PETER und PAUL: Brief an zwei Helden
Lieber Petrus, lieber Paulus,
Helden sind gefragt. Immer. Wir brauchen Helden, orientieren uns an ihnen als unsere Vorbilder. Das beginnt, wenn wir noch Kinder sind, vielleicht in Filmen mit Batman oder Superman. Es geht, wenn wir zu reflektiertem Denken angeregt wurden, über die Geschichte mit so vorbildlichen Menschen wie Sophie Scholl oder Graf Stauffenberg. Wir schauen auf zu denen, die vermeintlich mehr sind als wir, deren Fähigkeiten die unseren überschreiten. Wir suchen das Außergewöhnliche. Das, was mehr ist, als wir auch nur im Traum zu erreichen hoffen könnten. Auch im Glauben suchen wir nach diesen Helden, wir brauchen Sie. Heiliger Peter, heiliger Paul, Ihr seid die „Apostelfürsten“. Wenn Ihr keine Helden wärt, wüßt' ich's auch nicht.
Aber wart Ihr wirklich immer Helden, im praktischen Leben? Du, Petrus, hast oft und lang mit Gott gehadert, bist verzweifelt, gestrauchelt, hast viel Zeit gebraucht. Unsere Evangelien berichten uns davon, dass der Herr Dich hart kritisierte, weil Du nicht begreifen konntest oder wolltest, dass er am Kreuz sterben musste. Während seines Verhörs leugnetest Du, zu Jesus zu gehören. Unter dem Kreuz hast du nicht gestanden, aus Furcht warst Du abwesend. Heldenhaft erscheint mir das nicht gerade. Aber später, da hast Du Kraft gefunden, da hast Du das Wort weitergetragen wie kaum jemand sonst. Heute bauen wir in der katholischen Kirche ganz fest darauf.
Und Du, Paulus? Als junger Mann, als Saulus, warst Du ein Christenverfolger, ein Zeuge der Steinigung des Stephanus. Dann kam Deine Bekehrung, In Deinem ersten Brief an die Korinther nanntest Du Dich noch „Missgeburt“, doch viele Briefe folgten, es sind Glanzstücke der Weltliteratur, später nur ganz selten wieder erreichte Glaubenszeugnisse voller Weisheit und der Liebe Gottes. Dein Ziel war es zuerst, die Kirche zu vernichten, den letzten Keim dieses neuen Weges auszulöschen. Nicht gerade heldenhaft. Doch dann, als Apostel, warst Du umso mehr Vorbild. Und sind nicht gerade diejenigen, deren Weg aus der Sünde hin zu Gott wir kennen, die Helden mit der größten Authentizität?
Ja, wir wollen Helden, zu denen wir aufschauen können. Und auf unerklärliche Weise glauben wir, dass Heilige – wie Ihr beide – Vorbilder sind. Menschen die uns zeigen, wie das mit diesem Glauben an Jesus Christus konkret werden kann. Der Begriff der Heiligkeit scheint für uns dabei oft auch eine Unnahbarkeit zu meinen, aber bei Euch trifft das nicht zu. Eure beiden Namen sind für alle Zeiten untrennbar verbunden mit dem christlichen Bekenntnis. Ihr beide habt den Glauben bis heute geprägt. Ihr habt damals entschieden, dass Heiden, die Christus folgen wollen, nicht zuerst zum Judentum konvertieren müssen. Sondern dass jeder, buchstäblich jeder, eingeladen ist. Das gilt bis heute. 2.000 Jahre lang wirkt fort, was ihr gesagt, gedacht und geschrieben habt. Und ich denke, das wird auch die nächsten 2.000 Jahre so bleiben, ja, 2.000 mal 2.000 Jahre. In Ewigkeit!
Als wir Kinder waren, hatte das mit den Helden einen Haken: Man konnte sie nicht erreichen. Der Film war vorbei und jeder wußte, dass es zwar vielleicht schön und hilfreich wäre, wie Batman oder Superman zu sein. Aber es war und blieb unmöglich. Dann lernten wir das Leben von Vorbildern Sophie Scholl und Graf Stauffenberg kennen. Die waren unserer Lebenswelt schon näher, da änderte sich unser Bild. Und nun habe ich Euch. Ich bin Euch nahe, bin froh um Euer Leben und Euer Glaubenszeugnis. Ihr wart nicht perfekt – keineswegs. Aber das ist die Heiligkeit an sich ja auch nicht. Heilig ist nicht, wer perfekt geboren wird. Heilig ist, wer seine Fehler überwindet, immer wieder den richtigen Weg sucht, jeden Tag ein bisschen mehr Christus ähnlich wird. Und das habt ihr nun wirklich geschafft. Gott sei Dank für Euer Vorbild!
Viele Grüße,
Euer Benedikt
Text: Benedikt Bögle (sig), Foto: stock.adobe.com / zatletic: Glasfenster in der Pfarrkirche St.-Gervais-St.-Protais in Paris, 4. Bezirk.