News Bild Faust der Beschleuniger im Akademischen Forum: eine sehr gelungene Transponierung von klassischer Existenzerhellung

Faust der Beschleuniger im Akademischen Forum: eine sehr gelungene Transponierung von klassischer Existenzerhellung

Home / News

Goethes „Faust“ ist eines der deutschesten Werke überhaupt: Fragen werden erhoben, bearbeitet und mehr oder weniger gelöst, die in den Grund der Dinge führen – übrigens auch in die Geschichte selbst, aber auch in die Zukunft und, derzeit hochinteressant, in das Problem, was unser sogenanntes modernes Leben ausmacht. Gewiss wusste Johann Wolfgang von Goethe nicht, welches Leben wir Heutigen haben würden. Aber sein „Faust“ entstand in der Zeitspanne von 60 Jahren, als die alte europäische Welt verschwand und sich viel von dem abzeichnete, was bis heute das Leben bestimmt: Unruhe, Bewegung, die Faszination am Prozess und der Grundsatz, vor allem und erst einmal möglichst zu negieren. Kein Wunder, dass wesentliche Linien seines epochalen Werkes diese Konflikte ausspannen und vorstellen. Allerdings nimmt Goethe, bei all seiner Sympathie für die Tendenzen, die ihn umgaben, keinesfalls Partei: weder für Altes noch für Neues. Sondern er bricht und ironisiert das menschliche Streben. Die Problematik des modern-menschlichen Lebens der Rastlosigkeit scheint im Pakt zwischen Mephisto und Heinrich Faust auf, der nicht beim schönen Augenblick verweilen darf („Du bist so schön“). Erst als der Mensch den Menschen geschaffen hat, ist ihm danach zu bleiben und betrachtend zu verweilen: aber da ist es doch schon zu spät. Ironie der Moderne: Der Mensch ist, auch wenn er sich selbst schafft, für Tod und Erde bestimmt. So sinkt er dahin und geht unter.

Diese gewaltige, zeitdeutende und grundstürzende, wenn auch nicht sonderlich schwierig nachzuvollziehende Botschaft, ein erhebliches ideologisches Element in Goethens Tragödie „Faust“ (die allerdings als Tragikomödie bei der in Frage stehenden Veranstaltung vorgestellt wurde), diese Botschaft also war Leitmotiv der hochkarätigen Veranstaltung des Akademischen Forums Albertus Magnus, die am Dienstagabend im Haus der Musik am Regensburger Bismarckplatz stattgefunden hat. Bischof Dr. Rudolf Voderholzer war gekommen, und mit ihm waren es den ausverkauften Saal füllende 70 Personen.

Das Problem der Thematisierung von Moderne im „Faust“ besprach PD Dr. Michael Jaeger, indem er als Gelehrter Literaturwissenschaft und Weltanschauung auf klassische deutsche Art verschmolz und zum Vortrag brachte, was dem Akademischen Forum zu sehr hoher Ehre gereichte. Prof. Dr. Sigmund Bonk hatte zunächst umfassend das Thema aufgerissen, indem er auf formenmusikalische Überlegungen einging.

Da war der Weg bereits gebahnt zur Aufführung zur Franz Lisztens „Mignon“ durch Christine Lindermeier von der Hochschule für katholische Kirchenmusik Regensburg sowie zu seinem „4. Mephisto-Walzer“. In gewisser Ironisierung des modernen Prinzips der Unruhe folgten nun diverse Medien aufeinander, um „Faust“ an diesem Abend zu verorten: der in Regensburg gedrehte Kurzfilm „Episode 3“ aus der Internetserie „Faust – ein zeitloser Mythos“ von Angelika Weber; sowie Puppenspiel. Puppenspieler Thomas Glasmeyer aus Würzburg brachte „Faust“ kurios-komisch, auf hohem sprachlichem Niveau mit Figuren zur Geltung. Erkenntnis: Faust lässt sich demnach aus vielen Formen, wie Goethe sie erdacht hatte, lösen und ins Heute transponieren. Allein das menschliche Problem bleibt. Das Akademische Forum jedoch hat damit gezeigt, wie solche ergiebigen Wirklichkeitsbetrachtungen: wissenschaftlich und künstlerisch weiterführen und uns aktualisierte Einblicke in unser Sein, in unsere Existenz geben – bald 200 Jahre nach dem Ende des Wirkens des ironisch-klassischen Meisters, der also mit der katholischen Sphäre in Berührung gebracht wurde, um ihn fruchtbar zu machen. Prädikat: zuhöchst empfehlenswert.



Nachrichten