Bild NIKOLAUS VON DER FLÜE: Meister der Kontemplation

NIKOLAUS VON DER FLÜE: Meister der Kontemplation

  • 25.
    September
    2034
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„Bis dass der Tod uns scheidet.“ Eheleute versprechen sich das während der katholischen Trauliturgie. Bis dass der Tod Mann und Frau scheidet, wollen sie zusammenbleiben und füreinander einstehen, in guten wie in schlechten Zeiten. Dieses Versprechen besiegelt der Priester sogar noch mit den Worten: „Was Gott verbunden hat, darf der Mensch nicht trennen.“ Da verwundert es doch etwas, dass es ein Mann zu den berühmtesten Heiligen der Kirchengeschichte geschafft hat, der sich aus Gründen der Frömmigkeit von seiner Frau trennte: Der heilige Nikolaus von der Flüe (1417 bis 1487).

Bauer, Politiker, Einsiedler

Nikolaus war ein schweizerischer Bauernsohn. Er entschied sich für ein durchaus weltliches Leben und heiratete. Diese Ehe war nicht unglücklich oder gar eine Josephsehe. Gemeinsam mit seiner Frau schenkte Nikolaus zehn Kindern das Leben. Nikolaus war fleißig und engagierte sich für das schweizerische Gemeinwesen, übernahm öffentliche Ämter. Auch wenn er Zeit seines Lebens ein frommer Mann gewesen war, wäre er aus der Maße der schweizerischen Bauern sicher nicht sonderlich herausgestochen. Im Alter von erst fünfzig Jahren kam dann die Wende. Nikolaus wollte ein Leben für Gott führen, fern der Familie, in der Einsamkeit.

Die Folge war ein langes Ringen mit seinen Kindern und besonders der Ehefrau. Warum wollte er die Familie im Stich lassen und als Einsiedler leben? Wieso wollte er sich nicht mehr an das Versprechen gebunden wissen, sein Leben gemeinsam mit seiner Ehefrau zu führen? Schließlich schaffte es der Heilige, die Familie zu überzeugen, der von ihm gewählte Weg sei nicht nur der richtige, sondern vor allem der Wille Gottes. Aus Nikolaus wurde der Einsiedler Bruder Klaus.

Leben ohne Essen, stundenlange Gebete

Um ehrlich zu sein, hört sich das alles doch etwas seltsam an. Trotzdem verehrt die Kirche Nikolaus von der Flüe als heiligen Mann, was doch etwas erstaunen mag. Sein Leben als Einsiedler war jedoch so fruchtbar und heilig, dass man sich der kirchlichen Einschätzung kaum zu entziehen vermag. Nikolaus nahm über lange Zeit hinweg kaum oder gar keine Nahrung zu sich. Er zog sich stundenlang ins Gebet zurück und verließ seine Einsiedelei, nicht fern des früheren Bauernhofes, kaum – nur zur sonntäglichen Messfeier. Nikolaus darf gar als Mystiker gelten, der sich immer mehr in die liebevolle Betrachtung Gottes versenkte.

Begabter Staatsmann

Dem gegenüber steht eine geradezu staatsmännische Begabung des heiligen Nikolaus. Er wurde von verschiedenen Herrschern um Rat gefragt. Seine Antworten zeugten wohl weniger von weltfremder Abgeschiedenheit als von einem realitätsnahen Blick auf die Welt. Vielen Menschen, die bei ihm Hilfe und Rat suchten, erwies er sich als treuer und liebevoller Berater. Die Schweiz bewahrte er gar vor einer Trennung: Die Vertreter des Volkes wurden sich auf einer Zusammenkunft in Stans nicht einig. Der Bund drohte zu zerbrechen. Die Abgeordneten waren drauf und dran abzureisen, als eine Nachricht von Bruder Klaus ankam. Er schaffte es mit seinen Worten, Einigkeit unter den Schweizern herzustellen, weshalb Nikolaus von der Flüe bis heute als Nationalheiliger verehrt wird.

Sein Leben zeigt, das tiefste Verinnerlichung, Versenkung in Gott und ein realitätsnaher Blick einander nicht ausschließen, sondern aufeinander aufbauen. Christliche Kontemplation will den Blick auf die Welt schärfen, nicht vernebeln.

Die Kirche gedenkt seiner am 25. September.

Text: Benedikt Bögle

Balz Haymann: Vor Waldenburg durchsticht ein Engel Nikolaus' Leib mit einem Lichtstrahl, 1821, in der oberen Kapelle im Flüeli-Ranft

Balz Haymann: Vor Waldenburg durchsticht ein Engel Nikolaus' Leib mit einem Lichtstrahl, 1821, in der oberen Kapelle im Flüeli-Ranft.