
Digitalisierung und Medien: Interview mit Fachstellenleiterin Tanja Köglmeier
Wie gelingt Seelsorge in einer digitalen Welt?
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ChatGPT ist zurzeit in aller Munde. Welche Erfahrungen haben Sie selbst schon gemacht, wie sich die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenzen etwa in der Seelsorge oder Bildung auswirkt?
Nicht nur ChatGPT, sondern auch diverse weitere Anwendungen, die z.B. Bilder in Text übersetzen, Übersetzungstools, Video-KI und vieles mehr ist derzeit im Gespräch. Genau mit diesen Tools – ich nenn sie „große Sprachmodelle“ – habe ich auch bereits experimentiert. In der Bildung ist es aus meiner Sicht deshalb wichtig, schnell Angebote zu schaffen, in denen Teilnehmende zu mündigen Nutzerinnen und Nutzern von KI-Tools werden und sich gewappnet sehen im Umgang mit diesen, denn dieser wird zukünftig kaum zu vermeiden sein. Dazu gehört für mich neben einem grundlegenden Wissen über KI auch ein kritischer Umgang mit Quellen, um Fake News, wie z.B. den Balenciaga-Papstmantel, von wahren Nachrichten unterscheiden zu können.
Bildung und Seelsorge müssen sich darüber hinaus Gedanken machen, wie gute Bildungsangebote, gute Lernprozesse, gute Seelsorgegespräche und gute Gottesdienste in einer Welt mit KI-Tools aussehen können. Künstliche Intelligenz sollte so genutzt werden, dass sie uns hilft, die Qualität der Angebote rund um Glaube und Bildung zu verbessern und nicht, um Angebote eins zu eins zu ersetzen. Das betrifft den Religionsunterricht genauso wie die Erwachsenenbildung, wo Lernprozesse mehr sein müssen als bloßes Fakten-Wiedergeben. Das betrifft die Seelsorge, die sich auf den Menschen einstellen muss, um anzukommen. Und die, um anzukommen, eben vielleicht auch KI als Instrument nutzt, aber sich nicht auf sie im Gesamten verlässt.
Welche Risiken ergeben sich Ihrer Meinung nach für die Kirche und ihren Auftrag daraus, dass teilweise nicht mehr kontrollierbar ist, was eine KI produziert und im Internet verbreitet?
Hinter jeder KI stehen immer noch Menschen. Anders als ein Mensch verfolgt eine KI keine Absicht mit ihren Handlungen, sondern sie produziert aufgrund von Wahrscheinlichkeiten und Kausalketten Ergebnisse, die der gestellten Frage oder Aufgabe von der Wahrscheinlichkeit am ehesten entsprechen. Die Intelligenz von Mensch und Maschine unterscheidet sich demnach erheblich, denn zu einem Menschen gehören auch ein ethisches Bewusstsein, Empathie, Gefühle und Erfahrungen, die eine Maschine zwar nach Wahrscheinlichkeiten in großen Datensätzen modellieren kann, die aber nicht eins zu eins abbildbar sind. Dementsprechend würde ich die Gleichsetzung von Mensch und Maschine, wie sie derzeit oft – alleine schon durch die Namensgebung von „Intelligenz“ – passiert, als Risiko für die Kirche und ihre Verkündigung sehen. Der Mensch als Teil von Gottes Schöpfung muss im Mittelpunkt der kirchlichen Aufmerksamkeit bleiben. Seelsorge, die nicht nah am Menschen ist, sondern sich von KI vertreten lässt, ist für mich nicht denkbar.
Dementsprechend ist es eine Herausforderung zu entscheiden, wo KI in der Kirche zum Einsatz kommen kann und wo sie besser nicht zum Einsatz kommen sollte. Aus meiner Sicht ergibt sich so der Anspruch an Kirche, dass sie besser, empathischer, menschenzugewandter und zielgruppenorientierter sein muss, als eine KI es kann. Nur so kann der Auftrag, das Weitertragen der Botschaft Christi, von ihr erfüllt werden. Nur so kommt sie noch bei den Menschen mit ihrer Botschaft an.
Fortschritt hat meistens zwei Seiten: Wo sehen Sie Chancen und Möglichkeiten der Entwicklung?
Die KI-Technologie macht bereits seit Jahren rasante Fortschritte und erst in der letzten Zeit wurde sie für uns Laien zugänglich. Ich finde, diese unglaubliche Leistung ist nicht hoch genug zu schätzen, da sie viele Vorteile mit sich bringt: So kann KI nicht nur für einen Chat oder das Verändern von Bildern genutzt werden, sie wird auch Fortschritte in Inklusion, Medizin, Verkehr, Landwirtschaft und noch vielen weiteren Bereichen mit sich bringen, die wir in ihrer Größe bisher nicht einschätzen können. KI kann dafür sorgen, dass neue Medikamente entwickelt werden aus Stoffen, die in ihrer Kombination bisher nicht mit einer bestimmten Wirkung in Verbindung gebracht wurden. Im Verkehr kann sie Staus und Unfälle verhindern, in der Landwirtschaft dafür sorgen, dass Ernten in von Hungersnöten betroffenen Regionen größer ausfallen. Dementsprechend würde ich sagen: Chancen und Möglichkeiten bietet die künstliche Intelligenz also viele. Wie sie genutzt werden, liegt an uns Menschen. Als Kirche, als Christinnen und Christen, müssen wir uns dafür einsetzen, diesen Entwicklungen und nicht den Fehlern der KIs den Weg zu ebnen. So kann sie uns auf dem Weg zu einem menschenwürdigen Leben für möglichst viele Menschen unterstützen.
Ob und wie uns KI in unserem persönlichen Glaubensweg und auf unserer eigenen Suche nach Gott unterstützen kann, werden wir sehen. Bisher verweist ChatGPT auf das Lesen der Bibel und auf die Kirche als Ansprechperson, wenn man fragt, wie man Gott finde. Seelsorgerinnen und Seelsorger sind also auf alle Fälle nach wie vor gefragt und unverzichtbar.
Interview: Katharina Winterlich

Tanja Köglmeier leitet die Fachstelle Medien und Digitales im Bistum.
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