Regensburg, 15. März 2024
Überall in Altbayern werden am Palmsonntag in den katholischen Kirchen die Palmbüschel geweiht. Seit dem 8. Jahrhundert ist die kirchliche Segnung der Palmzweige, Palmbuschen oder Palmstecken bekannt.
Nach altem Brauch werden die Palmbuschen aus Weidenkätzchen, aber auch aus Buchsbaum, Immergrün oder Wacholder und Stechpalmen gebunden. Schon von Pfarrei zu Pfarrei kann das Aussehen der Palmgerten unterschiedlich sein – vom einfachen Palmsträußchen bis hin zu meterhohen Palmstecken.
Driesel für den Pfarrer
Besonders begehrt waren in der nördlichen Oberpfalz früher die „Driesel“. Solch ein Weidenzweig mit drei natürlichen Ausläufern galt als Sinnbild für die Dreifaltigkeit Gottes. In manchen Orten standen solche „Driesel“ allein dem Pfarrer zu.
So vielfältig wie das Erscheinungsbild der Palmzweigerl ist auch der Verwendungszweck der geweihten Buschen. Noch heute werden die Palmbüschel hinter das Kreuz im Herrgottswinkel gesteckt. Hier sollen sie Haus und Hof vor Unheil schützen. Nur noch selten dagegen werden die geweihten Zweige unter das Dach gehängt oder hinter einen Dachsparren gesteckt. Nach altem Glauben sollte so das Haus vor Blitzschlag bewahrt werden. In einigen Gegenden tragen die Bauern einen geweihten Palmzweig auf das Feld, mancherorts werden Kreuze aus Palmzweigen in alle vier Feldecken gesetzt. Auch an Feldkreuze und auf Gräber bringen die Gläubigen ihre Zweige.
Fahnerl-Gäh
Einen ganz besonderen Brauch gibt es in Eschlkam im Bayerischen Wald. Schon lange vor dem Palmsonntag fertigen die Ministranten mit ihren Eltern die „Fahnerl“. Auf ein etwa 60 Zentimeter langes, geschältes Weidenstöckchen werden kurze Wacholder- oder Buchszweige gesteckt. Darunter kommt das „Fahnerl“, ein ca. 10 Zentimeter breiter Wimpel aus farbigen Stoffresten. Bis zu 50 Stück bringt so mancher Ministrant am Palmsonntag mit zur Weihe. In der Karwoche machen sich die Ministranten dann in Gruppen auf den Weg. Mit einer kleinen Fahne mit dem Bild einer Kreuzigungsgruppe und einem Korb voller „Fahnerl“ ziehen sie von Haus zu Haus und bringen den Ostersegen und sagen ihr Sprücherl auf:
„Hört zu ihr Menschen, lasst euch sagen, was geschieht in diesen Tagen.
Jesus reitet auf einem Eselein in die Stadt Jerusalem ein.
Jubel umfängt den Hoffnungsstern, der da kommt im Namen des Herrn.
Hosannarufe und Palmenzweige gehen jedoch schon bald zur Neige.
Schon brechen Bosheit und Hass hervor: ‚Kreuzigt ihn! Hinaus vors Tor!‘
Zwischen Verbrechern hängt der gekreuzigte Gott und seine Anhänger sind bis auf wenige fort.
Sterbend betet die Liebe in Person: ‚Vater vergib ihnen schon!‘
Die Liebe geht mit uns bis zum äußersten End‘ in den Tod, wo man sonst keine Freude mehr kennt.
Diese Weggemeinschaft ist nicht vergebens, sie ist für uns die Quelle des Lebens.
Hört zu ihr Menschen, lasst euch sagen, wenn das geschieht in diesen Tagen,
dann könnt ihr nicht zu Hause bleiben und alltägliche Dinge treiben.
Kommt zur Kirche, bleibt doch nicht fern dem Tod und der Auferstehung des Herrn.“
Die Jahresgabe
Dann werden die „Fahnerl“ mit einer Bitte um die „Jahresgabe“ überreicht. Diese Spende wird allerdings nicht für die „Fahnerl“ bezahlt, denn etwas Geweihtes darf man nicht verkaufen, heißt es im Volksglauben. Die gesammelten Spenden kommen in die Ministrantenkasse.
Egal wie das Palmzweigerl, der Palmbuschen oder die Palmgerte aussehen, sie alle erleiden das gleiche Schicksal. Spätestens im nächsten Jahr, wenn das neue Palmbüscherl kommt, werden sie verbrannt – wenn sie nicht vorher schon bei Gewitter im Ofen ein Raub der Flammen geworden sind.
Text: Judith Kumpfmüller