Patronin des Sudan
Josefina Bakhita, die „heilige braune Mutter“
Geboren wurde Josefina um 1870 nahe Jebel Aligere bei Nyala in der Provinz Darfur im westlichen Sudan. Sie starb am 8. Februar 1947 in Schio bei Vicenza in Italien. Ihre Heiligsprechung erfolgte im Jahre 2000 durch den Heiligen Papst Johannes Paul II.; sie ist die Patronin des Sudan.
Josefinas Vater war der Bruder des Stammesfürsten der Dagiu; sie hatte drei Brüder, drei Schwestern und eine Zwillingsschwester. Als Siebenjährige wurde sie zusammen mit ihrer Freundin von Räubern verschleppt und in El Obeid / Al Ubayyid an arabische Sklavenhändlern verkauft; die Sklavenhändler nannten sie „Bakhita“, was in etwa übersetzt werden kann mit einem zynischen: „Du hast noch Glück gehabt.“ Als sie mit einem anderen Mädchen fliehen konnte, wurde sie von einem anderen Sklavenhändler erneut gefangen genommen. Dieser behielt sie zunächst im eigenen Haushalt in El Obeid und schenkte sie dann einem türkischen Offizier, der dort stationiert war; bei ihm erlebte sie alle nur denkbaren Grausamkeiten. Der Offizier machte sie dann dem italienischen Vizekonsul, der in der Hauptstadt Al Khartum lebte, zum Geschenk. Das änderte ihr Leben. Der Konsul, der ein guter Christenmensch war, sei „wie ein Vater für sie gewesen“, so sagte Josefina.
Als der italienische Vizekonsul zwei Jahre später 1885 nach Italien zurückkehren musste, weil im Sudan der Mahdi-Aufstand gegen die ägyptischen Besatzer stattfand, der erste erfolgreiche Aufstand eines afrikanischen Landes gegen Kolonialismus, zugleich die Geburtsstunde des heutigen radikalen Islam weltweit – als der Vizekonsul also 1885 rückübersiedelte, lernte er in Genua Frau Michieli und deren kleine Tochter Mimmina kennen, die sich ihrerseits so sehr mit der inzwischen etwa 15 Jahre alten Bakhita anfreundete, dass Bakhita in der in Zianigo – einem Ortsteil von Mirano bei Venedig – lebenden und wohlhabenden Familie als Kindermädchen eingestellt, aber dennoch weiterhin wie eine Beschäftigte behandelt wurde.
Kurz darauf wollte Bakhita in die örtliche Kirche eintreten, was ihr jedoch untersagt wurde mit der Begründung, dass sie orthodox sei. Der Verwalter der Familie Michieli, der wusste, dass Bakhita tatsächlich noch keine getaufte Christin war, schenkte ihr ein kleines silbernes Kreuz, welches sie fortan mit sich führte. Als die Familie Michaeli 1888/1889 nach Afrika zog, um ihr Hotel am Roten Meer auszubauen, wurde Bakhita im Alter von 19 Jahren zusammen mit ihrem Schützling Mimmina vorübergehend im Kloster Sant'Alvise der Canossianerinnen – dem von Magdalena von Canossa gegründeten Orden der „Töchter der Liebe“ – in Venedig untergebracht. Nach zwei Jahren kam das Ehepaar wieder in die Heimat und forderte Bakhita von der Ordensgemeinschaft zurück, um weiter ihre Dienste in Anspruch zu nehmen; die Oberin war mutig und weigerte sich, Bakhita herauszugeben. Der Fall des „Sklavenmädchens“ wurde Stadtgespräch. Am 9. Januar 1890 wurde Bakhita unter großer Anteilnahme der Bevölkerung vom Kardinal und Patriarchen von Venedig, Domenico Agostini, in ihrem Kloster getauft.
Josefinas Wunsch, Ordensschwester zu werden, wurde wegen ihrer Hautfarbe abgelehnt. Aber der Kardinal Agostini setzte sich ein, so dass Josefina 1893 bei den Canossianerinnen in Venedig als Ordensschwester eintreten konnte; 1896 legte sie im Mutterhaus in Verona ihre Gelübde ab. Josefina lebte nun im Kloster an Sant'Alvise in Venedig, wo sie lesen und schreiben lernte, sowie die Anfertigung von Handarbeiten. Nach sechs Jahren wurde sie in die Niederlassung der Canossianerinnen nach Schio versetzt, arbeitete 21 Jahre lang als erste Köchin und hatte dabei mehr als 100 Waisenkinder, 40 Schwestern und viele Studentinnen zu versorgen; danach wurde sie Pförtnerin und Mesnerin.
Bakhita besaß die Gabe der Vorsehung; als während des Zweiten Weltkriegs die Leute Angst hatten, von Bomben getroffen zu werden, versicherte sie diesen, dass ihre Häuser verschont bleiben, was dann auch eintraf. Die schwarze Ordensschwester wurde zur Sensation in der damaligen Kirche, ihr Schicksal bewegte viele Menschen in Europa; sie reiste durch Italien, um vom Weg ihrer Befreiung Zeugnis zu geben, Kirchen und Versammlungssäle waren überfüllt. Dieses sich-zur-Schau-stellen-Müssen war aber auch Josefinas Leiden, in den letzten Jahren ihres Lebens verstärkt durch Herzkrankheit und Asthma; im alter von wahrscheinlich 77 Jahren starb sie schließlich an einer akuten Lungenentzündung.
Nach Josefinas Tod defilierte die Stadtbevölkerung von Schio in hellen Scharen an ihrem Totenbett vorbei; das schwere Schicksal der Santa „Madre moretta“, der „heiligen braunen Mutter“ bewegte immens viele Menschen, denn mit guten Worten hatte sie ihnen allen zugesprochen, hatte sie in Zeiten der Not moralisch aufgerichtet. Ihre Gebeine werden im Kloster der Canossianerinnen in Schio bewahrt, dessen Kirche zu ihrem Sanktuarium eingerichtet wurde.
Papst Franziskus erklärte den Gedenktag von Josefine Bakhita zum Internationalen Tag des Gebets für die Opfer von Menschenhandel, er wird in der römisch-katholischen Kirche seit 2015 begangen. Josefina Bakhita wurde am 17. Mai 1992 von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen, am 1. Oktober 2000 erfolgte, ebenfalls durch ihn, ihre Heiligsprechung. Die heilige Josefina wird heute als die Patronin des Sudan angesehen.
Text: Joachim Schäfer / Ökumenisches Heiligenlexikon
(sig)