Home / Bistum / Einrichtungen A-Z / G-J / Institutum Liturgicum Ratisbonense

Das Institutum Liturgicum Ratisbonense ist eine in den Räumen der Bischöflichen Zentralbibliothek untergebrachte eigenständige Institution. Sie erforscht die Geschichte der Liturgie auf der Grundlage mittelalterlicher Handschriften. Ein Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Erschließung der Fragmentesammlung aus der Bischöflichen Zentralbibliothek Regensburg.

Am 4. April 2016 verstarb in seinem 89. Lebensjahr in Regensburg der Kirchenhistoriker und Liturgiewissenschaftler Professor Dr. Karl Josef Benz.

23 Jahre lang, von 1990 bis 2013, leitete er in der Nachfolge von Msgr. Dr. Klaus Gamber das der Bischöflichen Zentralbibliothek angegliederte Institutum Liturgicum Ratisbonense. Mit seinem großen Fachwissen war Professor Benz über mehr als zwei Jahrzehnte für Forscher aus dem In- und Ausland ebenso wie für die Kolleginnen und Kollegen im Haus ein kompetenter und stets hilfsbereiter Ansprechpartner in liturgischen, liturgiewissenschaftlichen und kirchengeschichtlichen Fragen.

Karl Josef Benz wurde am 2. September 1927 in Brühl im Rheinland geboren. In den Jahren 1947 und 1948 studierte er zunächst drei Semester Philosophie, Theologie und Rechtswissenschaft an der Universität Bonn. Im Anschluss daran trat er in die Benediktinerabtei Maria Laach ein und absolvierte an den Ordenshochschulen Maria Laach und Beuron bis 1953 das Studium der Philosophie und Theologie. Nach seiner 1953 erfolgten Ordination vertiefte er seine Studien an der Katholischen Universität Löwen in den Fächern Theologie, Geschichte, Orientalische Sprachen und Literatur des Christlichen Orients. Von 1964 bis 1967 war Benz Assistent bei Prof. Dr. Balthasar Fischer am Liturgischen Institut in Trier und 1965 Visiting Professor an der St. John’s University, Collegeville, Minn. USA. 1967 wurde er in Löwen zum Dr. en Sciences Historiques promoviert. Danach war er von 1967 bis 1973 Mitarbeiter an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Regensburg, zunächst als Assistent am Lehrstuhl für Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit. 1973 habilitierte er sich für das Fach Mittlere und Neue Kirchengeschichte und war anschließend als Privatdozent tätig. Im April 1973 erfolgte die Inkardination als Weltpriester der Diözese Regensburg. Im Dezember desselben Jahres wurde er Universitätsdozent und übernahm bis 1974 die Lehrstuhlvertretung für Mittlere und Neue Kirchengeschichte in Regensburg. 1978–1992 lehrte er als Universitätsprofessor Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit.

Bereits in den letzten Jahren seiner Universitätszeit und rund zwei Jahrzehnte nach seiner Emeritierung leitete Professor Benz das Liturgiewissenschaftliche Institut in Regensburg. Seine praktische Erfahrung mit der Liturgie und seine immense Fachkompetenz auf dem Gebiet der Kirchengeschichte kamen dem Institut in einzigartiger Weise zugute. Eine Vielzahl von Publikationen insbesondere zur Regensburger Liturgiegeschichte begleitete seine Arbeit. Ein Hauptanliegen war ihm die Erschließung der rund 350 mittelalterlichen überwiegend liturgischen Fragmente aus dem Bestand der Bischöflichen Zentralbibliothek. Ein erster Katalogband, der zum 50-jährigen Bestehen des Instituts im Jahr 2007 erschien und in welchem 45 Fragmente identifiziert und in Text und Bild vorstellt wurden, dokumentiert eine akribische Forschungsarbeit.

Über seiner wissenschaftlichen Tätigkeit hat Karl Josef Benz aber nie seine seelsorgerischen Aufgaben aus den Augen verloren, die ihm ein besonderes Bedürfnis waren. Solange es seine Gesundheit – trotz Altersbeschwerden und fortschreitender Krankheitssymptome – zuließ, zelebrierte er die Frühmesse in der Regensburger Pfarrei St. Wolfgang.

Durch seine Kooperations- und Hilfsbereitschaft, sein aufgeschlossenes und freundliches Wesen, in dem sich eine gelebte Spiritualität und Weltzugewandtheit auf das glücklichste verbanden, wurde er von Mitarbeitern und Kollegen hochgeschätzt. Sein Leben nahm in dieser Welt ein Ende. Wir wissen ihm Dank zu sagen über das Grab hinaus.
 

Dr. Camilla Weber
Archiv- und Bibliotheksdirektorin 

St.-Peters-Weg 11–13
93047 Regensburg
Postfach 11 02 28
93015 Regensburg

Tel.: +49 941 597-2518 (Leiter)
Tel.: +49 941 597-2513 (Sekretariat)
Email: bibliothek(at)bistum-regensburg.de


Voranmeldung erforderlich

Im Juni 1957 wurde das Institutum Liturgicum Ratisbonense mit Sitz im ehemaligen Benediktinerkloster Prüfening gegründet. Erster Leiter des Instituts wurde P. Alban Dold OSB (1882–1960). Zu seinen Mitarbeitern zählten von Anfang an P. Petrus Siffrin OSB (1888–1962) vom Institutum Liturgicum San Anselmo (Rom) sowie der junge Geistliche Klaus Gamber (1919–1989).

Nach dem Tod von Dold und Siffrin in den sechziger Jahren wurde Gamber Institutsleiter. Er rief zur Veröffentlichung wissenschaftlicher Ergebnisse zwei Publikationsreihen ins Leben, die den Namen des Instituts weithin bekannt machten:

• Textus patristici et liturgici (ab 1964 15 Bde.)
• Studia patristica et liturgica (ab 1967 18 Bde.) mit der Unterreihe Beihefte (26 Bde.)

1972 übereignete Msgr. Dr. Klaus Gamber seine Privatbibliothek, die bisher im Schloss Prüfening als Institutsbibliothek genutzt wurde, dem Bistum. Der Übereignungsvertrag vom 17. Mai 1972 legt fest, dass das Liturgiewissenschaftliche Institut im Rahmen der neu gegründeten Bischöflichen Zentralbibliothek weitergeführt wird. Das Institut fand seine neue Unterkunft in den Räumen der 1972 eröffneten Bischöflichen Zentralbibliothek am St.-Peters-Weg. Die Bestände der Institutsbibliothek stehen hier der wissenschaftlichen Nutzung zur Verfügung.

Zum Nachfolger Msgr. Dr. Gambers, der 1989 verstarb, wurde Prof. Dr. Karl Josef Benz bestellt, der bis 1992 an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Regensburg Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit lehrte. Er leitete das Institut bis 2013.
Eine Bibliographie der Veröffentlichungen von K. J. Benz finden Sie hier: „Bibliographie der Veröffentlichungen von K. J. Benz“

Am 6. Juli 2017 wurde Prof. Dr. Harald Buchinger zum Direktor bestellt.

Gemäß der am 1. Juli 2017 von Bischof Dr. Rudolf Voderholzer erlassenen Satzung verfolgt das Institut im Geist der Tradition und getreu den Weisungen des Zweiten Vatikanischen Konzils folgende Ziele:

(1)   Zweck des Instituts ist die wissenschaftliche Erforschung der Liturgiegeschichte anhand ihrer Quellen.
(2)   Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Liturgiegeschichte Regensburgs und seiner verschiedenen Institutionen in ihrem größeren Kontext; darüber hinaus gilt das Augenmerk traditionell einerseits den formativen Phasen der Spätantike und des Frühmittelalters, andererseits den regionalen Traditionen des mittelalterlichen Westens.

Die Erschließung historischer Quellen versteht sich zugleich im Horizont der bleibenden Aufgabe liturgischer Erneuerung und dient so letztlich immer auch dem Anliegen des Zweiten Vatikanischen Konzils, „dass die Christen diesem Mysterium nicht wie Außenstehende und stumme Zuschauer beiwohnen; sie sollen es vielmehr durch die Riten und Gebete wohl verstehen lernen und so die heilige Handlung bewusst, fromm und tätig mitfeiern.“ (Sacrosanctum Concilium 48).

Zur Fragmentesammlung

Zu den verborgenen Schätzen der an alten Handschriften und Inkunabeln, vor allem aber an für die Musikgeschichte reichen Beständen der Bischöflichen Zentralbibliothek Regensburg zählt der inzwischen auf mehr als 350 Stück angewachsene Bestand von mittelalterlichen Buchfragmenten, sprich von Resten einstiger Handschriften, die nach der Erfindung der Buchdruckerkunst allmählich außer Gebrauch kamen und als sogenannte Makulatur für vielerlei praktische Zwecke Wiederverwendung fanden.

Die Gesamtzahl der katalogisierten Fragmente beträgt 352, wovon 258 Liturgica sind. Die restlichen 94 verteilen sich wie folgt: 20 diverse Autoren, darunter so bekannte Namen wie Gregor von Tours, Gregor d. Gr.: Schriften bzw. Briefe, Caesarius von Arles u.a.m.; 5 Lebensbeschreibungen; 20 Exzerpte theologischer Abhandlungen, 13 kanonistische Fragmente. Interessant sind die 5 deutschsprachigen Fragmente z.B. von Tristan und Isolde oder aus dem Schwabenspiegel; 1 hebräisches Fragment, 2 Fragmente von Computushandschriften des 10. Jahrhunderts und 10 Varia. Sodann folgen Biblia mit 16 Fragmenten.

Die Mehrzahl der Fragmente, 258 Stück (ca. zwei Drittel) machen liturgische Texte aus, deren Provenienz meistens nicht eindeutig geklärt werden kann. Wir können aber davon ausgehen, dass die meisten aus Regensburger Klöstern bzw. Kirchen stammen. Von diesen 258 Liturgica können etwa 180 Fragmente dem 14. und 15. Jahrhundert, also dem sog. Spätmittelalter zugeordnet werden. Interessant dürfte es sein, dass ca. 110 dieser Fragmente der Messfeier zuzuordnen sind, ca. 54 dem Stundengebet und nur zwei den Ordnungstexten, den Ritualbüchern bzw. Kalendarien, zehn entziehen sich einer näheren Zuweisung. Von den 110 Messfragmenten stammen 74 von Vollmissalen, ca. 24 von Gesangbüchern und nur 2 von anderen Büchern.

Diese auf der rein zufällig entstandenen Sammlung der Fragmente beruhende Verteilung spiegelt in etwa die konkrete Situation am Ende des Mittelalters wider. Mit der seit dem 13. Jahrhundert immer stärker werdenden Behauptung des Vollmissale werden die Rollenbücher immer weniger. Die Vollmissale aber werden in den letzten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts in rascher Folge durch die ersten Druckmissale ersetzt. Bischof Heinrich IV. von Absberg veranlasste 1485 den ersten Druck des Regensburger Missale. Die überflüssig werdenden Handschriften wurden dann eben teilweise aus dem Verkehr gezogen und als Makulatur für Bucheinbände oder zum Binden von Aktenmaterial wiederverwendet.