Vielleicht hat ein Familienmitglied oder Freund Kontakt zu einer sogenannten Sekte aufgenommen oder ist sogar schon beigetreten? Für Außenstehende, die vorher keine Anzeichen wahrgenommen haben, kommt so ein Schritt oft überraschend.

Angst vor den unbekannten oder vielleicht gefährlichen Wegen, die Ihre Verwandte, Ihr Freund betritt, ist verständlich. Möglicherweise gesellt sich dazu auch noch eine Scham vor Verwandten, Bekannten und Nachbarn: Was werden die wohl denken? Kann oder soll ich mit jemanden darüber sprechen? Auch Schuldgefühle stellen sich häufig ein: Was habe ich falsch gemacht? Warum habe ich nichts bemerkt?

Wichtig ist, dass Sie der Person keine Vorwürfe machen und sie oder ihn Ihre Wut und Enttäuschung nicht spüren lassen. Denn diese entsprechen dem Muster, das manche Gruppen als Reaktion von Angehörigen vorhersagen – zur Bestätigung ihrer Lehre.

Die Erfahrung zeigt, dass es oft entscheidend wichtig ist, wie Bezugspersonen in den ersten Tagen und Wochen auf die neue Situation reagieren. Richtiges Verhalten kann dazu führen, dass jemand seinen Schritt noch einmal überdenkt. Im Umgang mit Betroffenen hat sich Folgendes als hilfreich erwiesen:

• Machen Sie sich bewusst, dass der Kontakt oder Beitritt zu einer „Sekte“ nicht zwangsläufig eine Katastrophe im Leben der/des Betroffenen darstellt. Vorerst hat sie/er nur einen Weg eingeschlagen – auch wenn dieser für Sie zunächst schwer verständlich ist und das soziale Umfeld herausfordert.
   
• Bleiben Sie mit der/dem Betroffenen in Kontakt! Sorgen Sie für gemeinsame Unternehmungen. Es ist leichter, in die Realität zurückzufinden, wenn es Menschen gibt, denen man sich anvertrauen kann. Doch Vorsicht: Verurteilen und belehren Sie nicht und drängen Sie keine Hilfe auf. Das löst meist nur Abwehr und Rückzug aus.
   
• Stärken Sie Selbstwertgefühl und Kritikfähigkeit. Kritische Informationen mögen dem begeisterten Mitglied zwar zunächst als (kirchliche) Propaganda erscheinen. Ganz behutsam eingesetzt können sie aber dabei helfen, eines Tages selbst Fragen zu stellen. Das gilt auch für besorgtes und interessiertes Hinterfragen.
   
• Bedenken Sie die Motive: Warum fühlen sich Menschen, die Sie kennen, zu dieser Gruppe hingezogen? Suchen sie vielleicht Gemeinschaft, Zuneigung, Geborgenheit oder auch Autorität? Fehlt ihnen der Sinn fürs Leben? Sind sie nur neugierig oder erhoffen sie sich Hilfe bei körperlicher Krankheit, bei seelischem Leid oder existenziellem Kummer?