News Bild Warum die Gründung des Instituts für christliche Bilderwelten jetzt wichtig ist
Warum die Gründung des Instituts für christliche Bilderwelten jetzt wichtig ist

Forschung für Zeugnisse kultureller Herkunft und Identität

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Regensburg, 12. Januar 2024

Die Kunstsammlungen im Bistum Regensburg stehen für die Konzeption hochwertiger Ausstellungen, Forschungsprojekte, Museumspädagogik für Kinder, Betreuung des Domschatzes, die Inventarisierung aller Kunstgegenstände in der Diözese und vieles mehr. Darüber hinaus pflegen die verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein internationales Netzwerk von Künstlern, Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen. Ein neues Leuchtturmprojekt der Diözese entsteht gerade: „Das Institut für christliche Bilderwelten - Forschungs- und Kompetenzzentrum für religiöse Volkskunst und visuelle christliche Glaubensvermittlung“. Was genau dahinter steckt und warum die Gründung des Instituts so wichtig ist, darüber haben wir uns mit Frau Dr. Maria Baumann, Leiterin der Abteilung Kunst und Denkmalpflege, Museumsleiterin und Diözesankonservatorin, unterhalten.

Frau Dr. Baumann, wofür steht das Institut für christliche Bilderwelten? Was kann man sich darunter vorstellen und welche Lücke schließt es mit seinem Forschungsauftrag?

Dr. Maria Baumann: Da es in Deutschland bisher keine Einrichtung gibt, die sich explizit der Erforschung religiöser Volkskunst widmet, entstand 2018 die Idee, hier einen weiteren Schwerpunkt in der kulturellen Arbeit des Bistums zu setzen. Er resultiert im Institut für christliche Bilderwelten / Forschungs-und Kompetenzzentrum für religiöse Volkskunst und visuelle christliche Glaubensvermittlung.

Anliegen ist es, Kostbarkeiten der religiösen Volkskunst als Zeugnis von Identität und kultureller Herkunft vor dem Verschwinden zu retten, sie der Nachwelt zu erhalten und den kommenden Generationen zu erschließen. Hauptaspekt ist die Wertschätzung der Volkskunst an der Schnittstelle von Kunst, Frömmigkeit und Verkündigung. Die Sammlung des Bistums bildet die Bandbreite und Fülle des Brauchtums und seiner handwerklichen Zeugnisse hinsichtlich Regionen, Materialien und Epochen ab. In Kooperationen mit Universitäten und Schulen können Studierende und Schüler/innen gezielt an Tradition und Inhalte des frömmigkeitsgeschichtlichen Erbes herangeführt und zur eigenen Auseinandersetzung, z. B. im Rahmen von Seminar-Arbeiten, angeregt werden.

Die Sammlung religiöser Volkskunst ist integraler Bestandteil der Kunstsammlungen des Bistums Regensburg und entspricht dem Sammlungsauftrag für diözesane Museen. In ihrem Umfang und in ihrem Objektbestand stellt sie eine der bedeutendsten Sammlungen in Europa dar. Nur wenige einzelne Objekte befinden sich im Privateigentum von Bischof Dr. Rudolf Voderholzer. Der größte Bestand an Weihnachts- und Ganzjahreskrippen sowohl mit regionalem Schwerpunkt als auch Objekte aus aller Welt kamen und kommen als Schenkung und Leihgaben in die Sammlung der Diözese. Darüber hinaus umfasst die Volkskunst der Kunstsammlungen die größte erhaltene Adventskalendersammlung, Klosterarbeiten wie Fatschenkindl, Votivgaben, Hinterglasbilder und vieles mehr.
 

Die Arbeit des Instituts verfolgt also einen wissenschaftlichen Ansatz? Wer findet Zugang zur Forschung innerhalb der Einrichtung?

Dr. Maria Baumann: Das Institut verfolgt eine pastorale Aufgabe der aktiven Glaubensvermittlung. Die Sammlung zeichnet die Besonderheit aus, dass sie in direkter Verbindung mit der kunst- und kulturhistorischen Sammlung des Bistums zusammen betrachtet und interdisziplinär erforscht werden kann. Das Institut integriert in seine Forschungsfragen Ansätze und Ergebnisse der Theologie, der Erforschung soziokultureller Kontexte, der Ikonografie und der Ikonologie. Es kann hier z. B. das Studium der Theologie und Religionspädagogik ergänzen. Das Institut wird nicht als Museum konzipiert und damit keinen ständigen Ausstellungsbereich mit Öffnungszeiten beinhalten. Es folgt dem wissenschaftlichen Standard zur Bearbeitung von Objektkomplexen: Zusammenführung der zu bearbeitenden Sammlungskomplexe nach Thema oder Gattung, die das Arbeiten am Original ermöglicht. Die Objektbearbeitung findet im Gebäude ebenso ihren Platz wie die Arbeitsmöglichkeiten für externe Fachwissenschaftler und Interessierte.


Wo wird das Institut angesiedelt und wie wird das Projekt finanziert?

Dr. Maria Baumann: Das Institut soll laut jetziger Planungen in der Regensburger Altstadt umgesetzt werden: Bei der Schwarzen-Bärenstraße 2 handelt es sich um ein Baudenkmal, das vom Domkapitel saniert wird. Die Liegenschaft wurde 2010 durch das Domkapitel Regensburg KdöR vom Freistaat Bayern erworben. Die letzte umfassende Sanierung des Gebäudes fand in den 1970iger Jahren statt. 2013 erfolgte die Sanierung einer Ladeneinheit im Erdgeschoss. Daher ist eine Sanierung des historisch wertvollen Gebäudes jetzt nötig. Das Gebäude birgt auch die romanische Galluskapelle, deren Portal noch heute die Fassade des Gebäudes auffällig prägt. Die in den 2010er-Jahren ursprünglich geplante Sanierungsmaßnahme fand nicht statt. Das Domkapitel investiert in den Erhalt des Baudenkmals und zugleich in einem Gebäudetrakt in Wohnraumbeschaffung. In Kooperation mit der OTH Regensburg hat die Bauforschung begonnen. Die Planung zur Sanierung ist angelaufen. Unser Ziel ist eine Eröffnung 2026.

Die Mittel für die Fachstelle religiöse Volkskunst sind im Haushaltsplan der Abteilung Kunst und Denkmalpflege festgeschrieben und werden sowohl für einzelne Ankäufe, vor allem aber für wissenschaftliche Forschung, Restaurierung und die Konzeption von Ausstellungen verwendet. Für den Ausbau des Instituts werden rund zehn Prozent Fördermittel erwartet. Eine Unterstützung aus privaten Spenden kann mit 250.000 € veranschlagt werden. Ebenso wird bereits vorhandene Ausstattung und Mobiliar im Wert von ca. 30.000 € wiederverwendet. Die restlichen Mittel trägt die Diözese aus Kirchensteuereinnahmen. Damit wird ein wichtiger Grundstein für die Bewahrung kulturellen und glaubensgeschichtlichen Erbes für die Zukunft gesetzt.

(jas)

Unser Titelbild zeigt eine handgefertigte Holzkrippe aus Böhmen.

Dr. Maria Baumann, Leiterin der Abteilung Kunst und Denkmalpflege.



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