Durch das Kirchenjahr: Mit der Bibel durch die Fastenzeit
… mit Benedikt:
Erster Fastensonntag – Lukas 4,1-13
Das große Thema der Fastenzeit: Verzicht. In der Fastenzeit versuchen Christen, den Versuchungen aus dem Weg zu gehen. Das können kleine Versuchungen sein, aber auch große. Einem Leben, das ganz auf Gott fokussiert ist, kann so vieles im Weg stehen. Der immer gleiche Alltag, in den sich langsam Abhängigkeiten geschlichen haben. Viele kleine Dinge, die der Gottesbeziehung im Weg stehen. Dass wir nicht die ersten Menschen sind, die Versuchungen ausgesetzt sind, zeigt das Evangelium des ersten Fastensonntags.
Jesus ist für vierzig Tage in der Wüste, um zu fasten. Vierzig Tage lang wird er vom Satan verführt. Worin diese Verführungen bestehen, berichtet der Evangelist Lukas nicht. Vielleicht ist das die Leerstelle, in die sich jeder Leser selbst hineinsetzen darf, sich selbst und seine eigenen kleinen und großen Versuchungen. Am Ende – man denkt, alles sei schon vorüber – schlägt der Teufel mit der vollen Wucht zu. Er bietet Jesus drei Alternativen zu seiner eigentlichen Sendung an: Erst soll er, so Satan, aus Steinen Brot machen. Dass Jesus das wohl könnte, mag man kaum bezweifeln. Wer Wasser zu Wein machen und Fische vermehren kann, wird auch aus Steinen Brot machen können. Jesus lehnt ab.
Dann, so der Satan, würde er ihm alle Reiche der Welt zu Füßen legen. Einzige Bedingung: Jesus solle sich dem Satan zu Füßen werfen. Das heißt nichts anderes, als die eigentliche Ordnung dieser Welt in ihr Gegenteil zu verkehren. Nicht mehr Gott als Herrn anerkennen, sondern den Teufel. Auch darauf geht Jesus nicht ein, woraufhin der Satan seine letzte List anwendet: Jesus soll sich vom Tempel herunterwerfen. Soll Gott doch zeigen, ob er treu zu dem in der Bibel gegebenen Wort steht: „Seinen Engeln befiehlt er deinetwegen, dich zu behüten.“ Auch hierauf geht Jesus nicht ein.
Sehr verständlich, meine ich, ist die zweite Herausforderung. Hier wird ganz klar gegen das Gebot Gottes verstoßen. Hier soll der Satan zu Gott gemacht werden – das geht nicht. Bei der ersten und dritten Versuchung kann man aber doch ins Nachdenken kommen: Würde das nicht auch dem Teufel zeigen, wer das Sagen hat? Würden die zu Brot gewordenen Steine und die zu Hilfe eilenden Engel nicht deutlich beweisen, dass Jesus der Sohn Gottes ist? Und doch lehnt Jesus ab. Er erkennt die List des Teufels – denn nichts anderes sind diese Angebote: Verlockende Verkehrungen der Welt, wie sie eigentlich sein soll und von ihrem Schöpfer gedacht war.
Diese Verlockungen betreffen uns alle. Die scholastische Theologie sagt: Sünde heißt, sich von Gott abwenden und geschaffenen Dingen zuwenden. Das war und ist nicht der Sinn der Schöpfung. Gibt es ein Gegenmittel? Ja, Jesus zeigt es. Er antwortet auf jede der drei Versuchungen mit einem Zitat aus der Bibel. Seine Versuchungen sind nicht wirklich neu. Hinter ihm liegen Jahrtausende der Geschichte Gottes mit dem Volk Israel – oft nicht sehr ruhmvoll. Vor ihm liegen zweitausend Jahre Kirchengeschichte – ebenso oft nicht glorios.
Die Bibel, aus der Jesus zitiert, gibt Antworten auf die Versuchungen des Satans. Sie erzählt dabei aber nicht immer nur gelungene Abwehrreaktionen auf den Teufel. Adam und Eva erliegen der Versuchung. Der ehebrecherische David auch. Hiob verliert beinahe seinen Glauben. Aber die Bibel erzählt auch immer wieder die Geschichte von Gottes Reaktion auf menschliches Fehlverhalten: Wie er Adam und Eva doch beschützt, David behütet, Hiob heilt. Das ist das entscheidende Kriterium christlicher Fastenzeit: Der große Horizont ist nicht die Verdammnis des Menschen – sondern seine Rettung in Jesus Christus.