorraum einer Kirche

Chorraum der Kirche St. Mariä Himmelfahrt in Kelheim. Blick auf den Hochaltar. © Heribert Bechen/Wikimedia/CC-BY-2.0

Ein Campanile wird integriert

Bei der Baumaßnahme zur Verlängerung des Langhauses wurde die barocke Innenausstattung der Kirche zu großen Teilen entfernt und durch neugotische Elemente ersetzt. Über dem Hauptschiff findet sich eine flache Holzkonstruktion, die so ausgeführt ist, dass sie die Illusion eines gotischen Rippengewölbes erweckt. Über den Seitenschiffen findet sich ein einfaches Kreuzrippengewölbe. Das Chorgewölbe hat eine deutlich aufwändigere sternförmige Konfiguration. Sowohl der Chorbogen als auch die Scheidbögen sind spitzbogig ausgeführt. Im rückwärtigen Joch des Mittelschiffs ist die Orgelempore mit maßwerkverzierter Brüstung eingezogen. Vor der Umgestaltung fanden sich sechs Altäre in der Kirche. Neben dem Hochaltar im Chorraum gab es im Hauptschiff den Kreuzaltar, den Apostelaltar und den Barbaraaltar im linken Seitenschiff, ferner einen Nikolaialtar und einen Wolfgangsaltar im rechten Seitenschiff.

Die heute überwiegend neugotische Ausstattung wurde während der großen Renovierung nach 1877 angeschafft. Der Hochaltar des ortsansässigen Bildhauers Johann Obermeier ist aus Kelheimer Marmor gemeißelt. In der oberen Hälfte des Altaraufbaus wird die Krönung Mariens im Himmel durch die Heilige Dreifaltigkeit dargestellt. Auf dem linken Seitenaltar findet sich eine geschnitzte lebensgroße Pietà aus dem 15. Jahrhundert. Die Figur des heiligen Johannes in der Taufkapelle datiert auf die Zeit um 1500. An der Außenseite der Kirche ist über dem Südportal eine steinerne Marienfigur zu sehen, die um 1450 entstanden sein soll. Als besondere kunsthistorische Schätze gelten die beiden alten Tafelbilder, die im Presbyterium der Kirche stehen. Beide sind Ende des 15. Jahrhunderts entstanden. Eines zeigt die Geburt Christi, das andere den Tod Mariens.

Im rückwärtigen Joch des Mittelschiffs der Kirche ist die Orgelempore eingebaut. Sie ist mit Maßwerk verziert und ruht auf einer schlanken Rundsäule. Zwei Spitzbögen öffnen sich zum hinteren Teil der Kirche mit einer Freitreppe, die zum Aufgang zur Orgelempore führt. Auf der Empore steht eine Orgel mit 26 Registern, dessen Prospekt die gesamte Breite des Mittelschiffes einnimmt. Auf dem Vorplatz der Kirche findet sich ein Hinweis auf den früheren Friedhof, der vermutlich um das Jahr 1000 auf dem heutigen Kirchplatz angelegt war. Dieser wurde im Jahr 1855 aufgelöst. Nur die neugotische Laternensäule auf dem Kirchhof zeugt noch von der früheren Grabstätte. Unter dieser wurden die Gebeine aller Toten bestattet, die auf dem aufgelassenen Friedhof begraben worden waren.

Text: Peter Winnemöller

(kw)

Seitenaltar mit Pieta

Seitenaltar mit Pieta in der Stadtpfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt in Kelheim. © Heribert Bechen/Wikimedia/CC-BY-2.0

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In der Reihe Kirchen aus dem Bistum Regensburg stellen wir Kirchen, Klöster und Kapellen vor, die sich im weiten Einzugsgebiet der Diözese befinden.



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