News Bild Häftlinge in Straubings JVA geben Nikolaj Gogols „Revisor“
Häftlinge in Straubings JVA geben Nikolaj Gogols „Revisor“

Rollmops zum Frühstück

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Straubing, 7. November 2023.

Spannung und Konzentration waren buchstäblich großgeschrieben, als am Samstagabend nach bald vierjähriger Corona-Zwangspause die Häftlinge der Justizvollzugsanstalt Straubing (JVA) wieder zurück auf der Theaterbühne waren.

Christliche Barmherzigkeit

Unter den Ehrengästen war Bischof Dr. Rudolf Voderholzer, der zum wiederholten Male Schauspieler, Regisseur und die Verantwortlichen in der JVA mit seiner Anwesenheit erfreute. „Der christlichen Barmherzigkeit wird mit dem Besuch von Bischof Rudolf in der JVA großer Raum gegeben“, sagte Hans-Jürgen Ammansberger, der Anstaltsleiter der JVA Straubing und Passau bei der Begrüßung. Alle freuen sich auf die 44. Aufführung in 47 Jahren, sagte Anstaltsleiter Ammansberger. Die Theatergruppe setze sich aus „Alten und Neuen“ zusammen; einige haben bereits mehrfache Bühnenerfahrung, neue Mitglieder haben sich angeschlossen. Die neue Turnhalle würde nun ein perfektes Ambiente bieten. Sein Dank galt allen, die das Stück „werden“ ließen und zahlreiche Aufgaben übernommen haben, aber auch in guter Kameradschaft für Pausensnacks und die Sicherheit sorgten. 

„Bestechliche“ Rolle bravourös und stimmgewaltig

„Der Revisor“ hieß das Stück, das Regisseur Sebastian Goller ausgewählt hatte, aus der Feder von Nikolaj Gogol stammt und im Jahr 1836 in Sankt Petersburg uraufgeführt wurde. Einige Szenen waren gekürzt worden, aber die elf Laienschauspieler brillierten in ihren Rollen aufs Beste. Immer wieder gab es hellauf Lacher aus dem Publikum und auch der Szenenapplaus motivierte zwischendurch gut. Bei dem Stück ging es um Hochstapelei, es gab Lügen und Betrug, das Briefgeheimnis wurde verletzt und alle Gedanken und Planungen kreisten um einen „Revisor“, der in die Kleinstadt kommen sollte. Ob es sich um Straubing handelte, wurde nicht bestätigt: Aber welche schönere Stadt würde sonst zwischen München und dem bayerischen Wald liegen? Der Darsteller des Bürgermeisters stand schon mehrmals auf der JVA-Theater-Bühne und er spielte seine „bestechliche“ Rolle bravourös und stimmgewaltig. „Herr, sei uns Sündern gnädig“ flehte er ob der Ankündigung des inkognito reisenden Revisors.

Tölpelhafter Schuldirektor

Gemeinsam mit dem Klinikchef und dem tölpelhaften Schuldirektor, mit zwei Polizeibeamten, dem Postboten und weiteren Darstellern wird geplant, wie man so manches verschleiern könnte. Ein Gast im Wirtshaus bekommt die Situation „spitz“ und lässt sich liebend gerne von jedem Stadtbewohner ein paar Scheine zustecken. Erst als er einem befreundeten Journalisten seine „Glückssträhne“ per Brief mitteilt, fliegt er auf, weil der sonst eher verträumte Postbote allzu neugierig ist. Die Dialoge hatten es in sich. Da gab es kleine Witzchen oder auch manches zum Lachen.

„Nein! Doch! Ohh!“

„Nein! Doch! Ohh!“ Das erinnerte an Louis de Funés. Und nach der Pause erklang die Paulchen Panther-Dektektivmelodie. „Lauf schnell und hol mir meinen neuen Hut“, sagte der Bürgermeister zum Polizisten. Der ihn dann ganz erstaunt fragte: „Schnell? Ich bin ein Beamter.“ Dass hier die Lacher auf der Seite des Polizisten erklangen, war eh klar. Oder als der Bürgermeister laut darüber nachsinnierte, wo es denn Korruption bei ihm geben könnte und er dann lakonisch meinte: „Ich nehme höchstens mal Theaterkarten an.“ So kleine Schmankerln für zwischendurch waren auch das gemeinsame Summen aller Darsteller der Melodie vom „Hänschen klein, ging allein“ und die Tatsache, dass es Rollmops zum Frühstück gab. Zahlreiche „Angeber-Sprüche“ kamen vom vermeintlichen Revisor, der als „bedeutende Persönlichkeit“ schnell sichtlich beeindruckte. Er genoss hervorragende Gastfreundschaft und verschaffte sich als exzellenter Sprücheklopfer Ansehen und Ehre. Allerdings stellte der Bürgermeister schon auch fest: „Ohne Lügen kann man doch gar keine gscheiden Geschichten erzählen.“

Bereits über alle Berge

Als der ganze Schwindel auffliegt, war der falsche Revisor bereits über alle Berge und der echte Revisor brauchte nur noch stumm auf die Bühne zu kommen. „Schaut alle her, die ganze Christenheit, die ganze Welt, wie man den Bürgermeister zum Gespött gemacht hat“, klagte der Bürgermeister in seiner unnachahmlichen Art. Mimik und Körpersprache gaben bei diesem Stück das Ihre dazu. Der große Applaus für die Laienschauspielgruppe war mehr als verdient.

Gespräch mit den Schauspielern

Bischof Rudolf fand gemeinsam mit dem Präsidenten des Oberlandesgericht Dr. Hans-Joachim Heßler, Christian Gessenharter von der Justizvollzugsakademie, Bürgermeister Dr. Albert Solleder oder auch Regierungsdirektor Hans-Jürgen Ammansberger das Gespräch mit den Schauspielern. Hier gab es neben lobenden Worten auch Erinnerungen an vorangegangene Rollen. Dies erfreute die Laienschauspieler sichtlich. Viele Monate intensiver Arbeit hatten sich gelohnt. 200 Zuschauer freuten sich über das Spiel, das auch noch am 22. und 12. sowie am 18. und 19. November 2023 weitere Male aufgeführt wird.

Text und Bilder: Irmgard Hilmer

 



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