News Bild "Aufstehen!"  – Durch das Kirchenjahr

"Aufstehen!" – Durch das Kirchenjahr

Home / News

...mit Benedikt.

Man muss essen. Sicher. Wer nicht isst, stirbt. Aber es gibt Situationen, in denen man nicht einmal ans Essen denken an. Der Magen schnürt sich zu. Man hat keinen Hunger. Das passiert in stressigen Situationen, dann, wenn etwas Außergewöhnliches geschieht. Das Sonntagsevangelium dieser Woche berichtet von einer solchen Begebenheit: Jesus ist in Galiläa unterwegs. Eine große Menschenmenge bedrängt Jesus. Dann will der Synagogenvorsteher des Dorfes, in dem Jesus unterwegs ist, dass er seine Tochter heilt. Die erst 12-Jährige liegt im Sterben. Doch Jesus kommt zu spät, das Mädchen ist schon tot. Das hindert Jesus aber nicht, er sagt den Angehörigen vielmehr, das Mädchen schlafe nur - und wird dafür ausgelacht. Er aber geht zu ihr und sagt: "Mädchen, steh auf!" Und sie steht auf. Jetzt kann man sich natürlich fragen, ob Jesus nicht einfach klüger war als alle anderen. Jeder dachte, sie sei schon gestorben, obwohl sie nur geschlafen hat oder vielleicht ohnmächtig geworden war. Jesus begriff als einziger, was wirklich passiert war.

Der Evangelist Markus sieht das ein bisschen anders. Er beschreibt die im Judentum damals übliche Totenklage. Mit der fängt man nicht an, bevor man sich wirklich versichert hatte, dass der Kranke nicht einfach nur schläft, sondern wirklich tot ist. Jesus hat das Mädchen auferweckt. Stellen Sie sich die Szenerie vor. Ein 12-Jähriges Kind stirbt. Dieser Schicksalsschlag lässt niemanden kalt. Eltern verlieren ihre geliebte Tochter. Und plötzlich kommt Jesus. Er hat schon mehrere Leute geheilt, wie etwa nur wenige Augenblicke vorher eine Frau, die an Blutungen litt. Aber von einer Krankheit heilen und von den Toten auferwecken ist nun doch etwas anderes.

Man hätte sich noch einreden können, Jesus sei einfach ein Magier, ein begabter Heiler vielleicht. Na gut. Aber der begnadetste Arzt kann keine Toten mehr auferwecken. Jesus schon. Er ist mehr als ein Magier, Heiler oder Arzt. Die Leute müssen außer sich gewesen sein. Da hat einer ein Wunder vollbracht, das man noch nie erlebt hat, von dem man maximal in der Bibel schon einmal etwas gelesen hat. Im Alten Testament erwecken die Propheten Elischa und Elija Kinder wieder zum Leben. Dieses Wunder passiert, die Leute werden Jesus bedrängt haben, im Versuch zu verstehen, was da gerade geschehen ist - und was macht Jesus? Er sagt, ganz banal: "Gebt dem Kind zu essen."

Daran hätte wohl niemand gedacht. Wer denkt in einer solchen Situation an Essen? Niemand. Jesus ist so realistisch. Als er etwa aus fünf Broten und zwei Fischen fünftausend Menschen sättigt, war wohl auch jeder Baff ob dieses Wunders. Was macht Jesus? Er befiehlt den Jüngern, das Übriggebliebene einzusammeln, "damit nichts verdirbt." Wer denkt denn in so einer Situation an Nahrungsmittelverschwendung? Jesus.

Er hat einen Blick dafür, was andere brauchen. Das Mädchen braucht zu essen, die fünftausend Zuhörer seiner Predigt brauchen zu essen. Er sieht es und handelt. Wenn keiner daran denkt, bewahrt Jesus diesen realistischen Blick. Durch die Wundertaten wollen die Evangelisten erzählen, wer Jesus ist. Er ist der Herr der Welt, der die Macht auch über die grundlegenden Gegebenheiten der Natur hat. Nahrung kann er vermehren, Stürme besänftigen, Tote erwecken. Ich weiß nicht, ob es Absicht war, aber auch durch kleine Notizen in diesen Wundergeschichten erzählen die Evangelisten, wer Jesus war. Er denkt an das, was jeder vergisst. Und wenn das heißt, dass man essen muss.



Nachrichten