„Allerseelen erinnert uns daran, wer wir sind!“: Pontifikalamt in Ziegetsdorf und Gebet am Grab der Familie Ratzinger mit Bischof Rudolf Voderholzer
Bereits zum zweiten Mal feierte Bischof Rudolf Voderholzer den Allerseelentag in der Pfarrkirche St. Josef in Regensburg-Ziegetsdorf, bei dem in besonderer Weise aller Verstorbenen des vergangenen Jahres gedacht wurde. Mit ihm am Altar standen Pfarrer Horst Wagner sowie Pfarrer Michael Alkofer aus der Pfarrei St. Georg in Regensburg-Schwabelweis. Pfarrer Alkofer kannte Joseph Kardinal Ratzinger bereits als Ministrant und war als Bub beim Requiem von dessen Schwester Maria Ratzinger anwesend, die am Allerseelentag 1991 überraschend verstarb.
„Wir sind nur Gast auf Erden“
Pfarrer Wagner begrüßte den Regensburger Oberhirten herzlich und erinnerte die Ziegetsdorfer Gemeinde daran, dass das Fest Allerseelen „uns daran erinnert, wer wir sind“ -nämlich Menschen, die der Vergänglichkeit ausgesetzt seien. Und Bischof Rudolf versicherte all denjenigen, die um einen geliebten Menschen trauern, seine persönliche Nähe. Er selbst trauere noch immer um seine im August verstorbene Mutter Maria Voderholzer und habe an Allerheiligen ihr Grab besucht.
In seiner Predigt betonte der Regensburger Oberhirte anhand des zum Einzug gesungenen Kirchenliedes „Wir sind nur Gast auf Erden“ von Georg Thurmair, dass Allerseelen zum einen ein Tag der Dankbarkeit und der Erinnerung an geliebte Menschen sei. Zum anderen sei Allerseelen aber auch eine Erinnerung an die Lebenden, ihr Leben bewusst zu leben: Denn „nicht ich bin der Gastgeber“, so Bischof Rudolf in seiner Predigt, „vielmehr habe ich nur eine Einladung erhalten, hier zu sein.“ Dementsprechend hätten „Gäste, die wir hier auf Erden sind, auch einige Regeln zu beachten. Eine ist beispielsweise die, dass wir mit der Herberge, in die wir hier auf dieser Erde zu Lebzeiten aufgenommen werden, gut umgehen, damit auch nachkommende `Gäste´ in dieser noch gut wohnen können und mögen.“
Die Ernsthaftigkeit gegenüber dem Leben, die Allerseelen zum Ausdruck bringe, sei jedoch nicht niederschmetternd, so Bischof Voderholzer, sondern habe auch unverkennbar eine befreiende Note: Denn genauso wie manche Menschen, die eine negative Diagnose von ihrem Arzt erhalten, oftmals noch intensiver lebten, dürfen Christen im Lichte des christlichen Glaubens an einen liebenden und gütigen Gott auch im Falle tiefer Trauer um einen geliebten Menschen sicher sein, dass man als Hinterbliebener nicht „ins Leere hinein“ trauert: „Wir trauern nicht wie Menschen, die keine Hoffnung haben. Denn wir werden in kein kaltes Nichts geworfen, sondern ER wird uns empfangen. Wir sind auf Erden zwar nur Gast, aber es gibt ein Ziel für unseren Pilgerweg: Ein ewiges Zuhause.“
Der Regensburger Oberhirte erinnerte abschließend an den großen Theologen Karl Rahner (1904-1984), der zum Ende seines Lebens einen großen Akt des Vertrauens in einen liebenden Gott demonstrierte – und diesen in einem Gebet formulierte: „Ich warte, o Gott, in Geduld und Hoffnung. Ich warte wie ein Blinder, dem man den Aufgang des Lichtes verheißt. Ich erwarte die Auferstehung der Toten und des Fleisches.“ (aus: Karl Rahner: „Gebete des Lebens“, Freiburg im Breisgau 1984, S. 197). Diese Mischung aus Glaubensstärke und Zuversicht, wie sie Karl Rahner ausdrückt, wünsche er jedem Menschen, so Bischof Rudolf.
In Christus eine Solidargemeinschaft
Im Anschluss an die Predigt wurden die Namen der seit dem letzten Allerseelentag verstorbenen Gemeindemitglieder verlesen, währenddessen läutete die Totenglocke und an der entzündeten Osterkerze brannte für jeden Verstorbenen ein Grablicht. Im Anschluss an das Pontifikalamt begaben sich bei strahlendem Sonnenschein alle auf den benachbarten Friedhof, der Bischof segnete noch einmal alle Gräber und an der letzten Ruhestätte der Familie Ratzinger betete er ein Vater unser und ein Ave Maria.
Die Schwester des emeritierten Papstes Benedikt XVI. und seines Bruders Georg, Maria Ratzinger (1921 - 1991), war am Allerseelentag bei einem Besuch in Pentling verstorben. Joseph Kardinal Ratzinger schrieb damals in seinem Kondolenz-Dankschreiben: „Nun ruht sie im Elterngrab auf dem Ziegetsdorfer Friedhof, das zu besuchen sie nach Hause gefahren war, nicht ahnend, dass sie am Allerseelentag selbst in die andere Welt abgerufen werden würde. Dort wartet sie der Auferstehung; ihre Seele aber wissen wir in Gottes gütigen Händen geborgen, der ihr all das vergelten wird, was sie so still und unauffällig Tag um Tag ohne Schonung ihrer Kräfte getan hat. In der Gemeinschaft der Heiligen hoffen wir, eines Tages wieder mit ihr vereint zu sein, wenn Gott alle Tränen trocknen und allen Schmerz dieser Welt für immer von uns nehmen wird.” Seit der Umbettung 1974 von Traunstein nach Regensburg ruhen hier auch deren Eltern Joseph Ratzinger (1877 - 1959) und Maria Ratzinger geb. Peintner (1884 - 1963).