Kirchen aus dem Bistum: St. Antonius in Vohburg

Geschichte und Gestalt eines Sakralbaus


Regensburg, 14. Juli 2025

Das Stadtbild von Vohburg an der Donau wird im Bereich des Ulrich-Steinberger-Platzes in hohem Maße durch ein historisch bedeutsames Ensemble geprägt, das religiöse, architektonische und städtebauliche Elemente vereint. Neben dem heutigen Rathaus, das in seiner ursprünglichen Funktion als Andreaskirche diente, ragt besonders die katholische Filialkirche St. Anton hervor.

Eine auffällige halbrunde Westfassade, die kleine Vorhalle sowie die Freitreppe zum westlich anschließenden Platz hin machen die dem heiligen Anonius geweihte Kirche zu einem prägnanten Blickfang direkt im Herzen Vohburgs. Direkt nördlich an ihr Langhaus schließt ein ausgedehnter Gebäudetrakt an, der heute unter anderem die Sparkasse beherbergt. Einst war dieser Teil eines groß angelegten Franziskanerklosters, zu dem die Antoniuskirche als zentraler Bestandteil gehörte. Dieses Zusammenspiel von Sakralbau und klösterlicher Infrastruktur prägte über viele Jahrzehnte hinweg das Stadtbild, aber auch das religiöse Leben in Vohburg.

Im Jahr 1726 entschieden sich die Franziskaner zur Gründung einer Niederlassung in Vohburg. Ausgangspunkt war ein einfaches Wohnhaus am Ulrich-Steinberger-Platz, das der Orden bezog. Noch im selben Jahr wurde mit dem Bau der Kirche St. Anton begonnen. Der Standort war bewusst gewählt: zentral gelegen und in direkter Nachbarschaft zu den wichtigen kirchlichen und weltlichen Gebäuden der Stadt. Der Kirchenbau, der bereits 1728 vollendet wurde, wurde von Bischof Langwerth von Simmern feierlich geweiht. Diese Gründungsphase fiel in eine Zeit barocker Kirchenerneuerung und spiritueller Intensivierung, in der Klostergründungen nicht nur Glaubenszentren, sondern auch kulturelle Ankerpunkte für die Bevölkerung darstellten.

Säkularisation, Bedeutungsverlust und profane Nutzung

Mit der Säkularisation in Bayern Anfang des 19. Jahrhunderts begann für viele Klöster eine Phase des Niedergangs. Auch das Franziskanerkloster in Vohburg blieb davon nicht verschont und wurde 1802 offiziell aufgehoben. Trotz dieser Entwicklung blieb St. Anton für einige Zeit von Bedeutung. So wurden etwa die Reliquien des in der Region verehrten Seligen Bauern Johannes von der Andreaskirche nach St. Anton überführt. Zwischen 1803 und 1823 nutzte man das Gotteshaus als Ersatzpfarrkirche, da die Pfarrkirche St. Peter in dieser Zeit umfassend renoviert wurde.

Allerdings verlor die Antoniuskirche mit Abschluss der Renovierungen an St. Peter an liturgischer Relevanz. Infolge dieser Entwicklung wurden die Barockaltäre in die Pfarrkirche überführt, Einrichtungsgegenstände verkauft oder verschenkt und die Verehrungsstätte des Seligen Bauern kehrte 1837 in die Andreaskirche zurück. Die Nutzung der Kirche beschränkte sich fortan auf profane Zwecke: Als Turnhalle, Lager und Theatersaal diente sie unterschiedlichsten Bedürfnissen der Stadtbevölkerung. Der endgültige Bruch mit ihrer religiösen Bestimmung erfolgte 1846 mit dem Verkauf der Kirche zur Tilgung kommunaler Schulden.

19. Jahrhundert: Rückkehr zur Nutzung als Kirche

Ein erstes Signal der Rückbesinnung auf die Bedeutung des Sakralbaus war die Erneuerung des Kirchturms im Jahr 1852, die vom Magistrat der Stadt finanziert wurde. 1860 wurde St. Anton in das Eigentum der Spitalstiftung Vohburg übertragen. Diese ersuchte offiziell um die Übertragung von Benefizien und Jahrtagen von der Andreaskirche auf St. Anton. Obwohl dieser Bitte entsprochen wurde, blieb eine grundlegende Sanierung aus. Die Ereignisse des Jahres 1866 im Rahmen des österreichisch-preußischen Kriegs, als man das Kirchengebäude als Pferdestall nutzte, führten zu einer weiteren Degradierung der kirchlichen Würde des Ortes.

Erst 1879, als die Andreaskirche immer baufälliger wurde, rückte St. Anton erneut in den Fokus. Die Pfarrgemeinde erwarb das komplette Klosterareal, woraufhin das ehemalige Klostergebäude zu einer Schule umgewandelt wurde. Die Kirche selbst wurde unter Leitung von Domvikar Georg Dengler umfassend saniert. Dabei entschied man sich für eine neugotische Gestaltung, die dem damaligen Zeitgeschmack entsprach und den Wunsch nach einer stilistisch einheitlichen und liturgisch aufgewerteten Kirche ausdrückte. 1880 konnte die Kirche schließlich wieder ihrer Bestimmung zugeführt werden.

20. Jahrhundert: Von der Reduktion zum Wiederaufbau

Im Jahr 1922 erfolgte eine weitere Renovierung, bei der man sich bewusst von der früheren Nazarener-Ästhetik distanzierte. Die Wände wurden neutral überstrichen, um dem Raum eine schlichtere, zeitgemäße Ausstrahlung zu verleihen. Lediglich die Wandgemälde über dem Hochaltar blieben als kunsthistorisch bedeutende Elemente erhalten. Die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs machten eine neuerliche Restaurierung notwendig. In den Jahren 1946/47 wurden die Kriegsschäden beseitigt, gleichzeitig erhielt die Kirche neue Deckengemälde sowie Buntglasfenster, wodurch ein harmonisches Zusammenspiel von barocker Gestaltung und moderner Glaskunst entstand.

Die tiefgreifendste Umgestaltung erlebte der Altarraum 1965. Der neugotische Hochaltar wurde vollständig entfernt, das zentrale Gemälde übertüncht und stattdessen ein schlichtes Kruzifix installiert. 1998 folgte eine erneute künstlerische Neuinterpretation: Friedrich Koller schuf eine monumentale Stele mit dem Titel „Die 12 Tore des himmlischen Jerusalems“, inspiriert von der Offenbarung des Johannes. Der neue Volksaltar aus Stein und Metall sowie Ambo, Leuchter und weitere Ausstattungselemente ergänzen die reduzierte, moderne Raumwirkung. Der gemalte Kreuzweg wurde mit deckungsgleichen Leinwandbildern ersetzt, wodurch ein Gleichgewicht zwischen sakraler Tradition und zeitgenössischer Gestaltung erzielt wurde.

Innenausstattung – Geschichte und Frömmigkeit

Altarraum: Der Fokus liegt heute auf der modernen Stele, flankiert von zwei Glasfenstern aus dem Jahr 1946/47. Das linke zeigt den Kirchenpatron Antonius bei seiner berühmten Fischpredigt, das rechte die Heilige Elisabeth bei der Speisung der Armen – ein Hinweis auf tätige Nächstenliebe.

Seitenaltäre: Das Hochaltarbild von Johann Caspar Sing, einst Mittelpunkt der Kirche, wurde 1925 an den linken Seitenaltar versetzt. Es zeigt den Heiligen Antonius mit dem Jesuskind. Der rechte Seitenaltar wurde neu geschaffen und enthält ein altes barockes Kreuz, ergänzt durch eine Figur der Mater Dolorosa – der Schmerzensmutter Maria.

Kanzel: Die kunstvoll geschnitzte Kanzel zeigt Christus als Lehrer mit einem Buch sowie zwei Evangelisten, deren Namen in den Nimben vermerkt sind. Der Bezug zur Offenbarung – „Ich bin das Alpha und das Omega...“ – unterstreicht die theologische Tiefe dieser Darstellung.

Verehrungsstätte des Seligen Bauern: In der Nordwandnische befindet sich die Gedenkstätte für Johannes von Griesham. Der als Eremit lebende Bauer wurde im 15. Jahrhundert von Räubern ermordet. Wunder an seinem Grab führten zu einer intensiven Verehrung. Seine Gebeine wurden mehrfach umgebettet und fanden 1880 in St. Anton ihre letzte Ruhestätte. Die neugotische Figur mit Baldachin erinnert an seine Heiligmäßigkeit.

Gegeißelter Heiland: In einer Nische nahe dem Eingang ist eine Darstellung Jesu als gegeißelter und verspotteter Heiland zu sehen. Mit Dornenkrone, Purpurmantel und Binsenstab stellt sie ein zentrales Element der Passionsfrömmigkeit dar.

Deckenmalereien: Sebastian Hausinger schuf 1946/47 barock anmutende Gemälde, die das Leben Marias illustrieren. Die zentrale Darstellung zeigt Maria Immaculata – die Unbefleckte Empfängnis – auf einer Erdkugel stehend, überragt vom „Auge Gottes“ in einem Strahlenkranz. Weitere Bilder zeigen die Verkündigung durch den Engel Gabriel sowie die Heilige Familie in Josefs Werkstatt.

Diese ausführliche Darstellung bietet nicht nur Einblick in die historische Entwicklung und künstlerische Ausstattung der Antoniuskirche, sondern verdeutlicht auch ihre Bedeutung als Ausdruck gelebten Glaubens und kulturellen Erbes im Herzen Vohburgs.

Text: Stefan Groß

Bild: H. Helmbrecht unter Lizenz CCA4.0

(sig)



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