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Ein Blick in die Kirchengeschichte – Teil 6

Die Konzilien der frühen Kirche

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Regensburg, 4. Mai 2023

In unserer Themenreihe zur Kirchengeschichte geht es heute um die Lehre der Kirche über Jesus Christus und die Frage nach dem Verhältnis zwischen Vater und Sohn.

Die Christen der ersten Jahrhunderte standen theologisch vor mehreren drängenden Fragen. Die wohl schwierigste: Wer war Jesus Christus? Auf der einen Seite steht der strenge Monotheismus: Es gibt nur einen Gott, es kann nicht mehrere Götter geben. Auf der anderen Seite steht das Bekenntnis zu Jesus Christus als dem Sohn Gottes. Wie können diese beiden Grundsätze zusammengedacht werden? Verletzt nicht das Bekenntnis zu Jesus als Sohn Gottes den strengen Monotheismus, weil dann neben Gott als Vater noch ein weiterer Gott gedacht werden müsste?

Die frühen Irrlehren

Die Lehre der Kirche über Jesus Christus – die „Christologie“ – entwickelte sich in den ersten Jahrhunderten vor allem in der Auseinandersetzung mit mehreren häretischen Strömungen, die ihrerseits die Frage nach der Gottheit Jesu Christi zu beantworten versuchten. Mit der Frage nach dem Verhältnis von Vater und Sohn war die Trinitätslehre als ein Kern christlichen Glaubens betroffen. Eine erste dieser häretischen Gruppen waren die sogenannten Adoptianer: Sie sahen in Jesus Christus einen Menschen, der in seiner Taufe von Gott als Sohn angenommen, „adoptiert“ wurde. Auf diese Weise konnten sie sich zu Jesus als Gottes Sohn bekennen und mussten den Monotheismus nicht verletzen – um den Preis natürlich, in Jesus nur einen Menschen zu sehen. Ganz anders die Modalisten: Sie sahen in dem am Kreuz leidenden Jesus nur eine Erscheinungsform des einen Gottes. Der eine Gott tritt demnach in der Geschichte unterschiedlich in Erscheinung: Als Vater, als Sohn, als Geist. Es handelt sich aber immer um den einen Gott. Letztlich musste diese Denkströmung allerdings die Menschheit Jesu leugnen. Eine dritte bedeutende Strömung war die der Subordinationisten. Sie verstanden Jesus und den Heiligen Geist als göttlich, dachten das Verhältnis aber als untergeordnet: Der Sohn ist dem Vater untergeordnet, der Geist wiederum dem Sohn.

Vater und Sohn: Wesensgleich oder nur ähnlich?

Diese letzte Lehre wurde ganz besonders von Arius vertreten. Dieser Theologe unterschied Jesus – den „Logos“ – streng von Gott. Damit leugnete er die Gottheit Jesu Christi. Dieser gedankliche Schritt machte ein erstes Konzil erforderlich, das 325 in Nizäa stattfand. Dort einigten sich die Konzilsväter auf die Formulierung, Jesus sei „eines Wesens“, „wesensgleich“ mit dem Vater. Das Glaubensbekenntnis dieses Konzils wurde später auf einem Konzil in Konstantinopel noch ergänzt: Das „nizäno-konstantinopolitanische“ Glaubensbekenntnis ist heute auch unter der Bezeichnung „großes Glaubensbekenntnis“ bekannt. Der hier geschlossene theologische Friede dauerte aber nicht lange an. Einerseits wurden Arius und ihm folgende Bischöfe teilweise wieder rehabilitiert; es kam erneut zu Auseinandersetzungen. Ein anderer Grund lag aber in der vom Konzil genutzten Formulierung. Was bedeutet es denn, dass Vater und Sohn „wesensgleich“ sind? Das griechische Wort hierfür – „homousios“ – stand im Mittelpunkt der Diskussion und wurde teilweise uminterpretiert in „homoios“ – „ähnlich“. Ein kleines Wort macht einen großen Unterschied aus: Sind nun Vater und Sohn gleichen Wesens oder sind sie einander nur ähnlich? 381 folgte daher das Konzil von Konstantinopel, auf dem die Lehre der Kirche gegen Arius und seine Mitstreiter erneut verteidigt wurde.

Die zwei Naturen Jesu

Die theologische Debatte verlagerte sich nun. Wenn Jesus wahrer Mensch und wahrer Gott ist: Wie kann das zusammengedacht werden? Wie verbinden sich diese beide Naturen in Jesus von Nazareth? Abermals entbrannte der Streit an einer Formulierung. Was war Maria, die Mutter Jesu? War sie „Gottesgebärerin“ oder, wie der Theologe Nestorius lehrte, nur „Christusgebärerin“, weil sie doch einen Menschen und nicht Gott auf die Welt gebracht hatte? Das Konzil von Ephesus 431 klärte die Frage: Maria ist Gottesgebärerin, Nestorius und seine Anhänger wurden verurteilt. Damit war aber wiederum noch nicht jedes Problem ausgeräumt. Die Frage nach den beiden Naturen Jesu barg weitere Gefahren: Mit dem Theologen Nestorius konnte man eine strikte Trennung behaupten – sodass in Jesus die göttliche Natur und die menschliche Natur gewissermaßen isoliert nebeneinander bestanden. Man konnte aber mit anderen Theologen auch eine so enge Verschmelzung der beiden Naturen behaupten, dass letztlich das Menschsein Jesu in seinem Gottsein unterzugehen drohte. Das Konzil von Chalzedon lehrte daher 451: Jesus ist wahrer Mensch und wahrer Gott; diese beiden Naturen bestehen ungetrennt und unvermischt miteinander.

Welchen Willen hatte Jesus?

Nach dem fünften ökumenischen Konzil von Konstantinopel 553 folgte ein weiteres Konzil in Konstantinopel von 680 bis 681.  Abermals stand die Frage nach dem Wesen Jesu im Mittelpunkt. Nachdem die Frage nach dem Verhältnis von göttlicher und menschlicher Natur geklärt war, drehte sich die Debatte nun um den Willen Jesu. Was wollte Jesus? War sein Willen göttlich oder menschlich? Und abermals: Wie standen diese beiden Willen zueinander? Der „Monotheletismus“ vertrat, Jesus habe nur einen einzigen Willen gehabt; damit griff diese Lehre wieder die Frage auf, wie Gottsein und Menschsein zusammengedacht werden konnten. Das Konzil von Konstantinopel verurteilte diese Lehre. Zwei weitere Konzilien folgten im ersten Jahrtausende 787 in Nizäa, 869/870 in Konstantinopel.

Damit waren die entscheidenden Weichen für die Lehre der Kirche gestellt. Diese großen Konzilien zeigen einerseits noch die Einheit von Ostkirche und Westkirche. Alle diese Konzilien fanden im Osten statt und betonen damit die große Rolle der östlichen Theologie und ihren Einfluss auch auf die lateinische Kirche. Sie zeugen vom beständigen Ringen um den wahren Glauben, der sich gerade durch die auftretenden Häresien immer weiter herausbilden konnte.

Text: Benedikt Bögle

(kw)



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