
Georg – Kämpfer des Lichts gegen die Finsternis
Zahlreiche Legenden ranken sich um Georg; er ist einer der beliebtesten Heiligen in der gesamten christlichen Welt. Aufgrund der sehr früh bezeugten Verehrung und Weihe von Kirchen schon im 4. Jahrhundert gibt es keinen Grund, an seiner historischen Existenz zu zweifeln, auch wenn zeitgenössische Quellen fehlen. Der früheste Text mit Fragmenten der Georgslegende stammt aus einer griechischen Heiligengeschichte des 5. Jahrhunderts. Zuvor hatte schon Eusebius von Cäsarea von diesem Mann berichtet. Unser obiges Bild des Heiligen wurde indessen im Jahre 1766 von Johann Nepomuk Schöpf geschaffen, es befindet sich am Hochaltar in der Georgskirche in Amberg in der Oberpfalz. Bereits in spätantiker Zeit gab es auch im noch römisch geprägten Regensburg bereits eine Georgskirche.
Legenden zufolge wurde Georg als Sohn einer reichen und angesehenen Familie im kleinasiatischen Kappadokien geboren und dort in einem Kloster getauft. Eine andere Überlieferung nennt Sebaste in Armenien - das heute türkisch besiedelte Sivas - als Geburtsort; seine Mutter Polychronia war demnach Christin und stammte aus Lydda, wohin die Familie nach dem Tod des Vaters zog. Georg kam zur römischen Armee und hatte dort Erfolg; er wurde für seinen Mut ausgezeichnet und zum Heerführer ernannt. Zwei frühen syrischen Kircheninschriften zufolge starb Georg in Lydda, dem heutigen Lod in Israel, damals auch Diospolis genannt, den Märtyrertod. Gleiches besagt auch ein Kanon von Papst Gelasius I. aus dem Jahr 494, der Georg als verehrungswürdig erwähnt. Andere Quellen geben Nikomedia - heute Ízmit genannt und türkisch beherrscht, als Todesort an.
Besondere Berühmtheit erlangte die Legende vom Kampf des Ritters Georg mit einem Drachen, der in einem See vor der Stadt "Silena in Lybia" - es handelt sich entweder um das heutige Qabīlat Sīlīn bei Al Khums oder um Cyrene, das heutige Shahhat in Libyen - hauste und die Stadt mit seinem Gifthauch verpestete. Die Einwohner mussten ihm täglich Lämmer opfern, um seinen Grimm zu stillen. Als keine Tiere mehr aufzutreiben waren, führte der Legende nach kein Weg mehr daran vorbei, Söhne und Töchter zu opfern. Eines Tages traf das Los die Königstochter - die als Verkörperung der Kirche gelten kann -, die nach herzzerreißendem Abschied von den Eltern an den See vor der Stadt ging. Da erschien Georg, nachdem er alle Martern überstanden hatte, gevierteilt worden war und von den Cherubim mit Michael wieder zum Leben und zu beeindruckender Gestalt gebracht worden war. Als der Drache auftauchte, schwang Georg mit dem Zeichen des Kreuzes die Lanze und durchbohrte das Untier, das daraufhin zu Boden stürzte.
Georg veranlasste die Königstochter, den noch lebenden Drachen mit ihrem Gürtel in die Stadt zu ziehen, wo alle die Flucht ergreifen wollten. Georg versprach, den Drachen zu töten, wenn die Leute sich zu Christus bekehrten. Er erschlug den Drachen, und nun benötigte man vier Paar Ochsen, um das gewaltige Gewicht des Drachen aus der Stadt schleppen, der König ließ sich daraufhin mit allem Volk taufen. Diese allegorisch aufgeladene Meistererzählung entspricht der Georgsdichtung aus dem 12. Jahrhundert, die die Rolle des Helden betont. Der Zweck dieser Dichtung wird erkennbar, wenn man bedenkt, dass sich die Kreuzfahrer sehr stark auf Georg beriefen und seine Unterstützung erbaten. Hier kommen Demetrius und Theodor als seine Brüder vor, die ihm in einer älteren Überlieferungsstufe der Georgssage auch zur Seite stehen und die neben Georg selbst zu den meistverehrten Heiligen der Ostkirche zu zählen sind. Sehr viel ältere, in der Georgslegende auch auftauchende Vorstellungen von der heldenhaften Bekämpfung des Bösen und Befreiung aller aus der Drachengewalt des Bösen durch ein neues Bewußtsein sind hier ebenfalls zu beobachten.
Hier setzt die - auch Ambrosius bekannte - ältere Legende ein, der zufolge Georg erleben musste, wie viele Bekehrte durch die Verfolgungen unter den Kaisern Diokletian und Maximian wieder ungläubig wurden. Er legte sein ritterliches Kleid ab, gab sein Gut den Armen und trat mitten unters Volk mit den Worten: "Alle Heidengötter sind böse Geister, unser Herr aber hat Himmel und Erde erschaffen." Da ließ ihn der Richter Dacian greifen, mit Nägeln blutig reißen und ihm Salz in die Wunden reiben. Im Gefängnis wurde Georg von Christus getröstet und gestärkt. Ein Zauberer sollte ihn mit einem Giftbecher bezwingen, aber Georg machte das Kreuzzeichen über dem Trank und erlitt keinen Schaden, der Zauberer bekehrte sich und wurde enthauptet. Georg wurde aufs Rad geflochten, stieg aber unversehrt herab; auch aus einem Kessel mit siedendem Blei ging er unverletzt hervor. Georg war nun bereit zu tun, was der Richter begehrte. Dieser rief das Volk zusammen, Georg kniete und betete, Feuer fiel vom Himmel und verbrannte Tempel, Götzenbilder und Priester, die Erde aber tat sich auf und verschlang alle Trümmer. Da ließ der Richter Georg von Pferden durch die Stadt schleifen und schließlich enthaupten. Die Georgs-Legende gehört zu dem spätantiken Legendenkreis der Märtyrer vom unzerstörbaren Leben, die die christliche Auferstehungshoffnung thematisieren.
In der Spätantike gab es Georg geweihte Kirchen in Soissons, Metz und - nota bene! - in Regensburg. Im 9. Jahrhundert intensivierte sich die Verehrung mit dem althochdeutschen "Georgslied" und der Übertragung der Kopfreliquie ins Kloster Oberzell auf der Insel Reichenau im Jahr 896 durch Bischof Hatto von Mainz. Die Kopfreliquie lag nach orthodoxer Tradition bis 1393 in Livadia bei Athen. Nachdem 1388 die Florentiner die Herrschaft der Katalanen abgelöst hatten, wurden sie in die Bischofskirche der Hauptstadt Paliochora auf der weiterhin katalanisch beherrschten Insel Ägina übertragen; diese Kirche war zuvor der Allerheiligsten Gottesgebärerin geweiht gewesen, sie bekam nun Georgs Patronat; von dort wurde die Kopfreliquie im 15. Jahrhundert durch die ab 1451 Ägina beherrschenden Venezianer nach Venedig gebracht.
Großen Aufschwung erhielt Georg im Westen durch die Kreuzfahrer; ihnen verhalf er angeblich 1099 bei Antiochia - dem heutigen Antakya / Hatay - auf einem weißen Pferd reitend zum Sieg über die Muslime. Robert von Flandern gründete als Teilnehmer am Kreuzzug ein Georg geweihtes Kloster in Anchin - im heutigen Pecquencourt mit einer Armreliquie aus Byzanz. Georg wurde zum Symbol der Ritterlichkeit, besonders in England. Im Jahr 1222 ernannte die Synode von Oxford den Namenstag des Heiligen zum nationalen Feiertag. Er war persönlicher Schutzpatron von Kreuzzugsteilnehmer Richard Löwenherz und Schutzpatron des englischen Königreichs sowie des berühmten Hosenbandordens, obwohl keinerlei historische Bezüge zwischen dem Heiligen und dem angelsächsischen Raum existieren. Otto von Wittelsbach ließ um 1245 ein Epos als Ritterroman schreiben durch Reinbot, Kaiser Maximilian I. erklärte ihn zu seinem Haus- und Sippenheiligen.
Georg wurde hierzulande unter die 14 Nothelfer aufgenommen, damit erhielt seine Verehrung auch im breiten Volk großen Aufschwung. Der Georgstag war in der Landwirtschaft ein wichtiger Tag: Dienstboten konnten auf diesen Tag der Dienstherren wechseln, Zinsen waren an diesem Tag zu bezahlen. Pferde wurden an diesem Tag gesegnet, verbreitet sind noch heute Pferdeumritte. Dort, wo am Georgstag die Sonne aufgeht, ist nach alter Tradition in Mitteleuropa Osten. Vor allem in Norddeutschland wurden ihm viele Spitäler geweiht. Georg wurde auch in Alzey im Gelände des ehemaligen Römerkastells sowie in Mainz und in weiteren Orten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation verehrt, der Reichsdeputationshauptschluss und der folgenden Enteignung von Kirchengütern führte aber vielerorts im entstehenden deutschen Bund zum Ende des Georgskultes.
Georg ist ein Heiliger der gesamten Christenheit. Das Land Georgien ist nach ihm benannt, die Dardanellen wurden dereinst als "Meerenge des heiligen Georg" bezeichnet. Die Meerenge zwischen Irland und Wales, die die "Irische See" mit dem Atlantik verbindet, heißt "St George's Channel", denselben Namen trägt die Meerenge zwischen den Inseln Neu Britain und New Ireland in Papua-Neuguinea. 1521 kamen Reliquien auch in die Kirche Saint-Sernin nach Toulouse. 2005 beschloss der Landtag des österreichischen Bundeslandes Tirol, Georg neben Joseph zum zweiten Landespatron zu erwählen. In Reggio di Calabria ist Georg Patron in dankbarer Erinnerung für seine Hilfe beim Sieg über die Sarazenen 1086; ihm ist die Kirche San Giorgio al Corso geweiht, Ausgrabungen erwiesen den Vorgängerbau aus normannischer Zeit um 1100.
Text: Ökumenisches Heiligenlexikon, Ergänzungen: sig
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