News Bild Bischof Dr. Rudolf Voderholzer besucht die Eröffnung der Großen Krippenausstellung der Krippenfreunde Tirschenreuth
Bischof Dr. Rudolf Voderholzer besucht die Eröffnung der Großen Krippenausstellung der Krippenfreunde Tirschenreuth

„Die Krippe führt uns zur Mitte zurück“

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Tirschenreuth, 1. Dezember 2023

Die Stadt Tirschenreuth in der nördlichen Oberpfalz hat mehrere Attribute: Schmeller-Stadt, Stadt im Land der 1000 Teiche, Gartenschau-Stadt und Passionsspiel-Stadt. Alle fünf Jahre wird sie jedoch für einige Wochen zur Krippenstadt. Bischof Dr. Rudolf Voderholzer besuchte als Schirmherr die Eröffnung der Großen Krippenausstellung der Krippenfreunde Tirschenreuth.

Bürgermeister Franz Stahl begrüßte die zahlreichen Besucher zur Eröffnungsfeier. „Wir haben hier eine Jahrhunderte lange Tradition: Fast jede Familie hat eine Krippe. Zahlreiche Menschen schnitzen Krippenfiguren und bauen Krippen, die mit Stiftländer Szenen ausgestattet sind. Dies ist ein Ausdruck dafür, dass der Glaube in unserer Stadt tief verwurzelt ist.“ Er berichtete davon, dass Krippenfiguren früher manchmal sogar als Zahlungsmittel verwendet wurden, wenn ein Schnitzer gerade nicht bei Kasse war.

Das Krippenspiel bringt das Weihnachtsgeschehen zu uns Menschen

Bischof Rudolf erinnerte daran, dass er das letzte Mal zur Passion 2022 in Tirschenreuth war: „Beides gehört ja eng zusammen.“ Er freute sich, dass er Schirmherr der Krippenausstellung sei, da die Krippe für uns alle eine große Bedeutung habe: „Die Krippe kommt uns zu Hilfe, wenn zu viel Äußeres vor Weihnachten auf uns einwirkt. Denn sie führt uns zur Mitte zurück.“ Er war zunächst gespannt auf das Krippenspiel: „Es aktualisiert das Weihnachtsgeschehen und bringt es zu uns Menschen. Der Herr will in dieser Zeit zu jedem von uns kommen. Er will unsere Zuwendung und schenkt uns seine Gnade.“

Marianne Stangl, die erste Vorsitzende der Krippenfreunde Tirschenreuth, nannte das Krippenspiel aktueller als je. Denn wir Menschen brauchten die Werte, die uns Jesus Christus, das Kind in der Krippe, vorgelebt hat. Das Krippenspiel, das bei der Eröffnung der Krippenausstellung zur Aufführung kam, stammt von der Erzieherin Alma d’l Aigle, die im Jahr 1940 mit Kindern aus Hamburg im Zuge der Kinderlandverschickung auf St. Peter in Tirschenreuth untergebracht war. Sie schrieb hier ein Weihnachtsstück, in dem sie, natürlich nur versteckt, ihren Widerstand gegen die Nationalsozialisten ausdrückte. Seit 1982 wird die Krippenausstellung immer mit diesem Krippenspiel eröffnet.

Szenen aus der heutigen Zeit

Neben den bekannten Szenen des Krippenspiels um Maria, Josef und das Kind, die Herbergssuche, die Geburt im Stall, die Hirten und Engel, haben die Mitwirkenden unter der Regie von Martina Saller ganz im Sinne von Alma d’l Aigle Szenen aus der heutigen Zeit eingearbeitet. Große Fotos von Flüchtlingen wurden gezeigt, Plakate von Menschen, die kaum etwas zu essen haben, oder von Menschen, die bedroht werden. All das brachte die Weihnachtsgeschichte in unsere Zeit, in unser Leben, in unseren Alltag.

Über 30 Kinder und Jugendliche der Theaterklassen der Grund- und Mittelschule legten sich in Kooperation mit dem Modernen Theater Tirschenreuth ordentlich ins Zeug. Die Kreismusikschule übernahm den musikalischen Part.

 „Die Menschwerdung Gottes ereignet sich immer wieder, zu allen Zeiten und an allen Orten“

Im MuseumsQuartier Tirschenreuth sind auf vier Stockwerken insgesamt 42 Krippen aufgebaut, dazu kommen eine Reihe von Kinderkrippen. Die Verbindung der Weihnachtsgeschichte zu unserem Leben, wie sie schon im Krippenspiel dargestellt wurde, sprach auch Bischof Rudolf Vorgang beim Rundgang durch die Krippenausstellung an: „Die orientalische Krippe stellt die Situation in Bethlehem vor 2.000 Jahren nach. Die Heimatkrippe dagegen holt die damalige Situation in unsere Zeit und in unsere Heimat. Auch wenn das historische Ereignis nur einmal stattfand: Die Menschwerdung Gottes ereignet sich immer wieder, zu allen Zeiten und an allen Orten. Und so kann jede Krippendarstellung uns mit dem Weihnachtsgeheimnis in Verbindung bringen.“

Ob die Leidenschaft von Bischof Rudolf für Krippen oder sein Fachwissen über Krippen größer ist, war schwer zu beurteilen. Bei beidem machte ihm selbst im krippenaffinen Stiftland jedenfalls keiner etwas vor. Und bei der Ausstellungseröffnung waren viele ausgewiesene Fachleute dabei wie Krippenschnitzer, Krippenbauer und Krippenbesitzer. Selbst Marianne Stangl, die Vorsitzende der Krippenfreunde, lauschte den detaillierten fachlichen Ausführungen von Bischof Rudolf sehr aufmerksam. Sie freute sich sehr, dass der Bischof ihr zum Schluss seinen Dank für die gelungene Ausstellung aussprach.

Stadtpfarrer und Regionaldekan Georg Flierl kennt aus seiner Heimatstadt Vilshofen keine so große Hauskrippen. „Hunderte, manchmal sogar Tausende von Figuren und üppig ausgestattete Landschaften, das hat mich schier umgehauen, als ich nach Tirschenreuth kam. Aber entscheidend ist, dass das göttliche Geschehen der Menschwerdung in unsere Alltagswelt einbezogen wird.“

Freude an Krippen wird von Generation zu Generation weitergegeben

Bürgermeister Franz Stahl glänzte mit seinem Wissen über Krippen. „Die Verantwortung habe ich aber bereits an meinem Sohn weitergegeben“. Peter Stahl ist zweiter Vorsitzender der Krippenfreunde und hat Frau und Baby mitgebracht. Hier zeigt sich, dass die Freude an Krippen von Generation zu Generation weitergegeben wird.

Die Vorsitzende der Krippenfreunde Tirschenreuth bedankte sich bei den vielen Menschen, die geholfen haben, das Krippenspiel aufzuführen und die Krippenausstellung zu veranstalten: „Von der Stadtverwaltung bis zur Grund- und Mittelschule, von der Kreismusikschule bis zum Team des MuseumsQuartiers, von den Eigentümern der Krippen bis zu den Schnitzern haben viele Menschen tatkräftig dazu beigetragen, dass wir hier in Tirschenreuth ein bayerisches Alleinstellungsmerkmal haben. Namentlich möchte ich die Organisatoren Wolfgang Fischotter, Rita Krapf und Ralf Möstl sowie das Aufbauteam um Franz Krapf, Horst Haidl und Wolfgang Stangl nennen.“

Alte Krippe im Ursprungszustand

Ein typisches Schmuckstück der Tirschenreuther Krippenausstellung ist die Wenning-Josef-Mehler-Krippe (Eigentümer ist die Tirschenreuther Familie Mehler). Nur wenige alte Krippen sind heute noch so in ihrem Ursprungszustand, also in voller Pracht, erhalten. Joseph Wenning schenkte sie 1925 seiner Tochter Anna zu ihrer Hochzeit mit Ludwig Mehler.

Die Krippe zeigt die Geburt Jesu im Stall, umgeben von einer Schar Engel. Zur Darstellung gehört eine große Schaf- und Ziegenherde, sowie ein pompöser Dreikönigszug mit über 60 Figuren. In einem prächtigen Tempel versetzt der zwölfjährige Jesus mit seiner Auslegung der heiligen Schriften die Schriftgelehrten in Erstaunen. Ganz oben im Gebirge, das kunstvoll aus Rinden aufgebaut ist, äsen viele Hirsche. Einmalig sind die zwei „Stückla“ über eine Gams- und eine Fasanenjagd. Auf der Burg, hinter den Zinnen, sitzt ein herrschaftlicher Reiter auf seinem Ross. Vielleicht eine Anspielung auf den „Alten Fritz“? Interessant sind auch die zwei Moriskentänzer, bei denen einer, der „Zungenblecker“, seine Zunge herausstreckt. Der Name Moriskentänzer bezieht sich ursprünglich wohl auf maurische Springtänze, die später auch an den großen Höfen aufgeführt wurden.

Die über 300 Figuren sind alles Tirschenreuther Kunstwerke, geschaffen ab Mitte des 19. Jahrhunderts von den Bildhauerbrüdern Joseph Hautmann (1813 - 1891) und Sigmund Stock (1822-1899). Einige besonders fein geschnitzte Figuren zeigen die Handschrift des „Berrn Seppl“ (1806 - 1872).
 

Infos zur Großen Krippenausstellung

Sie ist im MuseumsQuartier, Regensburger Straße 6 in Tirschenreuth zu sehen. Die Kontaktdaten sind: Telefon: 09631 / 6122, info@museumsquartier-tirschenreuth.de, www.museumsquartier-tirschenreuth.de.

Die Ausstellung ist bis zum 14. Januar 2024 täglich von 11.00 bis 17.00 Uhr geöffnet. Sondertermine für Gruppen sind außerhalb der Öffnungszeiten möglich.

Der Eintritt beträgt 4,00 € für Erwachsene (Gruppen ab 10 Personen 3,00 €) und 2,50 € für Studenten und Menschen mit Handicap. Kinder und Jugendliche haben freien Eintritt.

Die Ausstellung ist barrierefrei und spricht Kinder, Jugendliche und Erwachsene jeden Alters an. Schulklassen und andere Gruppen sind willkommen. Für Kinder liegen ein Krippenmalbuch und ein Krippenquiz aus.

Alle 42 Krippen werden auf der Webseite http://www.krippenfreunde-tirschenreuth.de/ mit Bild und Beschreibung vorgestellt.

Text: Peter Pirner
(mk)



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