News Bild Predigt am Volkstrauertag im Regensburger Dom St. Peter von Prälat Josef Grabmeier

Predigt am Volkstrauertag im Regensburger Dom St. Peter von Prälat Josef Grabmeier

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Liebe Domgemeinde, zum Volkstrauertag versammelte Schwestern und Brüder im Herrn!

“Wünsche werden wahr“ las ich im Hinblick auf das bevorstehende Weihnachtsgeschäft in einem Schaufenster. Wirklich? Und welche? Haben wir tatsächlich in diesen Wochen keine anderen Wünsche außer Süßigkeiten, Kleidungsstücke, ein technisches Gerät und Ähnliches? Wie viele Wünsche bleiben offen, scheinen unerfüllbar, sind ein Traum, wie der Wunsch nach Frieden, nach Frieden in aller Welt. Am Volkstrauertag wird uns wieder bewusst, eindringlich bewusst gemacht, dass der Friede unteilbar ist, d.h. dass wir uns nicht einfach mit dem Frieden hierzulande zufriedengeben dürfen, sondern dass Menschen wie du und ich, an vielen Orten der Welt, in schreckliche und mörderische Kriegshandlungen hineingezogen sind, von Bomben oder Gewehrsalven getötet werden, Eltern, Geschwister, Kinder verlieren oder dass ihr Hab und Gut zerstört wird, auch jetzt in dieser Stunde.

Was das heißt, hat die ältere Generation, zu der ich mich zählen darf, hautnah erlebt. Sie wissen, was das heißt: in Frieden leben dürfen, ohne Schrecken und Angst, ohne die schrecklichen Vorstellungen, ohne die nackte Verzweiflung.

 

Was führt eigentlich zu den Kriegen, zu den Angriffskriegen? Hinter allen Kriegen steht letztlich die Gier nach Macht, nach Überlegenheit, nach größerem Besitz, nach einem vorgespielten Recht, und diese Gier artet rasch aus in Gewalt und Zerstörung, Menschenopfer und Vernichtung. Viele haben es auch bei uns bitter erlebt. Die Zahl der Toten von 9.737.000 im 1. Weltkrieg aus allen beteiligten Ländern und von 55.293.000 im 2. Weltkrieg ist unvorstellbar und unfassbar. Der Schmerz der Angehörigen zerreißt einem das Herz. Menschen spielen sich immer wieder zu Herren über andere aus. Da stimmt doch in der grundsätzlichen Lebenseinstellung etwas nicht, sagen wir es so, in der religiösen Grundeinstellung.

 

Das heutige Evangelium zeigt uns an einem ganz schlichten Beispiel, wer denn in der Welt der Eigentümer, der Besitzer, der Herr ist. Da wird von einem Mann, der ein großes Vermögen hat, und von seinen Dienern berichtet. Der Besitzer geht auf Reisen und vertraut sein Geld je nach ihren Fähigkeiten den Dienern an. Das ist der entscheidende Punkt. Das Gleichnis bezieht sich auf Gott, den Herrn und Schöpfer der Welt. Er hat den Menschen den Besitz der Welt anvertraut, zur Verwaltung übertragen, sie sind ihm darüber Rechenschaft schuldig.

Keiner ist selbstherrlicher Besitzer, wie wir es auch heute da und dort erleben, keiner ist Herr über die anderen, jeder muss sich jeden Tag prüfen, wie er mit dem geliehenen Hab und Gut umgeht, und sich korrigieren lassen, wenn er falsch liegt. Wenn das die Menschen begreifen würden, wäre der Weg zum Frieden vorgezeichnet. Der Weg zum Frieden ist gekennzeichnet und wird gebahnt durch die Erinnerung an die unendlich vielen Toten der Kriege, dann von dem Recht des Menschen auf Sicherheit und Wohlergehen, und nicht zuletzt von der Verantwortung vor Gott.

Die Toten der Kriege erschüttern jeden, der ein Herz hat für fremdes Leid, nicht nur hier und jetzt, sondern auch in der Vergangenheit. Vor Gott, dem Zeitlosen, dem Ewigen, ist jeder Tag der Geschichte, ein „heute“, auch für uns. Verantwortung übernehmen heißt auch das Vergangene bleibt jedem gegenwärtig. Überall, im Fernsehen, in Illustrierten und Zeitungen, tauchen zur Zeit, 100 Jahre nach dem Ausbruch des 1. Weltkrieges und 75 Jahre nach dem Ausbruch des 2. Weltkrieges, Bilder von den Greueln der Kriege, von den Soldatenfriedhöfen, von den Schlachtfeldern, die heute einen täuschenden, friedlichen Eindruck erwecken, auf. Jedes Grab, auch eines fremden Soldaten, muss uns eine Stich ins Herz geben und einen Appell, einen Schrei nach Frieden, auslösen.

Heute am Volkstrauertag geben wir bei der Kirchensammlung unseren Beitrag für die Pflege der ungezählten Soldatengräber. Unvergesslich bleibt mir aus dem Jahr 1945, nach der Heimkehr aus der Gefangenschaft, das tränenreiche Gesicht einer Mutter, die 3 tote Söhne, die vom Krieg nicht mehr heimkamen, beklagen musste. Ich sehe sie noch heute vor mir und würde ihnen gern diesen Anblick vermitteln.

 

Das Recht des Menschen auf Sicherheit und Wohlergehen ist jedem von Gott verbürgt. Aber so viele Menschen, die Gott in Freiheit und Verantwortung erschaffen hat, brechen selbstherrlich dieses Recht und unterwerfen andere ihrer Macht und ihrem Streben nach Ansehen, Reichtum und Herrschaft. Dem muss ein Ende bereitet werden. Die gewalttätigen Menschen sind wie ein Aufschrei: Schafft Frieden, sagt jeder Gewalt ab, bietet ihr Einhalt, steht zusammen und betet um den Frieden, denn nur mit Gottes Hilfe, durch die die Herzen der Menschen bewegt werden, werden wir nur die Menschen zur Einsicht und zu Umkehr führen können!

 

Die Verantwortung vor Gott schlagen so viele aus, weil sie ihre eigenen Herren sein wollen. Das ist das eigentliche Unglück in der Welt. Der Mensch ist und wird des Menschen Wolf, wenn er niemand über sich weiß. Dafür sind letztlich alle Menschen anfällig. Die wachsende Glaubenslosigkeit beweist es und zeigt unendlich viele Menschen, die nur auf sich, auf ihren Wohlstand, bedacht sind.

 

Liebe Schwestern und Brüder! Die Verantwortung vor Gott, das eigentliche Heilmittel für unsere so friedlose Welt, verpflichtet jeden, der noch einen Funken Glauben hat, der aber neu aufflammen muss, ein Pionier des Friedens in aller Welt zu werden. Das Wort Frieden dürfen wir nicht nur im Mund haben.Amen



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