News Bild Diözese Regensburg, OTH und Landesamt für Denkmalpflege starten wissenschaftliches Projekt zum Erhalt des romanischen Baudenkmals
Diözese Regensburg, OTH und Landesamt für Denkmalpflege starten wissenschaftliches Projekt zum Erhalt des romanischen Baudenkmals

Klimamonitoring am Schottenportal

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Das sogenannte Schottenportal am nördlichen Zugang der ehemaligen Benediktinerabtei und dem jetzigen Eingangsbereich der Regensburger Kirche St. Jakob gelegen, zählt zu den bedeutendsten romanischen Baudenkmälern Deutschlands. Zwischen 1150 bis 1160 entstanden, wirft das Baudenkmal mit seinen rätselhaften Bilderzyklen immer noch Fragen auf und ist ein Muss für jeden Besucher von Regensburg. Schutz und Erhalt des einzigartigen Monuments der Romanik ist der Diözese Regensburg ein besonderes Anliegen. Aktuell startet das großangelegte Projekt Klimamonitoring, um Erkenntnisse über die Schäden am Gestein gewinnen zu können und entsprechende Maßnahmen zur Eindämmung und Restaurierung bereits entstandener Schäden in die Wege zu leiten. Ein Expertenteam von Verantwortlichen des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH), der Bischöflichen Administration sowie externen Restauratoren führt gemeinsam die wissenschaftliche Untersuchung durch, die auf 2 Jahre angelegt ist.

 

Ein Leuchtturmprojekt im Bistum Regensburg

Anfang der 90er Jahre und auch bereits davor konnten Schäden am Schottenportal festgestellt werden, erklärt Dr. Stefanie Kraus, Leiterin der Liegenschaften der Bischöflichen Administration im Bistum Regensburg. Zur Abwendung der schädlichen Umwelteinflüsse, wie saurem Regen und Abgasen, rief die Diözese Regensburg damals einen Wettbewerb zum Bau einer schützenden Einhausung aus. Sonneneinstrahlung und Kondenswasser üben aber weiter einen schädlichen Einfluss auf das Gestein aus. Das nun gestartete Projekt des Klimamonitoring, so Dr. Kraus, ist ein Leuchtturmprojekt, denn auf Erkenntnisse vergleichbarer Bauwerke in Deutschland und darüber hinaus, könne man mit der speziellen Situation des Schottenportals nicht zurückgreifen. „Wir sind die ersten, die ein solches Projekt umsetzen. Wir wollen die Situation über einen längeren Zeitraum beobachten, um am Ende die Entscheidung treffen zu können, wie dieses Portal nicht nur für die nächsten ein oder zwei Generationen erhalten werden kann. Das bedarf eines behutsamen Herangehens und wissenschaftlicher Erkenntnisse“, stellt Dr. Stefanie Kraus fest.

"Die aktuelle Untersuchung ist ein Leuchtturmprojekt", stellt Dr. Stefanie Kraus, Leiterin der Liegenschaften in der Bischöflichen Administration, fest.

Von langer Hand und gut überlegt sich dem Problem nähern

Blickt Restaurator Sebastian Endemann von der Steinwerkstatt Regensburg auf das faszinierende Portal, so sieht er vor allem ein wunderschönes plastisches Bildwerk aus dem 12. Jahrhundert, das sich im Laufe der Zeit aber verändert hat. Nicht nur durch die Nutzung der Menschen sind hier viele Stellen stark abgegriffen, sondern es ist auch geprägt durch die starke oberflächliche Verschmutzung. Eine Verschmutzung, die ihren Ursprung Mitte des 19. Jahrhunderts hat, so Endemann. Durch den zunehmenden Hausbrand, der Nutzung von Kohle, sind Schadstoffe in die Luft gekommen, die die Luft sauer gemacht haben. Saurer Regen hat am kalkigen Gestein zu Reaktionen geführt und hat den Kalkstein in Gips umgewandelt. „Gips ist wiederum das Element, das die Verschwärzung kompakt an der Oberfläche bindet und verdichtet. Die Verschwärzung sind Rußpartikel. Der Gips wächst an der Oberfläche und in den Poren des Steins zu einer dichten Schicht heran. Dadurch werden bestimmte notwendige Feuchtetransporte verhindert. Hinter diesen Oberflächen entstehen kleine Mikroprozesse, Mineralumwandlungen, die wiederum Druck erzeugen. Sie sorgen für Schäden, die sichtbar sind. Die Oberfläche platzt ab und nimmt die eigentliche Information des Steinmetzes mit. Unter der Oberfläche findet man ein feinporöses Mehl. Das sind schwere Schäden. Konservatorisch sind sie schwer zu beheben, befinden sie sich doch hinter der geschwärzten Kruste“, so der erfahrene Restaurator.

In den vergangenen Jahren wurden laut Sebastian Endemann verschiedene Methoden getestet: In der Regel besteht Gips aus Calcium und Sulfat, Kalkstein ist ein Calciumcarbonat. „Der Versuch ist es Calciumsulfat in den carbonatischen Anteil umzuwandeln. Über Jahre geschah dieser Versuch mit Ionentauschern. Es ist ein Verfahren, das manchmal gelingt aber auch auf Grenzen stößt. Wir haben es nicht nur mit reinen Stoffen, sondern auch mit Mischungen zu tun. Hier im Portal sind auch andere Schadstoffe vorhanden. Diese wurden in den 80er und 90er Jahren festgestellt. Es gibt Salze durch Taumittel, Natriumchloride oder durch Austauschmaßnahmen im Sockelbereich wurden weitere Baustoffe eingetragen, die Salze mit sich geführt haben. Auch auf diese muss man genau aufpassen, denn sie sind Gegenspieler dieses Tauschs. Man muss sich vorsichtig nähern. Deswegen ist es so wichtig, von langer Hand, mit viel Überlegung und mit diesem großen Team von Wissenschaftlern sich diesen einzelnen Problemen zu nähern und dann ein Bestes zu testen, ein richtiges Konzept zu finden, um die Schäden, die sich bilden, zu reduzieren“, erläutert Sebastian Endemann.

Oberlächensensoren sammeln Daten am bereits angegriffenen Gestein.

Neue Software bildet Raum als dreidimensionales Bild ab

Dr. Sven Bittner vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege erklärt das wissenschaftliche Projekt des Klimamonitoring: „Um das Schadenspotential am Schottenportal erfassen zu können, muss man sich immer gewahr sein, dass Art und Umfang des Schadenprozesses selbst immer in engem Zusammenhang mit den bauphysikalischen Begebenheiten dieser Vorhalle stehen. Damit wir wirklich besser verstehen können, was sich auf der Oberfläche des Portals tut, was sich da bewegt, wie sich der Schaden verändert, ist es wahnsinnig wichtig für uns, die raumklimatischen Bedingungen hier in dieser Halle zu erfassen. Dazu hat das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege ein Klimamonitoring installiert. Durch die OTH wird das Projekt betreut und ausgewertet. Die Versuchsdauer ist für die nächsten 2 Jahre angelegt. Es handelt sich um ein raumfühlendes System. Im Vorfeld gab es zwei oder drei Logger und Sensoren, die im Raum verteilt waren. Für das Raumvolumen ist das aber nicht ausreichend“.

Denn Klimamonitoring beschreibt die Aufzeichnung der wichtigsten raumklimatischen Parameter über einen gewissen Zeitraum und danach die Auswertung und Bewertung des gesamten Raumklimas. Über eine Konstruktion im Raum wurde jetzt ein Netz von Sensoren gespannt. Im Raum selbst sind insgesamt 17 Sensoren, ergänzt werden diese zusätzlich durch Oberflächensensoren sowie einem Sensor im Außenbereich. So sind rund 30 Sensoren im Einsatz. Diese Sensoren erfassen in erster Linie die wichtigsten Parameter Temperatur, die relative Feuchte und die absolute Luftfeuchtigkeit. Aus diesen Punkten kann der Taupunktabstand bestimmt werden. Durch eine neuartige Software ist es möglich, den ganzen Raum als nahezu dreidimensionales Bild zu präsentieren. Bei Standardverfahren wird lediglich ein linearer Graph abgebildet, mit diesem neuen System hat man die Möglichkeit, dass alle Logger ihre Daten an einen zentralen Hub liefert. Dieser speichert die Daten und rechnet sie über die neue Klimasoftware in drei- und zweidimensionale Bilder um. Die Schlüsse, die man aus dieser Untersuchung ziehen kann, sind eindeutig: „An der Oberfläche des Portals zeigen sich bestimmte Schadensbilder. Wir reden von Verkrustungen, das können Gipskrusten sein oder andere Schadsalze können beteiligt sein. Diese Schadsalze verändern ihre Aktivität je nach Feuchtigkeit oder Temperatur, die im Inneren des Portals auftreten. Der Idealfall wäre, man weiß, welches Klima hier herrscht -  wir haben ein gewisses Schadensbild und versuchen das miteinander in Einklang zu bringen, um dann zu sagen, wie kann man ggf. mit einer Klimasteuerung, einer aktiven Belüftung, einer Entfeuchtung, einer Befeuchtung, Heizung oder Kühlung, so auf das Klima einwirken, dass wir möglichst das Schadenspotential minimieren können“, erklärt Dr. Sven Bittner.

Die Verantwortlichen des Forschungsprojektes, (v.l.n.r.): Janek Oegl, Student a. d. OTH, Andrea Rieger, Bischöfl. Admin., Dr. Sven Bittner, Bay. Landesamt f. Denkmalpflege, Robert Krah, von Krah & Grote Messtechnik, Sebastian Endemann (Steinwerkstatt Regensburg), Dr. Oliver Steffens (OTH), Regens Martin Priller

Klimamonitoring als Forschungsprojekt der OTH Regensburg

Bereits 2015 hat sich die OTH in ihrem Forschungszentrum „Nachhaltiges Bauen und historische Bauforschung“ intensiv mit dem Schottenportal beschäftigt, die klimatische Situation mit dem damaligen Messsystem analysiert und gewisse Probleme erkannt. Mit den wenigen Sensoren war ein detailliertes Abbild der Situation nicht möglich. Prof. Dr. Oliver Steffens von der Hochschule betreut das Projekt und stellt fest: „Mit der neuen Technik und dem Projekt haben wir die Möglichkeit, das Problem erneut aufzugreifen. Das Ziel ist ganz konkret: Im Rahmen einer studentischen Arbeit erfassen wir die Daten und systematisieren sie. Mit den raumklimatischen Daten schaffen wir die Grundlage für ein Simulationsmodell. Mit dem Modell werden wir den ganzen Jahreslauf, die klimatische Situation, die örtlichen Luftbewegungen im Schutzbau simulieren und letztendlich Prognosen treffen können und Einflussparameter wie Sonneneinstrahlung, Lüftungsverhalten, Tür- und Fensteröffnungen nachstellen können, damit wir im Endeffekt ein Bild bekommen, wie sich die Einhausung verhält.“ Janek Oegel studiert an der OTH Gebäudeklimatik und ist in das Hochschulforschungsprojekt eingebunden: Er schreibt eine Projektarbeit darüber und wird seine Bachelorarbeit darauf aufbauen. Er begleitet den Aufbau der Studie, übernimmt die Auswertung aller Daten und erstellt schließlich das Simulationsmodell.

Auch für Regens Martin Priller, Leiter des Regensburger Priesterseminars sowie Rector ecclesiae für die Schottenkirche, ist das Portal hochspannend, denn das Priesterseminar ist sozusagen der „Nachnutzer“ der Jakobskirche. „Dass irische Mönche dieses Kloster gegründet haben und ihre fremde Kultur und Kunst hierher mitgebracht haben, sieht man schon an der Ornamentik, die an irische Buchmalerei erinnert. Das Portal mit seiner rätselhaften Aussage ist sehr spannend. Viele Fabeltiere daran versteht man nur, wenn man sie mit dem Physiologus betrachtet, einer frühchristlichen Naturlehre, in der viel Symbolik steckt“, so Priller. Daher ist er auch froh, dass sich seit Jahren renommierte Leute Gedanken darüber machen, wie man dieses Kleinod erhalten kann. Der Zugang zur Kirche ist laut Regens Priller durch die Installation übrigens nicht beeinträchtigt.

Das Schottenportal wurde als 3-D-Simulation mit einer Drohnenkamera aufgezeichnet (Foto: Landesamt für Denkmalpflege Bayern).



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