Rembrandt: Die Darstellung Jesu im Tempel

Durch das Kirchenjahr: Der Blog zum Sonntagsevangelium

Meine Augen haben das Heil gesehen


Regensburg, 1. Februar 2025

Die Lesung für den kommenden Sonntag behandelt die Darstellung des Herrn im Tempel. Es ist die Szene, in der der greise Simeon im Jesuskind den Heiland erkennt. Darauf bezieht sich der Apostel Paulus in seinem Hebräerbrief, und der Text für den kommenden Sonntag, der zugleich ein Kirchenfst ist, steht im zweiten Kapitel. Es sind die Verse 11 und 12 sowie 13c bis 18.

Darstellung des Herrn C – Hebräerbrief 2, 11 – 12 und 13c – 18

11Er, der heiligt, und sie, die geheiligt werden, stammen alle aus Einem; darum schämt er sich nicht, sie Brüder zu nennen 12und zu sagen: Ich will deinen Namen meinen Brüdern verkünden, inmitten der Gemeinde dich preisen; 13cund ferner: Siehe, ich und die Kinder, die Gott mir geschenkt hat. 14Da nun die Kinder von Fleisch und Blut sind, hat auch er in gleicher Weise daran Anteil genommen, um durch den Tod den zu entmachten, der die Gewalt über den Tod hat, nämlich den Teufel, 15und um die zu befreien, die durch die Furcht vor dem Tod ihr Leben lang der Knechtschaft verfallen waren. 16Denn er nimmt sich keineswegs der Engel an, sondern der Nachkommen Abrahams nimmt er sich an. 17Darum musste er in allem seinen Brüdern gleich sein, um ein barmherziger und treuer Hohepriester vor Gott zu sein und die Sünden des Volkes zu sühnen. 18Denn da er gelitten hat und selbst in Versuchung geführt wurde, kann er denen helfen, die in Versuchung geführt werden.“

Am Fest der Darstellung des Herrn feiert die Kirche eine letzte Begebenheit aus der Kindheit Jesu: Seine Darstellung im Tempel in Jerusalem. Der Evangelist Lukas berichtet, dass Maria und Joseph Jesus nach Jerusalem brachten, um ihn „dem Herrn darzustellen, wie im Gesetz des Herrn des geschrieben ist: Jede männliche Erstgeburt soll dem Herrn heilig genannt werden.“ (Lukas 2,22-23). Einmal mehr verbindet sich in der Geburt Jesu das Gewöhnliche mit dem Außergewöhnlichen: Jesus wird wie jeder Mensch nach neun Monaten der Schwangerschaft geboren. Wie alle Kinder wird Jesus in Windeln gewickelt (vgl. Lk 2,7). Und doch ist dieses Kind besonders: Jesus ist der Sohn des allmächtigen Gottes, vom Heiligen Geist gezeugt (vgl. Lk 1,35). Er wird nicht zuhause geboren, sondern in einem Stall in Bethlehem – dem Ort, der ihn mit dem großen König David verbindet. Bei der Darstellung Jesu im Tempel zeigt sich, dass hier der Herr selbst in sein Heiligtum kommt: Simeon und Hanna erkennen seine Herkunft und seine Sendung. Simeon prophezeit: „Siehe, dieser ist dazu bestimmt, dass in Israel viele zu Fall kommen und aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird“ (Lk 2,34).

Durch die erste Lesung aus dem Hebräerbrief deutet die Kirche diese Darstellung Jesu im Tempel. Christus hat durch sein Leiden und Sterben die Menschheit erlöst: Jesus ist „der Mittler eines neuen Bundes; sein Tod hat die Erlösung von den im ersten Bund begangenen Übertretungen bewirkt“ (Hebr 9,15). Der Hebräerbrief zeichnet Christus durchgängig als den Sohn Gottes, als Abglanz von Gottes Herrlichkeit und Abbild seines Wesens (vgl. Hebr 1,3). Und gleichzeitig versteht der Hebräerbrief Christus als den Erlöser, der mit der Menschheit mitfühlen kann: Er wurde wie wir versucht (vgl. Hebr 4,15) und wurde gerade durch sein Leiden zum „Urheber des ewigen Heils“ (Hebr 5,9).

Dieses Verständnis drückt auch der heutige Text der zweiten Lesung aus: Christus will uns befreien – uns, die wir unter der Gewalt von Sünde und Tod stehen. Durch die Furcht vor dem Tod sind wir unser „Leben lang der Knechtschaft verfallen“. Jesus aber zerbricht den Kreislauf der Sünde, zerschmettert die Macht des Todes und führt uns zur wahren Freiheit. Jesus wird aus freiem Willen Mensch, nimmt sich nicht mehr der Engel an, sondern will uns erlösen – uns Menschen, die „Nachkommen Abrahams“. Er wurde uns ähnlich, nahm unser Schicksal auf seine Schultern: „Denn da er gelitten hat und selbst in Versuchung geführt wurde, kann er denen helfen, die in Versuchung geführt werden.“

Das ist das Geheimnis des Kreuzes: Dass der Urheber des Lebens selbst den Tod auf sich nimmt, seiner eigenen Schöpfung ähnlich werden will und gerade dadurch die Macht des Todes zerstört. Dieses Geheimnis leuchtet uns bereits im Fest der Darstellung des Herrn auf: Wie alle Kinder wird Jesus im Tempel dargebracht, der Sohn Gottes beugt sich selbst unter Gottes Gebot. In diesem Moment klingt bereits die Bitterkeit des Kreuzes an. Der greise Simeon erkennt, was der Menschheit durch dieses kleine Kind zuteilwerden soll: „Denn meine Augen haben das Heil gesehen, dass du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet und Herrlichkeit für dein Volk Israel.“ (Lk 2,30-32).

Text: Benedikt Bögle

(sig)



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