News Bild Interview der Katholischen Sonntagszeitung mit dem Regensburger Diözesanbischof

Interview der Katholischen Sonntagszeitung mit dem Regensburger Diözesanbischof

Bischof Rudolf Voderholzer begeht seinen 65. Geburtstag

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Regensburg, 9. Oktober 2024

Am heutigen Mittwoch, dem 9. Oktober 2024, feiert Bischof Dr. Rudolf Voderholzer seinen 65. Geburtstag. Ein guter Anlass, um auf die vergangenen Jahre, die aktuellen Projekte im Bistum zu blicken und auch über die Zukunft der Kirche zu sprechen. Die Katholische Sonntagszeitung führte mit dem Regensburger Oberhirten ein Interview.

Lieber Herr Bischof, es läuft das Jubiläumsjahr anlässlich der Geburt des heiligen Wolfgang. Wie ist das Jubiläum in der Diözese bisher aufgenommen worden?

Bischof: Zu den großen Veranstaltungen (Diözesanwallfahrt; Eröffnung der Wolfgangswoche in Neukirchen beim Hl. Blut) kommen etliche kleine Akzente: Viel Freude machen mir die Wolfgangswege zu den Wolfgangskirchen im Bistum – es kamen zu den ursprünglich geplanten noch zwei weitere hinzu – und aus vielen Pfarreien höre ich, dass Pfarrwallfahrten nach St. Wolfgang unternommen werden oder eine Predigtreihe. Im Oktober wird der Wolfgangsweg von Pfullingen, dem Geburtsort des hl. Wolfgang bis nach Regensburg offiziell „eingeweiht“. Und auch die wissenschaftliche Festschrift steht kurz vor der Veröffentlichung. Ich habe den Eindruck, dass die Gestalt des hl. Wolfgang viele Menschen anspricht mit seiner Bescheidenheit und Verfügbarkeit für Gottes Willen. Und viele europäische Kontakte haben sich vertieft: nach Prag und Pilsen, nach Einsiedeln, nach St. Wolfgang in Österreich, und sogar bis nach Ungarn.

Die Zahl der Gläubigen nimmt ab, auch die der Priester. Wo sehen Sie die Diözese Regensburg stehen, nachdem Sie diese vor bald zwölf Jahren anvertraut bekommen haben?

Was mich am meisten beunruhigt, ist ein Ergebnis der KMU 6 Studie, dass sich nämlich deutschlandweit die Zahl der Katholiken, die sich als betende Menschen bezeichnen, in den letzten 20 Jahren halbiert hat. Der Priestermangel ist insofern ein Symptom für einen Mangel an Glauben und Gottesbeziehung. Doch es gibt Hoffnungszeichen. Im Priesterseminar in Regensburg beginnen jetzt im Herbst sechs Priesteramtskandidaten für das Bistum mit dem Propädeutikum. Das duale System der Priesterausbildung, das wir in Bistum Regensburg eingeführt, einmalig in Deutschland bislang, scheint sich zu bewähren. Ziel ist, die künftigen Priester vom ersten Semester an ganz unmittelbar mit den veränderten pastoralen Gegebenheiten vertraut zu machen, und dass gleichzeitig in der Vorlesungszeit das Augenmerk ganz auf ein gründliches Theologiestudium gelegt werden kann.

Die Sorge um die Weitergabe des Glaubens wird den kirchlich Verantwortlichen besonders ans Herz gelegt. Wie gelingt die Weitergabe des Glaubens an Kinder und Jugendliche im Bistum?

Meine Erfahrung – und sie wird ja auch empirisch-wissenschaftlich bestätigt – ist, dass Eltern und Großeltern die wichtigsten Personen sind bei der Bezeugung und somit Weitergabe des Glaubens. Wo die Hauskirche (im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils) lebt, da lebt auch die Pfarrkirche und das kirchliche Leben in Caritas und Verkündigung.

Wie beobachten Sie die Bildung der Pfarreiengemeinschaften?

Die Pastorale Planung 2034 hat vielerorts Sorgen und Ängste geweckt. Ich bin sehr froh, dass die Unterstützungssysteme zur Entlastung der Priester von der Verwaltungsarbeit langsam ihre Wirkung entfalten. Und so beobachte ich auch, dass der ersten Aufregung nunmehr eine gewisse Gelassenheit und manchenorts sogar eine Aufbruchsstimmung gefolgt sind. Gut war, dass alle Gremien auf allen Ebenen echt synodal einbezogen waren, gehört wurden und sich einbringen konnten. Jetzt wird es darauf ankommen, die formale Planung auch geistlich zu begleiten und die Chancen, die sie birgt, auch zu nützen. An dieser Stelle möchte ich all den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Pastoral, im Schulunterricht und in der Kirchenmusik, aber auch in der Verwaltung herzlich danken für das verantwortungsvolle und vertrauensvolle Miteinander. Und ein ebenso herzlicher Dank geht an die vielen Frauen und Männer, die sich in den Kirchenverwaltungen und Pfarrgemeinderäten ehrenamtlich engagieren, in den Verbänden Verantwortung übernehmen, ihre Talente und Charismen einbringen in den verschiedenen Bereichen des kirchlichen Lebens als Mesner oder in den Besuchsdiensten usw., in der Evangelisierung und nicht zuletzt auch in der Vorbereitung auf das Amt der Katechisten und Katechistinnen.

Vertreter und Vertreterinnen von Verbänden in der Diözese Regensburg sind in wichtigen theologischen Fragen anderer Auffassung als Sie. Ihre Aufgabe ist es, Einheit zu verkörpern und zu leben. Sind die verschiedenen Auffassungen für Sie anstrengend?

Nicht nur bei einigen Verbandsvertretern, auch bei Mitarbeitern und im Klerus gibt es Gesprächsbedarf. Es wäre ja seltsam, wenn sich die gesamtkirchliche Lage nicht auch – wenigstens teilweise – im Bistum Regensburg abbilden würde. Mir ist wichtig, dass ich nicht eine private theologische Position einnehme, sondern in den wichtigen Fragen die Lehre der Kirche in Übereinstimmung mit Schrift und Tradition und in Einheit mit der Weltkirche vertrete. Dazu habe ich schon etliche Gespräche – einzeln und in Gremien – geführt. Ich stelle mich jeder Diskussion. Verschweigen will ich auch nicht, dass ich viel Zustimmung signalisiert bekomme, auch weit über das Bistum hinaus und aus der ganzen Welt. Aber es geht nicht ums Recht haben, sondern um die Einheit in den wichtigen Fragen des Glaubens, das sind die Fragen der Kirchenverfassung, der Sakramente und, immer zentraler, die Fragen des Menschenbildes, der Schöpfung des Menschen als Mann und Frau.

Immer wieder ermuntern Sie Laien, Weltchristen, sich in Politik und Gesellschaft zu engagieren. Der politische und gesellschaftliche Einfluss der katholischen Kirche in Deutschland geht zurück. Ist das im Gebiet der Diözese Regensburg anders?

Ich bin immer wieder überrascht, wie oft ich bei Begegnungen mit Abgeordneten, Landräten und Bürgermeistern von deren kirchlicher Sozialisation höre. Der Landrat von Regen ist sogar ein promovierter Theologe. Der Hinweis auf das Engagement der Christen in Politik, Wissenschaft, Kultur etc. im Sinne des „Laienapostolats“, als Weise der Nachfolge Christi ist eine der wichtigen Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils. Und in der gegenwärtigen, von Polarisierungen überschatteten Situation der Gesellschaft sind Frauen und Männer umso wichtiger, die auf der Basis der Soziallehre der katholischen Kirche politische Verantwortung übernehmen.

Stichwort Krippen, Heilige Gräber, Palmesel, Gebetsbildchen: Die Stützung des Glaubens der Menschen durch bewährte Möglichkeiten, den Glauben sichtbar und erfahrbar zu machen, ist Ihnen ein großes Anliegen. Welche Erfolge sehen Sie auf diesem Gebiet?

Die Kunst in all ihren Ausdrucksweisen ist nicht nur zum großen Teil Frucht des christlichen Glaubens, sondern auch Medium seiner Verkündigung. Deshalb legen wir im Bistum großen Wert auf die Kirchenmusik, unterstützen das Bauen und Renovieren von Orgeln mit 45 % Zuschuss. Kirchenmusikerinnen und –musiker, ausgebildet oftmals in unserer eigenen Kirchenmusikhochschule – die ehemaligen Domspatzen nicht zu vergessen!, haben auch eine pastorale Aufgabe. In der Regensburger Sonntagsbibel haben wir versucht, Kunst aus den Kirchen und Museen des Bistums als Hilfe zur Sonntagsheiligung einzubeziehen. Dankbar bin ich für die guten Kontakte zum Stadttheater. Der Dombezirk ist mit seiner Architektur ist ein erhebendes Zeugnis, wie so viele herrliche Kirchen im Bistum. In St. Ulrich liegt der Schwerpunkt auf der modernen christlichen Kunst. Und auch die religiöse Volkskunst spielt eine wichtige Rolle in der religiösen Alltagskultur. Auch ihr als Medium der Verkündigung Aufmerksamkeit zu schenken, sie zu kennen, zu pflegen, zu erschließen, ist mir ein großes Anliegen.

Sie sind ein bekannter Theologe. Bischof Hanke aus Eichstätt hat erst kürzlich Ihre theologischen Kompetenzen, auch mit Blick auf die deutschen Bischöfe insgesamt, sehr positiv hervorgehoben. Wo erfahren Sie die Theologie als besonders hilfreich, was Ihren Dienst als Bischof von Regensburg betrifft?

Verkündigung ohne begleitende theologische Reflexion kann ich mir nicht vorstellen. Vorbild ist mir hier Papst Benedikt XVI.

Wie hat sich in den vergangenen Jahren Ihr Verhältnis zur Fakultät für Katholische Theologie in Regensburg entwickelt?

Ich habe mich stark für die Theologische Fakultät eingesetzt dadurch, dass ich den Bestrebungen entgegengetreten bin, die Priesterausbildung auch in Bayern zu zentralisieren und aus Regensburg abzuziehen. Und die Theologischen Fakultäten sind an den Hochschulen grundsätzlich wichtig auch über die Priesterausbildung hinaus. Anlässlich der Berufungsverfahren zur Neubesetzung von Lehrstühlen habe ich nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, auf eine angemessene Priesterquote zu achten. Es gibt in allen Fächern nach wie vor hochqualifizierte Priester. Darüber bin ich mit der Fakultät und mit dem Präsidenten der Uni im guten Austausch.

Das Studium Rudolphinum ist eine bedeutende Stütze für den Priesternachwuchs in der Diözese. Wo sehen Sie das Studium Rudolphinum stehen?

Das Rudolphinum, nach seinem Gründer Bischof Rudolf Graber benannt, ist ein wichtiger Ort des Dritten Bildungsweges. Das von Prof. Binninger organisierte Theologiestudium für Priesteramtskandidaten aus Regensburg und Passau, die statt der allgemeinen Hochschulreife eine abgeschlossene Berufsausbildung haben, hat ein hohes Niveau und wird auch von zahlreichen Ordensgemeinschaften gerne in Anspruch genommen.

In der Tschechischen Republik hat es die katholische Kirche nicht leicht. Wie und worüber tauschen Sie sich mit den Bischöfen dort aus?

In Tschechien ist – nicht zuletzt (aber nicht nur) durch 40 Jahre Kommunistische Herrschaft – die Säkularisierung der Gesellschaft noch viel weiter fortgeschritten als bei uns. Auch die finanziellen Möglichkeiten der Kirche sind viel bescheidener. Und doch gibt es vielerorts blühendes kirchliches Leben. Wir tauschen uns aus über alle Nöte, aber auch die Freuden; gerade wir im Westen können viel lernen. Zum gegenseitigen Austausch kommt die Gemeinschaft bei gemeinsamen grenzüberschreitenden Wallfahrten und anderen Feiern, etwa Jubiläen oder Gedenktagen.

Welche Bedeutung hat für Sie die Ökumene als Bischof von Regensburg? Ist der Alltag der Ökumene mühsamer als gemeinsame Erklärungen auf überdiözesaner Ebene?

Die Kontakte zu den anderen Konfessionen mit dem Ziel, sich kennenzulernen (und nicht weiter zu entfremden) und die sichtbare Einheit wiederzuerlangen, gehen in zwei Richtungen. In Regensburg gibt es traditionell – vom früheren ostkirchlichen Institut unter Dr. Rauch her – eine besondere Verantwortung für die Kontakte zur Orthodoxie. Das von mir gegründete neue Ostkircheninstitut unter der Leitung von P. Dr. Schon macht im Hintergrund sehr gute Arbeit. Die Rahmenbedingungen haben sich natürlich seit 1989 grundlegend verändert. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ist gerade auch für die orthodoxe Welt eine Katastrophe. Es braucht da viel Diplomatie und Gebet. Näher liegen uns gewiss die Kontakte mit den Evangelischen. Hier war und bleibt meine Devise: möglichst viel von dem gemeinsam tun, was längst gemeinsam möglich ist, etwa das gemeinsame Zeugnis beim Marsch für das Leben, oder der ökumenische Krippenweg, heuer schon das 5. Mal in Regensburg. Und bei der Donausegnung nach orthodoxem Brauch am Fest der Taufe des Herrn sind dann ja immer alle beteiligt.

Wie werden Sie Ihren 65. Geburtstag begehen?

Mit einer Heiligen Messe zum Gedenktag des hl. John Henry Newman, mit einem dankbaren Gedenken an meine Eltern. Und ansonsten von mir her als normalen Arbeitstag.

Wo liegen Ihre Kraftquellen?

In der Feier der Liturgie, beim Lesen, beim Musikhören und beim Wandern.

Das Interview führte Dr. Veit Neumann, Katholische Sonntagszeitung im Bistum Regensburg.

 

Bischof Rudolf in Bildern

Unsere Bilder zeigen verschiedene Stationen und Ereignisse der letzten Jahre mit Bischof Rudolf Voderholzer.
Bildnachweis: Bistum Regenburg, Servizio Fotografico Vaticano, altrofoto.



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