GREGOR DER GROßE: Organisator auf dem Stuhl Petri
Gregor, 12. Jahrhundert, aus einem Manuskript der Abtei St-Amand-les-Eaux, in der Bibliothèque Nationale in Paris.
So hatte sich Gregor sein Leben sicher nicht vorgestellt. Er hätte auch sicher weder geahnt noch gewollt, eines Tages „der Große“ genannt zu werden. Gregor der Große (540-602) stammte aus einer sehr wohlhabenden römischen Senatorenfamilie. Er wurde in eine turbulente Zeit hineingeboren: Das Bildungswesen lag am Boden. Die Ostengoten besetzen Italien. Die Stadt Rom litt unter Epidemien wie unter enormem Hunger. Am Übergang der Antike zum Mittelalter musste das Gemeinwesen erst neu strukturiert werden.
Gregor erwies sich als hervorragender Organisator. Er wurde sogar Stadtpräfekt in Rom: Dieses Amt war das höchste der Stadt. Eigentlich hatte Gregor der Große damit schon in jungen Jahren alles erreicht, was man als Politiker erreichen konnte. Das aber war ihm nicht genug. Er wollte ein anderes Leben führen: Ein Leben für Gott. So gründete er im elterlichen Palast ein Kloster, in das er auch eintrat. Dieses Leben als Mönch währte jedoch nicht lange. Der Papst machte ihn zum Diakon, der neben liturgischen Aufgaben auch die Armenfürsorge zu bewältigen hatte. Kurz darauf wurde Gregor Gesandter des Papstes in Byzanz.
Unerwünschte Wahl zum Papst
Nach sechs Jahren kehrte Gregor zurück nach Rom und wurde Sekretär von Papst Pelagius II. Als dieser starb, fiel die Wahl auf Gregor: Er sollte der nächste Bischof Roms werden. Das wollte er aber nicht. Er sträubte sich gegen diese Wahl. Der Kaiser musste ihn als Papst bestätigen und Gregor sah seine Chance, die Übernahme des Petrusamtes doch noch verhindern zu können: Er schrieb an den Kaiser und brachte seine Bitte vor, dieser möchte die Wahl nicht bestätigen. Die Römer bekamen das aber mit – und hielten den Brief kurzerhand zurück. So musste Gregor das Amt übernehmen.
Wichtigstes Werk: Die „Pastoralregel“
Gregor zeigte sich auch in diesem Amt als begabter Organisator. Als das Staatswesen die Stadt Rom nicht mehr mit Getreide versorgen konnte, strukturierte Gregor der Große die päpstlichen Besitztümer in Sizilien und Süditalien um und schaffte es so, die Armen Roms zu ernähren. Zugleich erwies sich Gregor als eifriger Seelsorger. Sein bedeutendstes Werk war die „Pastoralregel“, ein Buch, das Anweisungen für Seelsorger enthält. Hier plädiert der Papst etwa dafür, bei Predigten genau auf die Zuhörerschaft zu achten: Der Prediger soll darauf achten, ob er vor jungen oder alten, weise oder einfältigen Menschen spricht. In der „Pastoralregel“ gibt Gregor Empfehlungen, wie vor den unterschiedlichen Gruppen gesprochen werden soll. Seine Schrift erfreute sich das ganze Mittelalter hindurch großer Beliebtheit. Berühmt und für die Kirchengeschichte bedeutsam geworden sind auch seine "Dialoge", in deren 2. Band er das Leben des heiligen Benedikt von Nursia, dem Vater des Abendländischen Mönchtums, beschreibt - in der Ostkirche wird der Heilige übrigens deswegen als Gregorios Dialogos verehrt.
Gregor hatte das Papstamt nie gewollt. Vielleicht wurde gerade deshalb sein Pontifikat so fruchtbar: Zu seinen organisatorischen und seelsorglichen Fähigkeiten reformierte Gregor die Liturgie und prägte maßgeblich den gregorianischen Gesang. Er schickte Missionare nach Großbritannien und legte damit den Grundstein der Christianisierung der Briten.
Gregors Bischofstuhl (Kirche San Gregorio Magno al Celio, Rom)