News Bild „Demenzkranke sind Menschen wie wir. Sie benötigen unsere wertschätzende Fürsorge“ – Ein Gespräch mit Bartholomäus Meister

„Demenzkranke sind Menschen wie wir. Sie benötigen unsere wertschätzende Fürsorge“ – Ein Gespräch mit Bartholomäus Meister

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Bartholomäus Meister wirkte über 20 Jahre lang als Referent für Altenseelsorge im Bistum Regensburg. Heute engagiert er sich ehrenamtlich in der Seniorenbildung bei der Katholischen Erwachsenenbildung im Bistum in der Pastoral und Bildungsarbeit. "Ich versuche auf diesem Weg meine im Beruf erworbenen Erfahrungen als "Jungsenior" zur Verfügung zu stellen und Brücken zu bauen zwischen den verschiedenen Zielgruppen und Generationen, um Lebensqualität vor Ort zu erhalten", so Meister. Ein besonderes Anliegen ist ihm dabei die Sorge um an Demenz erkrankten Menschen.

 

DEMENZ - Kranke sind bis zuletzt über die Gefühlswelt zugänglich

Der Begriff "Demenz" ist ein Oberbegriff für eine Gruppe von gehirnorganischen Erkrankungen, die im Verhalten je nach der Form Unterschied aufweisen. Am Bekanntesten und zugleich am häufigsten auftretend ist die "Alzheimer-Demenz". Eine Demenz ist nicht heilbar und macht zwangsläufig hilfsbedürftig und abhängig. Wenn auch die Steuerung durch Verstand und Vernunft immer mehr abnimmt, bleiben an Demenz Erkrankte über die Gefühlswelt bis zuletzt zugänglich. Der Verlauf und die Symptomatik einer Demenz sind durch Medikamente und präventive Maßnahmen beeinflussbar, weil sich so die Entwicklung verlangsamen lässt. Dazu braucht es aber Rahmenbedingungen in den Kommunen wie engagierte Personen, die zum Erhalt der Lebensqualität der Erkrankten und der Angehörigen beitragen. Hier setzt auch die Arbeit von Bartholomäus Meister an:

"Demenzkranke sind Menschen wie wir, aber sie leben in ihrer Welt und benötigen unsere wertschätzende Fürsorge. Es gilt ihre Bedürfnisse - sie ähneln denen von Menschen ohne Demenz - wahrzunehmen und Angebote zu organisieren, die eine Teilhabe am Leben für an Demenz erkrankte Personen ermöglichen und zur Entlastung von pflegenden Angehörigen beitragen. Hier ergibt sich eine Schnittstelle zwischen pastoralen und kommunalpolitischen Verpflichtungen", erklärt Meister.

 

Kranke nicht abschotten - Ehrenamtliche qualifizieren

Aus finanziellen und personellen Gründen wird dazu eine verstärkte Zusammenarbeit von kommunalen und kirchlichen Gremien nötig werden, um den Zielvorgaben einer "sorgenden Gemeinde" laut 7. Altenplan und der Pastoralkonstitution "Gaudium et spes" gerecht zu werden, wo es ja heißt "Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi", betont Meister und führt weiter aus: Es gilt unter anderem: Informationen über die Krankheit und Hilfsangebote zu streuen, Bewusstsein zu schaffen für eine Teilhabe am Leben der Gesellschaft und die Erkrankten nicht abzuschotten, Ehrenamtliche zu qualifizieren für den Einsatz in Familien und entlastenden Diensten, niedrigschwellige Angebote in den Pfarreien aufzubauen, d.h. Betreuungsformen zu schaffen, die vorhandene Ressourcen und Lebensfreude stärken, diakonische Pastoral umzusetzen und in Fortbildungen die hauptamtlichen Mitarbeiter zu schulen sowie Treffpunkte zum Erfahrungsaustausch zu organisieren mit fachkundigen Kooperationspartnern.

 

Wo kann und muss die katholische Kirche in ihrer Arbeit ansetzen?

Eine besondere Hilfe kann geleistet werden, erklärt der ehemalige Leiter der Fachstelle Altenseelsorge, wenn die katholische Kirche Ihre in der Taufe übernommene Verpflichtung auch an Demenz erkrankten Mitgliedern umsetzt und hilft gesellschaftlich bedingte Lebenssituationen zu beseitigen, indem sie diesen Personenkreis als wertvoll anerkennt und einen Erfahrungsraum der Liebe für ihn bereitstellt. Die Kirche muss der Würde des Menschen Platz einräumen, indem sie die Situation Betroffener wie Angehöriger in der Gemeinde entdeckt und Lebenshilfe aus dem Glauben bietet. Das wird in der Praxis leider noch oft vernachlässigt, bedauert Bartholomäus Meister: "Der spirituelle Bereich in den Pfarreien bietet viele Handlungsmöglichkeiten in Form von speziellen Gottesdiensten, Andachten, Wallfahrten, Gesprächsrunden, entlastenden Angebote, und vieles mehr. Für Betroffene und die pflegenden Angehörigen wie die hauptamtlichen Pflegekräfte in den ambulanten wie stationären Einrichtungen vor Ort müssen dauerhaft Ansprechpartner für religiöse Fragen zur Verfügung stehen!"

 

Vorträge, Helferkreise, Gesprächsgruppen und Hilfen zur Alltagsbewältigung

Im Bereich Seniorenbildung hat die KEB Regensburg-Land seit 2013 in Dekanatskonferenzen wie in Kommunen/Pfarreien das Thema Demenz bewusst aufgegriffen und in der Öffentlichkeit publiziert mit dem Ziel zu einer Bewusstseinsänderung beizutragen. Dazu gehören: Informationsveranstaltungen, Qualifizierung von rund 120 ehrenamtlichen Demenzhelfern/innen, Mitgestaltung des Helferkreises "Auszeit" im Landratsamt Regensburg, Bemühungen um den Aufbau einer "Lokalen Allianz für Menschen mit Demenz" in Pfarrgemeinden, ein jährlicher Demenzfachtag unter dem Leitgedanken "demenzfreundliche Gemeinde", Wortgottesdienst-Angebote, Vorträge zur Situation pflegender Angehöriger oder auch Hilfen zur Alltagsbewältigung wie beispielsweise Aroma-Pflegenachmittag, ambulante Demenz-WG, Aufbau und Gestaltung von "MAKS"-Gruppen (Anmerkung: M steht für motorische, A für alltagspraktische, K für kognitive und S für spirituelle Aktivierungstherapie für von Gedächtnisstörungen betroffene Menschen).

 

Pläne für die Zukunft: Das Miteinander der Generationen fördern

Um den an Demenz erkrankten Menschen und deren Angehörigen effektive Unterstützung anbieten zu können, müssen in naher Zukunft u. a. Kooperationspartner vor Ort gewonnen werden, die bereit sind örtliche Entlastungsdienste zu gewährleisten, betont Bartholomäus Meister: "Wir müssen ein Netzwerk aufbauen für die Beratung und Unterstützung von Betroffenen und deren Angehörigen im Rahmen der Lokalen Allianz für Menschen mit Demenz. Kommunen und Pfarreien müssen sich zum Wohl aller Bürger stärker vernetzen und das Miteinander der Generationen fördern". Meister sieht aber auch Nachholbedarf: Die Verbände müssen stärker einbezogen werden. Örtliche Verantwortliche müssen finanziell ausgestattet werden, qualifizierte Helfer müssen gewonnen und gefördert werden. Aber auch Arbeitsmaterialien für Gottesdienste und spirituelle Angebote für ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter müssen in den Blick genommen werden. "Es wird darauf ankommen viele Kooperationspartner ins Boot zu holen. Aus dem kommunalen wie pfarrlichen Bereich sind Verantwortungsträger wie Ehrenamtliche nötig, um überhaupt Zugang zu bekommen zum betroffenen Personenkreis, aber auch um konkrete Angebote zeitlich begrenzt vor Ort installieren zu können", so das Resumee des ehrenamtlich Engagierten.



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