News Bild Auf den Spuren des barmherzigen Samariters: 10 Tipps zur pastoralen Reflexion des Vatikans
Auf den Spuren des barmherzigen Samariters: 10 Tipps zur pastoralen Reflexion des Vatikans

Christsein in Social Media

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Regensburg, 9. Juni 2023

Wie verhalte ich mich als Christin oder Christ im Digitalen? Am besten wie der barmherzige Samariter, so stellt es der Vatikan in einer Ende Mai veröffentlichten pastoralen Reflexion „Towards Full Presence. A Pastoral Reflection on Engagement with Social Media“ zum kirchlichen Engagement in den sozialen Medien fest. Christinnen und Christen haben auch im Digitalen, insbesondere in den sozialen Medien, einen Nächsten, und sollen dort als Botschafterinnen und Botschafter der Nächstenliebe unterwegs sein.

Dabei konstatiert der Vatikan: Soziale Medien beeinflussen Glaubensgemeinschaften und die individuellen Glaubenswege der einzelnen Gläubigen. So finden sich in den sozialen Netzwerken viele authentische Personen, lokale Gemeinschaften, Netzwerke und Initiativen, die digital ihr Glaubenszeugnis abgeben.

Die pastorale Reflexion enthält dabei überwiegend positive Überlegungen, übersieht dabei aber die Herausforderungen von Digitalität in Zeiten von künstlicher Intelligenz und deren Einfluss auf Kommunikation nicht: So sei es gerade jetzt wichtig, den Kern von menschlicher Begegnung wiederzuentdecken. Im Digitalen sei dabei die Frage zu stellen, wie gute Beziehungen und Menschlichkeit, Respekt und Nächstenliebe gezeigt werden könnten. Vor allem die Frage nach dem Nächsten in Social Media dürfe dabei nicht vergessen werden. Die Rolle des barmherzigen Samariters muss Christinnen und Christen Leitbild sein.

Aufgabe von Kirche sei es dabei auch im Blick zu behalten, dass es einen immer größeren werdenden „digital divide“, eine Spaltung der Gesellschaft in technikaffine und technikferne Menschen gebe. Dieser „digital divide“ hänge mit der sich immer schneller entwickelnden Technologie Menschen ab. Dem müsse Kirche durch eine nicht nur reine Präsenz im Digitalen entgegenwirken und könne Menschen mit Bildungsangeboten und Unterstützung bei der Anschaffung von Technik sogar unterstützen.

Wie können wir aber nun als christliche Gläubige und Institutionen handeln, um Nächstenliebe im Netz Realität werden zu lassen? Tanja Köglmeier, Leitung der Fachstelle Medien und Digitales im Bistum Regensburg, schlägt folgende zehn Punkte als Schlussfolgerung der pastoralen Reflexion vor:

1. Eifern Sie dem barmherzigen Samariter nach.

Seien Sie empathisch und aktiv, ignorieren Sie das Leid der anderen nicht, sondern stehen Sie ihnen im Digitalen bei. Und wenn dies nicht ausreichend ist, auch darüber hinaus. Treten Sie ein gegen Hass, Abwertung und Mobbing. Warum nicht auf einen von Hass betroffenen Kommentar reagieren, indem man den ursprünglichen Post bestärkt oder einfach selbst noch einen positiven Kommentar abgibt, damit klar wird: Nicht nur Gegner, sondern auch Befürworter eines Themas sind hier unterwegs.

Empfehlenswert sind hier auch digitale Initiativen wie #ichbinhier, die genau oben beschriebene Strategie als Community verfolgen. Menschenwürde darf digital nicht zur Debatte stehen. Zumindest nicht aus christlicher Sicht.

2. Jede Person ist unsere Nächste oder Nächster.

Eine Trennung in „Wir“ und „Die Anderen“ ist auch im Digitalen zu vermeiden. Vergessen Sie nie, dass ein Mensch mit Würde hinter der anderen Seite des Kommentars bzw. des Inhalts steht, insofern dieser nicht von einem Bot, einem Fake Profil oder einer KI stammt. Lieber einmal mehr in sich gehen und reflektierend statt reaktiv in den Sozialen Medien tätig werden. Im Notfall: Pause machen, sich auf die eigenen Werte besinnen und dann weitermachen.

3. Passen Sie dabei auf sich selbst auf.

Machen Sie Pausen. Wenn Sie digital über Ihren Glauben sprechen, muss die Botschaft des Evangeliums für Ihre Kommunikation Leitlinie sein. Um dies nicht zu vergessen, braucht es Stille und Besinnung. Der Vatikan sieht hier das Gebet in diesen Situationen als sehr hilfreich an, um sich gleichzeitig synodal, nicht-ignorant und aktiv zu verhalten.

4. Jede Christin/jeder Christ kann Mikroinfluencer werden.

Wichtig dabei ist: Sprechen Sie digital über Ihren Glauben. Inhalte sollen dabei authentisch sein und nicht nur einen Lehrsatz vermitteln, sondern christliche Werte anhand des eigenen Lebens illustrieren. Das „Wie“ des Ausdrückens ist dabei genauso wichtig, wie das „Was“. Dabei ist es egal, wie viele Follower Sie haben. Wichtig ist, dass Sie Ihren Glauben in Worte/Bilder/Kommentare fassen.

5. Seien Sie mutig und machen Sie den ersten Schritt zum Dialog in den sozialen Netzwerken.

In den sozialen Netzwerken kann mehr geschaffen werden als die reine Vergabe von oberflächlichen Likes. Kreieren Sie Beziehungen, bestärken Sie Personen und werden Sie somit Teil von Gemeinschaften. Ziel davon könnte sein, nicht nur Likes, Reaktionen oder Kommentare zu sammeln, sondern Menschen für sich und die eigene Botschaft zu gewinnen.

6. Menschen, nicht Daten sind wichtig.

Daten gibt es in sozialen Netzwerken zwar genug, aber als Christinnen und Christen sollte es wichtig sein, die Menschen dahinter zu sehen.

7. Community-Bildung ist wichtiger als Content Creation.

Die Bildung von Gemeinschaften bzw. Communities (engl. community building) soll vor der eigenen Content Creation (dem eigenen Schaffen von Inhalten und Posts) stehen. Zwar kann Inhalt die Community-Bildung fördern, aber eine dementsprechend offene und einladende Gestaltung von Social Media-Inhalten muss auch gewollt sein, um durch Diskussion und Interaktion die Gemeinschaftsbildung zu stärken.

Digitale Community-Bildung kann so auch dazu führen, dass sich Beziehungen aus dem Digitalen ins Anloge fortsetzen. Hier vergleicht der Vatikan die Paulus- und Johannes-Briefe, die zur Kommunikation mit weit entfernten christlichen Gemeinden dienten, mit dem Nutzen von sozialen Netzwerken.

8. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir als Christinnen und Christen in Filterblasen, d.h. in einer Gemeinschaft ähnlich denkender Menschen, unterwegs sind.

Wir sollten uns regelmäßig mit Menschen außerhalb unserer Wohlfühlatmosphäre konfrontieren.  Aber wie? Warum nicht einfach mal einen Kommentar unter einen Artikel mit christlicher Perspektive abgeben oder sich in Netzwerken wie TikTok, in denen ein Algorithmus Inhalte ausspielt, oder in Reels (Kurzvideos auf Instagram oder Facebook) als Christin/Christ zu erkennen geben? Aber Vorsicht: Dickes Fell anziehen, denn Gegenwind bleibt oft nicht aus.

9. Glaube kann durch das Digitale ergänzt werden, er kann aber nie ausschließlich digital stattfinden.

Glaube braucht regelmäßige Nahrung durch Gebet, Besinnung, Dialog mit Gott und das Lesen der Schrift. Und auch das sakramentale Leben von Kirche sollte immer wieder Bestandteil des eigenen Glaubenslebens sein, um digital auch weiter authentisch Glaubenscommunities und einzelne spirituelle Wege bereichern zu können.

10. Überlegen Sie genau, was sie kommunizieren, wie sie kommunizieren und mit wem sie kommunizieren.

Christliche Inhalte voller Hass, Abwertung und Ausgrenzung haben mit dem Evangelium nichts zu tun und sind besonders im Kontext christlicher Inhalte zu verurteilen. Auch Gruppen, die sich als „katholisch“ [so in der Veröffentlichung des Vatikans geschrieben] bezeichnen, bestärken die Teilung durch die alleinige Inanspruchnahme der göttlichen Verkündigung, wobei Dialog, Versöhnung und Begegnung ihr Auftrag wären.  Darüber hinaus ist es wichtig, nicht diejenigen Menschen zu vergessen, die nicht durch einen Like oder Kommentar in Erscheinung treten, aber Mitlesende sind.

Text: Tanja Köglmeier, Leiterin der Fachstelle Medien und Digitales, Kath. Erwachsenenbildung der Diözese Regensburg, basierend auf der Veröffentlichung des Vatikans "Towards Full Presence. A Pastoral Reflection on Engagement with Social Media”, 29.05.2023.
(jas)

Bei Feedback zum Artikel wenden Sie sich gerne an tanja.koeglmeier(at)bistum-regensburg.de .

Titelfoto: ©REDPIXEL – stock.adobe.com



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